Gender-Verbot in Bayern: Wird bald die Paarform verboten sein?

Von
Julika Ude
|
17
.
July 2024
|
| sponsored
Eine Computertaste mit der Aufschrift "Gender*"

Kultusmnisterin Anna Stolz sorgte jüngst für Aufsehen. Sie wollte das Gender-Verbot in Bayern auf die Paarform ausweiten. (Foto: Canva)

München. Die Frage über die Nutzung gendergerechter Sprache sorgt immer wieder für kontroverse Diskussionen. Schon als der Rat für deutsche Rechtschreibung bei seiner Sitzung im Juli 2023 in Eupen (Belgien) eine Ergänzung des amtlichen Regelwerks und zum Umgang mit geschlechtergerechter Sprache beschloss, stieß die Entscheidung des Rates auf unterschiedliche Meinungen. Mittlerweile ist das Gendern in Bayerns Schulen verboten. Kultusministerin Anna Stolz sorgte vergangene Woche für Aufsehen und will das Genderverbot auch für Schulbuchverlage ausweiten. 

Als sich der Rat für deutsche Rechtschreibung im Juli 2023 zum Umgang mit geschlechtergerechter Sprache und der Verwendung von Sonderzeichen wie dem Genderstern und dem Doppelpunkt beriet, sprach er keine Empfehlung zur Gendersprache aus, verabschiedete aber einen Ergänzungspassus für das amtliche Regelwerk. Hierin wurden Sonderzeichen wie der Genderstern und Doppelpunkt nicht als Kernbestand der deutschen Orthografie definiert und angeführt, dass ihre Setzung zu möglichen grammatischen Folgeproblemen führen könne, die noch nicht vollständig geklärt sind. Der Rat stellte in Aussicht, die Entwicklung geschlechtergerechter Sprache mit Sonderzeichen weiterhin zu beobachten (Lehrer News berichtete).

In einer Pressemitteilung gab die Kultusministerkonferenz (KMK) vergangenen Freitag bekannt, dass die Anpassung des Amtlichen Regelwerks für die deutsche Rechtschreibung nun offiziell sei, nachdem alle zuständigen staatlichen Stellen zugestimmt hatten. 

Kultusministerin will Gendern auch in Schulbüchern untersagen

Bayern führte Ende März bereits das Verbot der Gendersprache im Schreiben von Behörden, Schulen und Hochschulen ein. Die Entscheidung wurde stark von Lehrer:innen und Verbänden kritisiert. Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (BLLV) bezeichnete das Genderverbot als "Rolle rückwärts" und Einschränkung, die die gesellschaftliche Entwicklung hin zur Diversität nicht aufhalten werde. 

Bayerns Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) hat nach Angaben der GEW vorgeschlagen, neben dem erlassenen Genderverbot in Schulen, Hochschulen und Behörden nun auch Schulbuchverlagen zu verbieten, Sonderzeichen wie Gendersterne in Schulbüchern und allen anderen Lehrmaterialien zu verwenden. Zusätzlich hatte sie auch angeregt, sogenannte Paarformen, wie beispielsweise “Lehrerinnen und Lehrer”, zu verbieten. Aus den Unterlagen zur Verbändeanhörung gehe hervor, dass nach Stolz Lernmittel nur zugelassen werden sollen, die „keine mehrgeschlechtlichen Schreibweisen durch Wortbinnenzeichen wie Genderstern, Doppelpunkt, […] enthalten sowie übertriebene Paarformbildung vermeiden“. 

Die GEW stellt in einer Pressemitteilung fest, dass “es hier nicht nur um die bloß formale Beachtung von Rechtschreibregeln geht, sondern um das Äußern von inhaltlichen Standpunkten”. Der stellvertretende Vorsitzende der GEW Bayern, Florian Kohl, meint dazu: „Dies wäre ein eindeutiger gesellschaftlicher, emanzipatorischer und menschenrechtlicher Rückschritt. Auch GEW-Landeschefin Martina Borgendale zeigt sich entrüstet und kommentiert die Vorhaben der Kultusministerin wie folgt: “Ich frage mich schon, wie weit es die Staatsregierung noch treiben will. Das Argument der besseren Lesbarkeit ist damit nun endgültig entzaubert und der Willkür Tür und Tor geöffnet. Wie genau definiert sich ‚übertrieben‘ denn?”

Darf die feminine Form noch mitgeschrieben werden?

Zumindest bezüglich der Paarform wird eine Definition für “Übertreibung” zunächst nicht nötig sein. Denn in den Vorgaben der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats Bayern steht in Paragraph 22 Abschnitt 5 zwar, “mehrgeschlechtliche Schreibweisen durch Wortbinnenzeichen wie Genderstern, Doppelpunkt, Gender-Gap oder Mediopunkt sind unzulässig”. Alllerdings wird auch ausdrücklich darauf verwiesen, dass “[die Behörden] im dienstlichen Schriftverkehr und in der Normsprache [...] die Amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung [anwenden]”. Und in dieser ist die Paarform keineswegs untersagt. Im Gegenteil: Der Rat für deutsche Rechtschreibung erklärt zum Ergänzungspassus „Sonderzeichen“ im Amtlichen Regelwerk für die deutsche Rechtschreibung: „Aus Respekt vor den Menschen und ihrer unantastbaren Würde […] sind alle Menschen angemessen und gleichwertig anzusprechen und zu behandeln.“ Laut dem Rat lasse sich geschlechtergerechte Schreibung durch „Formulierungen verwenden, die nicht das vor allem in der Rechtssprache wegen seiner rechtlichen Eindeutigkeit vielfach übliche generische Maskulinum aufweisen“. Dazu nennt er beispielhaft Paarformen wie „Bürgerinnen und Bürger", „Schülerinnen und Schüler" sowie „Arztinnen und Arzte". Solche Formulierungen seien kennzeichnend für eine „allen Menschen und ihrer Würde entsprechende Sprache und Schreibung, die als Ausdruck entsprechender Haltung und entsprechenden Respekts selbstverständlich sein sollte“.

Anzeige

Mehr zum Thema

Mehr vom Autor

Neuste Artikel

Kommentare

Zurück nach oben Icon
No items found.