Im Landtag von Sachsen-Anhalt wurde eine Novelle für das Schulgesetz eingebracht, die für Diskussionen sorgt. (Quelle: Commons / Axel Tschentscher)
Magdeburg. Am Dienstag hat die Landesregierung von Sachsen-Anhalt eine umfassende Reform des Schulgesetzes eingebracht. Ziel der Novelle ist es, das Bildungssystem des Landes an die aktuellen demografischen und gesellschaftlichen Herausforderungen anzupassen. Die Reform sieht unter anderem strengere Vorgaben für die Mindestschülerzahlen in den verschiedenen Schulformen vor und bietet erweiterte Möglichkeiten zur Kooperation von Schulen. Besonders im Fokus stehen dabei Maßnahmen, die die Unterrichtsversorgung sichern und den Herausforderungen des Lehrkräftemangels begegnen sollen.
Zu den wichtigsten Eckpunkten des neuen Schulgesetzes gehört die Einführung von Mindestschülerzahlen für die Bildung von Schulklassen. In den Oberzentren wie Magdeburg, Halle und Dessau-Roßlau soll eine erste Klasse zukünftig mindestens 25 Kinder umfassen. Auf dem Land gelten je nach Schulform unterschiedliche Mindestzahlen, die jedoch im Vergleich zum bisherigen Entwurf gesenkt wurden, um den Bedenken aus der Anhörung Rechnung zu tragen. So bleibt für Grundschulen im ländlichen Raum die Mindestzahl von 15 Kindern bestehen. Diese Regelungen sollen ab dem Schuljahr 2027 greifen und eine flächendeckende Unterrichtsversorgung sicherstellen, indem Schulträgern klare Vorgaben für die Planung gemacht werden.
Ein weiterer zentraler Aspekt des neuen Schulgesetzes ist die Förderung von Kooperationen und Fusionen zwischen Schulen. Sollten Schulen aufgrund sinkender Schülerzahlen nicht mehr eigenständig bestehen können, sollen sie die Möglichkeit erhalten, sich mit anderen Schulen zu einem Schulverbund zusammenzuschließen. Diese Maßnahme soll insbesondere im ländlichen Raum greifen, um wohnortnahe Bildung zu sichern. Auch die Zusammenarbeit von Sekundarstufen im Bereich der Oberstufen wird erleichtert, um Kursvielfalt und Durchlässigkeit im Bildungssystem zu fördern. Damit will die Landesregierung sicherstellen, dass alle Schüler:innen Zugang zu einem breiten Fächerangebot haben, unabhängig davon, ob sie in der Stadt oder auf dem Land wohnen.
Neben diesen strukturellen Änderungen beinhaltet das neue Schulgesetz auch Regelungen zur Digitalisierung des Unterrichts. Erstmals wird eine explizite Bestimmung zur Nutzung digitaler Lehr- und Lernformen in das Schulgesetz aufgenommen. Schulen können künftig entscheiden, ob sie digitale Unterrichtsformen ergänzend zum Präsenzunterricht einsetzen möchten. Diese Neuerung kommt auch den Anforderungen des Koalitionsvertrages nach und soll die fortschreitende Digitalisierung im Bildungswesen vorantreiben. Ebenso soll das Bildungsmonitoring durch zentrale Klassenarbeiten gestärkt werden. Diese sollen nicht nur in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen, sondern auch in weiteren Fächern durchgeführt werden, um die Leistungen der Schüler:innen besser zu beobachten.
Trotz dieser Reformen gibt es in Sachsen-Anhalt weiterhin erheblichen Widerstand gegen das neue Schulgesetz. Die Städte Magdeburg, Halle und Dessau-Roßlau befürchten, dass die neuen Regelungen zu Schulschließungen führen könnten. Besonders kleinere Schulen in den Stadtteilen könnten die Mindestschülerzahlen nicht erfüllen und müssten langfristig schließen. Darüber hinaus sorgen sich die Städte um Einnahmeverluste, da die sogenannten Gastschulbeiträge wegfallen sollen. Diese Beiträge wurden bisher von den Kommunen gezahlt, deren Kinder in einer anderen Stadt zur Schule gehen. Magdeburgs Oberbürgermeisterin Simone Borris kritisiert, dass die Städte weiterhin gesetzlich verpflichtet seien, Gastkinder aufzunehmen, ohne dafür einen finanziellen Ausgleich zu erhalten.
Auch Lehrkräfte und Eltern äußern sich kritisch zu der geplanten Schulgesetznovelle. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) warnt davor, dass die geplanten Kooperationen und Fusionen nicht ausreichen, um die Herausforderungen des Lehrkräftemangels zu bewältigen. GEW-Landeschefin Eva Gerth betont, dass zunächst konkrete Zahlen zu den Geburtenrückgängen und dem Bedarf an Lehrkräften erhoben werden sollten, bevor weitreichende Änderungen im Schulsystem umgesetzt werden. Auch der stellvertretende Vorsitzende des Landeselternrates, Thomas Senger, äußert sich skeptisch. Er kritisierte, dass die Novelle keine neuen Lösungen für die bestehenden Probleme biete und die Landesregierung lediglich die Fehler der Vergangenheit wiederhole. “Damals hat man uns als Spinner hingestellt, hat uns eigentlich mit einem Handstreich erklärt, dass wir keine Ahnung haben”, sagt Senger und verwies darauf, dass die Elternvertreter:innen schon vor Jahren auf die Personalsituation hingewiesen und ein Umsteuern gefordert hätten.