(Quelle: Envato)
Im Leben läuft nicht immer alles wie geplant, so auch die eigene Karrierelaufbahn. Was vor ein paar Jahren noch spannend war und sich nach der richtigen Entscheidung angefühlt hat, kann sich schnell zum absoluten Gegenteil entwickeln und macht Platz für neue Ziele. So sind nicht alle Lehrer:innen von Anfang an Lehrkräfte und haben ihren Weg über einen Quereinstieg in die Schule gefunden. Nachdem wir uns in der Reihe “Lehrer werden” bereits mit der Frage beschäftigt haben, zu wem dieser Beruf passt, beschäftigen wir uns nun mit dem Quereinstieg in den Lehrberuf. Lehrer-News wirft in diesem Artikel einen Blick auf diesen weniger klassischen Einstieg, klärt Voraussetzung und macht auf die mitunter starken Unterschiede je nach Bundesland aufmerksam.
Der Quereinstieg ist selbsterklärend: Darunter versteht man den Einstieg aus einer fremden Branche in einen neuen Tätigkeitsbereich, ohne für diesen Beruf die “klassische” Laufbahn absolviert zu haben. Für den Quereinstieg in den Lehrberuf bedeutet das, dass Personen ohne Lehramtsstudium oder Lehrbefähigung die Möglichkeit haben, in das deutsche Schulwesen einzusteigen. Neben dem “klassischen” Weg über ein Lehramtsstudium ist der Quereinstieg somit ein möglicher Weg für all diejenigen, die nachträglich Lehrer:in werden möchten.
Dieser Weg kann auf zwei Arten gestaltet werden, als Quer- oder Seiteneinsteiger:in. Hier muss berücksichtigt werden, dass beide Begriff oftmals synonym verwendet werden, was aber irreführend ist: Beide Gruppen durchlaufen unterschiedliche Einstiege in den Lehrberuf und deren Tätigkeitsbereich sieht später ebenfalls anders aus. Quereinsteiger:innen haben in der Regel kein Lehramt studiert, stattdessen müssen sie ein Hochschulstudium mit einem Masterabschluss beendet haben. Außerdem müssen sich aus diesem Abschluss zwei Unterrichtsfächer ableiten lassen, die in der Schule zum Einsatz kommen und in die Quereinsteiger:innen ihr Fachwissen einbringen können. Sind diese Kriterien erfüllt, durchlaufen sie einen Vorbereitungsdienst bzw. das Referendariat, mit dem der Einstieg in den Schuldienst erfolgt. Das Referendariat dauert je nach Bundesland oftmals zwischen 12 und 24 Monaten, bei den meisten sind es 18 Monate. Abgeschlossen wird das Referendariat mit einer Prüfung, die mit dem zweiten Staatsexamen gleichzusetzen ist und nach deren Abschluss die Quereinsteigenden als Lehrkräfte arbeiten dürfen. Durch den Abschluss des Referendariats verdienen sie genauso viel wie jede ausgebildete Lehrkraft und haben die Möglichkeit auf eine Verbeamtung.
Seiteneinsteiger:innen müssen ebenfalls über einen Hochschulabschluss auf “Masterniveau” verfügen, aus dem sich mindestens ein Fach ableiten lässt, das als Schulfach relevant ist. Im Gegensatz zu Quereinsteiger:innen durchlaufen sie keinen Vorbereitungsdienst und steigen stattdessen unmittelbar in das Schulwesen ein. Die fehlende Pädagogikausbildung wird meistens durch eine berufsbegleitende Qualifizierung ausgeglichen. Aufgrund der eingeschränkten Lehrbefähigung werden Seiteneinsteiger:innen oft als befristete Lehrkraft eingestellt und haben je nach Bundesland nicht immer die Chance auf eine Verbeamtung.
Ob Seiten- oder Quereinstieg – während pädagogische Schwerpunkte im vorausgesetzten Studium nicht enthalten sein müssen, kann es dennoch von wertvollem Vorteil sein, bereits einige praktische Erfahrungen im Lehrberuf oder anderen pädagogischen Tätigkeiten zu haben. Das sorgt besonders in der Anfangszeit für mehr Sicherheit im Umgang mit Schüler:innen und der Vermittlung der Unterrichtsinhalte. Zudem sind die Möglichkeiten beider Einsatzformen, die Ausbildung sowie der Umfang der berufsbegleitenden Formate länderspezifisch.
Quereinsteiger:innen sind durch den bundesweiten Lehrkräftemangel immer gefragter und kommen immer öfter zum Einsatz. Die Voraussetzung hierfür ist, dass es für eines der Fächer, ein sogenanntes “Mangelfach”, an Schulen nicht ausreichend ausgebildete Lehrkräfte gibt, die dieses unterrichten können. Die Mangelfächer sind von Jahr zu Jahr und von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich – besonders häufig betroffen sind allerdings MINT-Fächer, Musik oder Kunst. Sobald ‘klassisch’ ausgebildete Lehrkräfte von den Schulen nicht angeworben werden können bzw. in der Region fehlen, können Quer- bzw. Seiteneinsteiger:innen von Schulen eingestellt werden. Hierfür müssen also die Rahmenbedingungen des Bundeslandes, der Fächerbedarf und auch die Schulform berücksichtigt werden: Da der pädagogische Anteil an Grundschulen besonders hoch ist, ist es hier bspw. besonders schwer, als nicht-ausgebildete Lehrkraft einen Platz zu bekommen.
Der Deutsche Bildungsserver hat letztes Jahr ein Informationsportal veröffentlicht, auf dem sich alle Interessierten über die aktuelle Situation in den jeweiligen Bundesländern informieren können. Dabei können sie nach Bundesland und Bildungsbereich filtern und sogar angeben, ob sie selbst Quer- oder Seiteneinsteiger:in sind. Mit dieser Auswahl werden sie direkt auf die jeweiligen Informationsseiten der Länder weitergeleitet, auf denen sie alle wichtigen Informationen finden.
Bislang fehlt es bundesweit an einheitlichen Bedingungen und Qualitätsstandards für einen Quereinstieg in den Lehrberuf. So schließen manche Bundesländer die ein oder andere Schulform aus oder ermöglichen den Quereinstieg, wie z.B. Bayern, nur in Sonderfällen. Auch die Begriffe “Quereinstieg” und “Seiteneinstieg” werden länderspezifisch unterschiedlich definiert. Dementsprechend hat jedes Bundesland eigene Voraussetzungen für den Weg in den Quereinstieg und die Qualifizierung. Daher sollten sich alle Interessierten vor einem Quereinstieg genau über die Regeln und nötigen Schritte informieren, die in dem angestrebten Bundesland herrschen. Die u.a. sehr individuellen Lösungen der Länder und Zahlen zu den Einstellungen von Quer- und Seiteneinsteiger:innen werden bspw. hier zusammengefasst. Zusätzlich hat der Deutsche Bildungsserver hier die jeweiligen Portale der Bundesländer zum Quereinstieg gesammelt.
Nach aktuellem Stand reagieren zudem einige Bundesländer mit besonders großer Personalnot auf den anhaltenden Lehrkräftemangel und passen die Bedingungen für den Quereinstieg an: So hat Sachsen-Anhalt bspw. kürzlich die Hürden für Quer- und Seiteneinsteiger:innen gesenkt. Sie benötigen für den Einstieg kein abgeschlossenes Studium, sondern lediglich eine Qualifikation als Fachwirt oder Meister. Zusätzlich wurde in Brandenburg beschlossen, dass Lehrkräfte, die an den Schulen als Seiteneinsteiger:innen unterrichten, mit einem Bachelor-Abschluss verbeamtet werden dürfen. Voraussetzung hierfür sind eine entsprechende Qualifizierung und das Absolvieren eines Mentoring-Programms. Die Entwicklungen sind hier sehr dynamisch – es lohnt sich also, immer auf dem neuesten Stand zu sein.
Aufgrund des bundesweiten Lehrkräftemangels sind Quereinsteiger:innen nicht mehr aus den Schulen wegzudenken. 2022 wurde in Deutschland jede zehnte Stelle mit einer:m Quereinsteiger:in besetzt – daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern, da so der Mangel an pädagogisch ausgebildeten Lehrkräften ausgeglichen werden kann. Dennoch braucht es für die Zukunft langfristige und bundesweit einheitliche Lösungen, um den Quereinstieg zu sichern, weshalb eine ausführliche Information über die länderspezifischen Rahmenbedingungen wichtig ist. Wird das berücksichtigt, bietet der Quereinstieg vielen Interessierten einen aufregenden, nachträglichen Start in das Berufsleben einer Lehrkraft.
Habt ihr euch schon einmal über einen Quereinstieg in die Schule Gedanken gemacht und käme dieser Schritt für euch in Frage? Teilt uns eure Meinung in den Kommentaren mit!