Anfang Juni war es soweit: Die Bildungsmesse didacta hatte in Köln wieder ihre Pforten geöffnet. Vom 07.06. – 11.06.2022 konnten sich interessierte Lehrer:innen aller Schulformen untereinander austauschen und Impressionen für den eigenen Unterricht sammeln. Unsere Mutterfirma Zukunft Digitale Bildung war dieses Jahr sogar mit einem eigenen Stand vertreten, und teilte die Vision zur Digitalisierung des Bildungswesen mit den Besucher:innen. Doch damit nicht genug! Nach dem Abschluss der Messe möchten wir bei Lehrer News mit einer neuen Themenwoche starten. In den kommenden Tagen werden wir uns vor allem mit dem Bereich Didaktik beschäftigen und dabei auch die Geschichte der Wissensvermittlung in den Blick nehmen.
Beginnen soll die Themenwoche mit einer Erkrankung die wohl allen Lehrer:innen bekannt sein dürfte: ADHS. Von der Allgemeinheit oft als “Zappelphillip” oder verträumte “Hans-guck-in-die-Luft” abgestempelt, sind laut ADHS-Deutschland e.V. ca. 2,9% der deutschen Vorschulkinder betroffen. Unter Jugendlichen sind es sogar 7,9%. Aber was geht wirklich im Kopf der Erkrankten vor? Und noch wichtiger: Wie schaffe ich es als Lehrkraft, Kinder und Jugendliche mit der Symptomatik für meinen Unterricht zu begeistern? Wir haben uns das Krankheitsbild einmal genauer angesehen.
ADHS, kurz für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, zeichnet sich vor allem durch drei Hauptsymptome aus. Das bekannteste davon ist wahrscheinlich die Hyperaktivität. Den Betroffenen fällt es extrem schwer ruhig zu bleiben. Sie sind ungeduldig, extrem redseelig und suchen andauernd Action. In Situationen wie dem Unterrichtsgeschehen ein echter Albtraum!
Deutlich unauffälliger, aber dafür nicht weniger belastend für die Patienten, ist die mangelnde Fähigkeit sich zu konzentrieren. Die Schüler:innen verlieren sich oft und driften in ihr “Gedankenkarussell” ab. Dieser Umstand ist der Tatsache geschuldet, dass sich Leidtragende leicht durch äußere Reize ablenken lassen. Flüchtigkeitsfehler schleusen sich ein und fremdgestellte Aufgaben, die eine längere Aufmerksamkeitsspanne erfordern, werden schnell zum absoluten Horror.
Zu guter Letzt leiden viele der Betroffenen auch unter der eigenen Impulsivität. Dann werden Dinge, die gerade durch den Kopf geistern, direkt ausgesprochen ohne sich der Konsequenzen bewusst zu sein. Gesprächspartner:innen werden unterbrochen oder Antworten gegeben bevor die Frage überhaupt komplett gestellt ist. Das Schlimme daran ist, dass sich die Betroffenen meist nicht bewusst sind, dass dem Gegenüber damit vor den Kopf gestoßen wird. Die Symptome sind je nach Fall unterschiedlich stark ausgeprägt.
Zu diesen Symptomen gesellt sich eine Reihe von Begleiterscheinungen, die das Leben der ADHSler zusätzlich erschweren. Betroffene haben häufig mit Depression zu kämpfen. Darüber hinaus gehören Angststörungen, zwanghaftes Verhalten oder Ticks zum Leidensdruck. Außerdem sind sie anfälliger für alle Arten von Süchten. Speziell Nikotin, Cannabis und Alkohol verschaffen dem ständig rotierenden ADHS-Gehirn ein Gefühl von Entspannung und werden deshalb zur Selbstmedikation verwendet. Aber auch aufputschende Stimulanzien erzeugen einen angenehmen Effekt. In den USA wird ein Mix aus Amphetamin-Salzen sogar als Hauptwirkstoff im ADHS-Medikament Adderall eingesetzt. Neben den genannten Problemen haben viele Betroffenen zusätzlich große Schwierigkeiten den Alltag zu strukturieren oder beispielsweise mit ihrem Geld zu haushalten.
Doch wo liegt die Ursache für diese Störung? Dafür hat die Wissenschaft noch keine endgültige Antwort. Expert:innen vermuten, dass die Symptomatik mit dem Mangel der Neurotransmitter Dopamin und Noradrenalin in den frontalen Hirnregionen zusammenhängt. Auch die genetische Veranlagung spielt offenbar eine Rolle, da meist mehrere Personen innerhalb einer Familie diagnostiziert werden. Eine weitere Theorie legt nahe, dass sich die Krankheit auch auf familiäre oder gesellschaftliche Umstände zurückführen lässt. Dafür spricht, dass ADHS statistisch öfter in Teilen der Bevölkerung zu finden ist, in denen weniger finanzielle Mittel zur Verfügung stehen.
Da ADHS keinesfalls ein Zeichen für eine verminderte Intelligenz ist, und die Schüler:innen lediglich ihr Potenzial nicht voll ausschöpfen können, ist es für Lehrkräfte umso wichtiger sie gut in das Unterrichtsgeschehen einzubinden. Der Grundstein dafür ist Geduld und Einfühlungsvermögen. Die Schüler:innen müssen für das Fach oder Thema begeistert werden. Da ADHSler des öfteren einen Hang zu kreativen Hobbys haben, empfiehlt es sich diese Charakterzüge im Unterricht einfließen zu lassen. Auch ein ermutigendes Klima ohne Angst zu Scheitern fördert das Interesse der Betroffenen. Lehrer:innen kommen gerade bei hyperaktiven Schüler:innen sicherlich oft an Ihre Grenzen, aber eine beruhigende Umgebung ohne Verurteilung kann bei den Betroffenen Wunder bewirken. Wie bei allem im Leben hat auch Sport einen sehr guten Effekt auf die Symptome und erhöht die Konzentrationsfähigkeit. Wichtig ist außerdem dass sich die Betroffenen in Behandlung begeben. Gemeinsam mit Psychotherapeuth:innen können Patienten und Angehörige schädliche Verhaltensmuster erkennen und besprechen ob sich die Medikation mit Ritalin oder Ähnlichem empfiehlt.
Habt ihr Schüler:innen mit ADHS in euren Klassen? Wie geht ihr damit um und welche Tipps habt ihr für den Unterricht? Wir freuen uns auf eure Kommentare!