10.092024. Tomi Neckov, stellvertretender Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), äußert sich zur Veröffentlichung des OECD-Bildungsberichts „Bildung auf einen Blick“: „Die positiven Aspekte des Bildungsberichtes können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Ergebnisse in Gänze unterstreichen, was bereits seit Jahren im Argen liegt. Bildung hängt in Deutschland weiterhin in hohem Maß von der familiären Herkunft ab. Dies wird unter anderem am Anteil der Schülerinnen und Schüler sichtbar, die am Ende der Sekundarstufe mindestens grundlegende Mathematikkenntnisse erwerben konnten. Kamen sie aus benachteiligten Haushalten, gelang dies nur gut der Hälfte der Schülerinnen und Schüler, wohingegen es über 90 Prozent der Schülerinnen und Schüler aus nicht benachteiligten Haushalten schaffen konnten. Ähnlich verhält es sich bei Familien mit Migrationsgeschichte. Nur 55 Prozent der Kinder mit, aber 78 Prozent der Kinder ohne Migrationshintergrund konnten entsprechende Fähigkeiten erwerben. Das A und O bei der Unterstützung von Kindern aus benachteiligten sozialen Lagen ist die individuelle Förderung durch das Lehrpersonal. Angesichts des massiven Personalmangels ist dies allerdings oft nur schwer umsetzbar. Auch wenn die Politik den Ernst der Lage erkannt und mit dem Startchancenprogramm zielgerichtet und nicht länger mit der Gießkanne unterstützt, kann dies nur ein erster Schritt sein. Zeitlich befristete Programme reichen lange nicht mehr aus. Wir brauchen strukturelle Verbesserungen in der Bildungsfinanzierung und langfristige finanzielle Sicherheit.“
Auch was die Attraktivität des Hochschulstandortes Deutschland angeht, gießt Neckov Wasser in den Wein: „Auch wenn die Anzahl von Studentinnen und Studenten aus dem Ausland seit 2013 gestiegen ist, dürfen wir nicht außer Acht lassen, dass viele Studiengänge, insbesondere im Lehramtsstudium, mit einer hohen Abbruchquote zu kämpfen haben. Hier braucht es endlich bessere Studienbedingungen und eine bessere Begleitung der Studentinnen und Studenten. Beispielsweise können eine Kinderbetreuung, eine ergänzende finanzielle Unterstützung für junge Eltern und die Bereitstellung von angemessenen und finanzierbaren Wohnungen eine wichtige Unterstützung sein.“
Die positive Entwicklung bei den Investitionen in die frühkindliche Bildung – hier wurden in Deutschland in den letzten Jahren deutlich mehr öffentliche Mittel im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt investiert als im Schnitt der OECD-Länder – bewertet Neckov positiv optimistisch: „Es ist gut, wenn die Politik endlich mehr in die frühkindliche Bildung investiert. Bislang kommt dies aber nicht in der Arbeitsrealität der Erzieherinnen und Erzieher an. Die Überlastung aufgrund des fehlenden Personals schränkt die Möglichkeiten zu individueller Förderung vielerorts weiterhin erheblich ein. Und mit Blick auf den kommenden Anspruch auf Ganztag wird die Herausforderung auch für die personelle Situation in den Kitas nicht leichter. Dies darf nicht das Ende der Mehrinvestitionen in die frühkindliche Bildung sein, sondern der Anfang.“