“Alles lässt sich ändern” – Die FDP und ihre Bildungspläne

Von
Pia Messerschmid
|
19
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February 2025
|
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“Alles lässt sich ändern” – In ihrem Wahlprogramm setzt die FDP auf Digitalisierung, einheitliche Standards und lebenslanges Lernen. (Quelle: Canva)

Durch das vorzeitige Ende der Ampel-Koalition stehen in Deutschland bereits am 23. Februar die vorgezogenen Bundestagswahlen an. Bereits in den vergangenen Jahren traten zahlreiche Missstände im Bildungssystem zutage, die von Lehrkräftemangel und Bildungsungleichheit bis hin zum Digitalisierungsstau an Schulen reichen. Nun haben die Bürger:innen die Möglichkeit, mit ihrer Stimme zu entscheiden, welche bildungspolitischen Konzepte und Ideen künftig umgesetzt werden sollen. 

Um einen Überblick über die verschiedenen bildungspolitischen Ansätze zu geben, haben wir in dieser Artikelserie die Wahlprogramme von CDU/CSU, AfD, Die Grünen, SPD, Die Linke und des BSW analysiert. Nachfolgend wird das bildungspolitische Konzept der Freien Demokraten beleuchtet, deren Einzug in den 21. Bundestag hinsichtlich der Umfragewerte noch ungewiss ist. 

Anmerkung der Redaktion: Die Reihenfolge der Parteien in dieser Artikelserie ist zufällig gewählt. Die Links zu den Analysen der weiteren Wahlprogramme werden sukzessive ergänzt, sobald die jeweiligen Artikel veröffentlicht sind.  

Das Wahlprogramm der FDP

Das am 18.12.2024 veröffentlichte Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2025 der Freien Demokraten trägt den Titel Alles lässt sich ändern und umfasst 51 Seiten. In sieben Kapiteln – inklusive Präambel – fassen sie ihre politischen Ziele zusammen. 

In der Präambel plädiert die FDP für eine Neuausrichtung der Politik, die auf Freiheiten anstelle von Subventionen und wachsender Staatsverschuldung setzt, um Veränderung und Fortschritt zu erreichen.

Das zweite Kapitel Weltbeste Bildung für selbstbewusste Bürger widmet sich den bildungspolitischen Zielen. Sie setzen auf ein Konzept des lebenslangen Lernens, das bereits im frühkindlichen Alter ansetzt, und betonen die Relevanz der engen Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft.

Im dritten Kapitel stehen Wohlstand und Aufstiegschancen im Fokus. Hier werden Maßnahmen zum Bürokratieabbau, Reformen im Steuer- und Arbeitsrecht sowie die Weiterentwicklung sozialer Sicherheitssysteme erläutert. Auch Strategien zur bezahlbaren Energieversorgung werden skizziert. 

Kapitel vier, Selbstbestimmt in allen Lebenslagen, behandelt die Freiheit des Einzelnen und Fragen der inneren Sicherheit. Auf dreizehn Seiten setzt sich die FDP mit der Migrationspolitik, der Gleichberechtigung von Frauen und der Förderung des Ehrenamts auseinander. Auch die Rechte von Familien und Senior:innen und das Gesundheits- und Pflegesystem werden thematisiert.

Das fünfte Kapitel befasst sich mit den Finanzen des Staates. Die Freien Demokraten entwerfen die Vision eines schlanken Staates, der modern, digital und funktionsfähig ist.

Anschließend werden im Kapitel Nachhaltigkeit, Innovation und Infrastruktur Fragen über die Vereinbarkeit von technischem Fortschritt und umweltpolitischen Maßnahmen diskutiert. 

Den Abschluss bildet das Kapitel Freiheit, Sicherheit und Menschenrechte weltweit. Es geht um außenpolitische Ziele, die Verteidigung und den Außenhandel. Auch die Rolle Deutschlands innerhalb der EU sowie die Beziehung zu Israel werden erläutert.

Was die FDP in der Bildungspolitik anstrebt 

Frühkindliche Bildung 

Die Freien Demokraten betonen in ihrem Wahlprogramm die Bedeutung lebenslangen Lernens von frühester Kindheit an. Frühkindliche Bildung sehen sie als “den Grundstein einer Gesellschaft, die ihr volles Potenzial entfalten kann”. Daher soll das Bundesbildungsministerium zukünftig auch die Verantwortung für Kitas tragen. Für selbige streben sie bundesweite Kita-Qualitätsstandards an, die neben pädagogischer Arbeitszeit auch administrative Aufgaben und Ausfälle in den Betreuungsschlüssel mit einbeziehen sollen. Die Kindertagesbetreuung soll durch die Kindertagespflege ergänzt und gestärkt werden. 

Außerdem soll die Etablierung eines Startchancen-Programms für Kitas Kindertagesstätten unterstützen, die einen hohen Anteil sozial benachteiligter Kinder oder einen akuten Mangel an Kita-Plätzen aufweisen. Ebenso soll MINT-Förderung mehr Raum in frühkindlicher Bildung geschaffen und Sprachkompetenzen schon vor Schuleintritt stärker gefördert und verpflichtend nachgewiesen werden. Hierzu plant die FDP, bundesweit verpflichtende und altersgerechte Sprachtests und bei Bedarf zweijährige Sprachförderung einzuführen, die vor Schuleintritt erfolgen. Um diese Vorhaben umsetzen zu können, soll dem Fachkräftemangel im pädagogischen Sektor durch Modernisierungen sowie Aus-, Fort- und Weiterbildung entgegengewirkt werden. 

Schulbildung

In der Schulbildung setzt die FDP auf eine Bildungsförderalismusreform zur Stärkung des Bundes und zur Förderung einheitlicher Standards. Die Finanzierungsverpflichtung soll beim Staat liegen. Anstelle der Kultusministerkonferenz (KMK) planen sie einen Bundesbildungsrat aus Wissenschaftlern, Praktikern und Eltern- und Wirtschaftsvertretern. Ein Schulfreiheitsgesetzt soll bundesweit einheitliche Qualitätsstandards schaffen, insbesondere bei Abschlussprüfungen und Schulabschlüssen. Spätestens ab der dritten Klasse soll Benotung verpflichtend sein. 

Moderne außerschulische Lernorte, KI-gestützte und adaptive Lernmethoden sowie ein Campus für Bildungsinnovationen ergänzen das Konzept. Die Sanierung und technische Modernisierung der Schulen, auch im Rahmen der digitalen Lehre in Aus- und Weiterbildung, soll im “Digitalpaket 2.0” von Bund und Ländern verankert werden. Hinzu kommen frei verfügbare Chancenbudgets, “den Schulen sollen mehr pädagogische, personelle und finanzielle Kompetenzen eingeräumt werden”, heißt es im Wahlprogramm. “Exzellente Lehrkräfte” sollen eine duale Ausbildung, mit Fokus auf digitale und KI-Kompetenzen, erhalten. 

Um den Beruf attraktiv zu machen, wollen die Freien Demokraten eine praxisnahe Aus- und Fortbildung, eine leistungsorientierte Bezahlung, attraktive Aufstiegsmöglichkeiten und eine bundesweite Mobilitätsgarantie schaffen. Gleichzeitig sollen Lehrpläne aktualisiert werden und “mehr Raum für wirtschaftliche und finanzielle Bildung, MINT-Themen, Demokratie und Politik sowie Medienkompetenz” bieten. Damit einhergeht die bundesweite Verpflichtung der Schulfächer Wirtschaft und Informatik. 

Durch die Modernisierung der Lehrpläne soll “die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Formen von Menschenfeindlichkeit wie dem Antisemitismus intensiviert werden.” Der Besuch einer Holocaust-Gedenkstätte und einer Synagoge soll für alle Schüler:innen verpflichtend sein. Auch die Auseinandersetzung mit der Geschichte Israels und die Thematisierung aller Formen des Antisemitismus sollen in der Schule erfolgen. Das Deutsch-Israelische Jugendwerk soll mehr Unterstützung erfahren, um den Jugendaustausch zu stärken. 

Berufliche Bildung und lebenslanges Lernen

Die Freien Demokraten wollen berufliche Bildung attraktiver machen. Dafür möchten sie die “Exzellenzinitiative Berufliche Bildung” weiterentwickeln und berufliche Bildungszentren zu regionalen Innovations- und Gründungszentren ausbauen. Gleichzeitig soll ein Ausbau der Berufsorientierungsangebote erfolgen. Vergleichbar mit dem Konzept des Freiwilligen Sozialen Jahrs wollen sie ein berufliches Orientierungsjahr schaffen, sowie den Ausbau von SBB- und Azubi-Stipendien unterstützen. 

Die internationale Berufsbildungsmobilität soll durch den Deutschen Beruflichen Austauschdienst (DBAD) gefördert werden. Auch im Ausland erworbene Abschlüsse sollen schneller anerkannt und die berufliche Ausbildung und praktische Erfahrung im öffentlichen Dienst angerechnet werden. Maßnahmen wie ein  Aufstiegs-BAföG, “Lebenschancen-BAföG” und “persönliches Freiraumkonto” sollen die notwendige  Finanzierung und Zeit für Fortbildungen gewährleisten.

Studium, Forschung und Innovation

Deutschland soll sich laut der FDP zu “einem führenden Standort für Forschung, Studium und Innovation” etablieren. Hochschulbildung dürfe nicht vom Elternhaus abhängen, weshalb das BAföG zu einem “elternunabhängigen Baukasten-System” weiterentwickelt und ein Bildungskreditprogramm ausgebaut werden soll. Zudem soll Bildungssparen durch Steuerfreiheit attraktiver werden. Gerechte Chancen im Bildungssystem seien auch mit globaler Vernetzung und lebenslangem Lernen verbunden. Daher befürworten sie das Erasmus-Programm, sowie “Erasmus+” und “Ausbildung weltweit”. 

Exzellente Forschung hat für die Freien Demokraten eine hohe Priorität, um den Wohlstand zu steigern und im internationalen Wettbewerb standhalten zu können. Der gesamte Forschungsbereich soll durch optimale Rahmenbedingungen gestärkt und Spitzenpositionen gesichert werden. Daher fordern sie ein technologieoffenes “Forschungsfreiheitsgesetz”, welches den Bau von Fusionskraftwerken ermögliche, den Rechtsrahmen für Gentechnologie reformiere und die Stammzellenforschung stärke. 

Die Notwendigkeit einer Zeitenwende in der Forschung und Lehre sei mit Russlands Krieg in der Ukraine gegeben. Um technologisch widerstandsfähiger zu sein, lehnt die FDP Zivilklauseln zur Einschränkung der Forschungsfreiheit ab und fordert, dass diese aus den Landeshochschulgesetzen gestrichen werden. Zudem wird die Entwicklung einer “Defense Advanced Research Projects Agency” (DARPA) angestrebt, die Militär und Wissenschaft nach amerikanischem Vorbild vereint. Deutschland soll außerdem zu einem der stärksten Standorte weltweit für künstliche Intelligenz heranwachsen. 

Was die FDP will – und was offen bleibt

Die FDP verfolgt ambitionierte Ziele in der Bildung und Forschung, insbesondere mit dem Fokus auf Exzellenz, Digitalisierung und lebenslanges Lernen. Frühkindliche Bildung soll durch verbesserte Kita-Standards und verpflichtende Sprachtests gestärkt werden. In den Schulen setzen sie auf einheitliche Qualitätsstandards (Deutschland-Abitur), Digitalisierung und einen Bundesbildungsrat. Die berufliche Bildung soll durch Mobilitätsprogramme und Finanzierungshilfen erleichtert werden. Hochschulen, Forschung und Innovation sollen durch die Verbindung von Wirtschaft und Wissenschaft gestärkt und durch Wissenschaftsfreiheit vereinfacht werden. 

Jedoch bleiben in dem Programm der Freien Demokraten einige zentrale Themen offen. Die FDP geht zum Beispiel nicht näher darauf ein, wie sie mit Inklusion umgehen möchte. Im Wahlprogramm wird zwar erläutert, dass vor der Einschulung Sprachtests eingeführt werden sollen, doch bleibt unklar, welche Maßnahmen für Schüler:innen mit besonderem Förderbedarf nach Eintritt ins Schulsystem vorgesehen sind. Ebenso wenig thematisieren sie den Umgang mit sozialer Ungleichheit und wie diese auf lange Sicht reduziert werden soll. Damit hat die Partei ambitionierte Ziele, die starke Leistungen anstreben, lässt dabei aber einige Fragen in Bezug auf die Bewältigung sozialer Problemstellungen offen. 

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