"Bildungswende jetzt!": Bündnis wendet sich mit offenem Brief an Kanzler Scholz

Mehr als 90 Organisationen rufen für den 23. September zum bundesweiten Protest für eine Bildungswende auf (Quelle: Schule muss anders)

Berlin. Ein breites Bündnis aus 90 Organisationen hat am vergangenen Donnerstag den bundesweiten Appell “Bildungswende jetzt!” gestartet. Das Bündnis, bestehend aus Bildungsorganisationen, Gewerkschaften und Elternverbänden fordert einen grundlegenden Umbau des Bildungssystems. Am 23. September findet der erste bundesweite Protesttag der Initiative statt.

Der an Bundeskanzler Olaf Scholz gerichtete Appell beschreibt die aktuelle Lage an den Schulen und Kitas in drastischen Worten. Es handle sich um die “schwerste Bildungskrise seit Gründung der Bundesrepublik”, heißt es in dem Aufruf. Notwendige Aufgaben wie Inklusion und Digitalisierung seien viel zu lange verschlafen worden. Die Empfehlungen der ständigen wissenschaftlichen Kommission (SWK), wie “Mehrarbeit und die Einschränkung von Teilzeit” seien “größtenteils dysfunktional”.  Der Bildungsgipfel (Lehrer News berichtete) habe zuletzt die “zerrüttete Bund-Länder-Kooperation im Bildungsbereich und das mangelhafte Verständnis von Partizipation auf Seiten der politischen Verantwortlichen offenbart”. 

“Wir stellen uns dagegen, den Lehrkräftemangel auf dem Rücken der Beschäftigten auszutragen. Umso erschreckender ist, dass ein Teil dieser Vorschläge in manchen Bundesländern gerade Realität wird”, heißt es in dem Text.

“Der schnell zunehmende Mangel bei Lehrer:innen und Erzieher:innen trifft auf ein unterfinanziertes, veraltetes und ungerechtes Bildungssystem”, sagt Philipp Dehne von der Bildungskampagne “Schule muss anders”, die ebenfalls Unterzeichner des Aufrufs war. Das Ausmaß der aktuellen Krise sei vielen noch gar nicht bewusst, erklärte Dehne. Jedes Jahr verlassen rund 50.000 Schüler die Schule ohne Abschluss. “Wir wollen eine echte Bildungswende statt organisierter Vernachlässigung”, fordert Dehne.

“Gute Lernbedingungen sind in vielen Bildungseinrichtungen nicht mehr gegeben”, erklärte Markus Sänger von der Elternvertretung ARGE-SEB. Die Probleme von Schule und Kita würden zunehmend auf die Eltern abgewälzt. Ob diese das Versagen der Institutionen ausgleichen könnten, hänge von deren finanziellen Möglichkeiten ab, was die Bildungsungleichheit verschärfe, so Sänger. 

Maike Finnern, Vorstandsvorsitzende der GEW, sieht das Kardinalproblem im Lehr- und Fachkräftemangel sowie der “chronischen Unterfinanzierung” des Bildungswesens. “Wichtige Reformvorhaben wie der Ausbau des Ganztags oder der Inklusion stocken. Die Lehrkräfte arbeiten bereits jetzt am Limit – und oft weit darüber hinaus”, so Finnern. Finnern warnt: “Ein System, das so auf Verschleiß fährt, kollabiert früher oder später.”

Im Vorfeld des bundesweiten Protesttags im September soll der Bildungsappell am 15. Juni im Rahmen der Minister:innen-Konferenz in Berlin an Bundeskanzler Olaf Scholz und dieMinisterpräsident:innen übergeben werden.

Weitere Informationen: http://www.schule-muss-anders.de/

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