Die Ausbildung der Bildenden – so steht es um das Studium als Lehrkraft

(Quelle: Envato)

Eine Zivilisation funktioniert nicht ohne diejenigen, die sie am Laufen halten. Von den Busfahrer:innen über Bäcker:innen bis hin zu den Bauarbeiter:innen. Obwohl die Gesellschaft voller verschiedener Berufswege ist, haben sie alle jedoch eine Sache gemeinsam: Sie müssen erlernt werden. Dieser Weg des Lernens beginnt in der Schule und mit den Lehrkräften, welche nicht nur ihre eigene Expertise zu den Fächern wie Mathematik und Biologie beweisen, sondern auch zukünftige Generationen von Grund an auf das Lernen vorbereiten müssen. 

Ohne Lehrkräfte funktioniert die Gesellschaft nicht. Genau aus diesem Grund ist der bundesweit anhaltende Lehrkräftemangel so besorgniserregend. Doch selbst wenn jemand Interesse am Beruf hat, was können angehende Lehrer:innen vom Studium und Beruf erwarten? In diesem Artikel bringen wir näher, wie es um den derzeitigen Stand der Lehrerausbildung steht, welches die Hindernisse zur Zulassung sind und der Fortschritt bei der Reformation.

Ausbildung ein Teil des Problems

Es ist, als hätte das Bildungssystem in Deutschland einen Sprung in der Platte. Der Lehrermangel ist Dauerthema, die Gründe dafür sind vielfältig. Nicht nur gehen viele Lehrkräfte in die wohlverdiente Rente, die Belastungen durch die Corona-Pandemie sind bis heute zu spüren. Teil des Problems ist jedoch auch der Stand der Ausbildung

Eine Liste an gewünschten Kompetenzen besteht und wird auch versucht zu steuern. In insgesamt 11 Aspekten müssen Lehrkräfte in der Lage sein zu unterrichten, zu erziehen und zu beurteilen. 

Von den 15 Punkten der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gegen den anhaltenden Lehrermangel betreffen drei die Themen Attraktivität, Studium und Studiumsanerkennung. Der Job muss durch bessere Bezahlung und Gleichstellung mit anderen akademischen Berufen attraktiver gemacht werden, so die Bildungsgewerkschaft. Die Plätze für das Lehramtsstudium müssten erhöht und Studienbeschränkungen wie Numerus clausus und beschränkter Zugang zum Masterstudium abgeschafft werden. Dem Lehramtsstudium selbst muss mehr Gewicht gegeben und die Begleitung von Studierenden erhöht werden, um der hohen Abbruchquote entgegenzuwirken. Eine Weiterqualifizierung von ausländischen Abschlüssen sollte ebenfalls leichter gemacht werden, heißt es in dem Positionspapier. 

“Die Bundesländer haben es versäumt, die Zahl der Studienplätze ausreichend zu erhöhen. Zugleich ist der Numerus clausus (NC) in einigen Ländern so hoch, dass viele Interessierte keinen Studienplatz bekommen“, so GEW-Vorstandsmitglied Anja Bensinger-Stolze. Eine prävalente Meinung in der GEW. Erschwerend hinzu kommen neue Problemthemen wie Inklusion und Digitalisierung, die auch erlernt werden müssen. 

Ewald Terhart, Lehrbeauftragter am Institut für Erziehungswissenschaft, bringt die Lage in seiner Recherche “Die Lehrerbildung und ihre Reform: Stand, Probleme, Perspektiven“ auf den Punkt, welche hier komplett gelesen werden kann. Schon seit der ersten Berufsvorbereitung ist die Lehrerbildung in der Kritik. Mit der Zeit wurden die Ansprüche an die nächste Generation von Lehrkräften immer höher. “Gegenwärtig hat Deutschland eines der anspruchsvollsten, aufwändigsten und lebenszeitverbrauchendsten Lehrerausbildungssysteme der Welt” schreibt Terhart. Allein 2012 war das Durchschnittsalter von Lehrer-Master Absolventen bei 27,1 und der Einstieg in eine Lehrstelle bei 32 Jahren.

Der Lehrer- und Bildungs-Influencer Bob Blume fasst in einem kurzen Instagram-Video die Hürde “Zeit” zusammen: Drei Jahre für den Bachelor und weitere drei Jahre für den Master, gefolgt von eineinhalb Jahren Praxis, die zuvor nie besprochen wurden. Sollte die Praxis dann fehlschlagen, weil erwartet wird, zu einem bestimmten Zeitpunkt so zu unterrichten, wie es die Fachleiter wollen, kann auf der Zielgeraden doch noch der Traum vom Lehrberuf platzen. 

“Man wird in fast einem Jahrzehnt auf einen Job vorbereitet, ohne dass das Ganze mit dem Job zu tun hat, und wird dann quasi auf den Punkt in einem Bruchteil geprüft und schafft es vielleicht in letzter Sekunde nicht?” (Bob Blume) 

Und all diese Zeit wird am Ende in einen Beruf investiert, der von anderen als ‘Faul’ abgestempelt wird, mit zahlreichen Risiken für die mentale Gesundheit

Pläne, mehr Praxis in den Bildungsschulalltag zu integrieren, gibt es bereits, allerdings bedürfen diese einem großen Anpassungsbedarf an die bisherigen Strukturen.

Interessanterweise haben auch vergangene Bildungsreformen einen Einfluss auf die aktuelle Lage. Wann immer die Rede war von Bildungsreformen, so waren Reforminitiativen bei der Lehrerbildung nicht weit, welche in eine uneinheitliche und pluralisierte Lehrerausbildung in Deutschland mündeten.

Zur selben Zeit haben sich die ‘höheren’ und ‘niedrigeren’ Lehrämter angeglichen, jedoch ohne ein einheitliches Aufstiegsmodell oder Eingangsbesoldung.

Druck kommt auch von der politischen Ebene. Die FDP hat 2021 einen Antrag gestellt, in dem die Partei die Bundesregierung auffordert, das Kooperationsverbot von Bund und Ländern in der Bildung aufzuheben. Ziel dieser Aktion soll es sein, in einer Bund-Länder-Vereinbarung gemeinsame Strategien gegen den Lehrermangel zu entwickeln. Die FDP erhofft sich dadurch, die Lehrerausbildung “flexibler, praxisnah und zukunftsfähig” zu gestalten, inklusive einer Verpflichtung zu Fortbildungen. Die Fortbildungen sollen zu relevanten Themen erfolgen, welche von einer zentralen “Deutschen Lehrerakademie” ermittelt und angeboten werden. 

Im Nachspiel des kontroversen Bildungsgipfels stellte der Spiegel fest, dass 68 Prozent der Befragten den Föderalismus ablehnten. Ein einheitliches System scheint somit für den Großteil der Bevölkerung akzeptabel zu sein. Auch die GEW bevorzugt Einheitlichkeit, so spricht Maik Walm als früherer GEW-CO-Vorsitzender in Mecklenburg-Vorpommern: „Einzelinteressen der Länder behindern die Qualitätsentwicklung.“

Die Krise in der Bildung und wie genug Lehrkräfte gefunden werden, ist ein Problem, das nicht von heute auf morgen verschwinden wird. Allerdings bietet ein reformierender Angriff auf die Lehrerausbildung eine Möglichkeit, dem Dilemma zu entkommen und vorzubeugen. Im Weg steht jedoch Deutschlands föderalistische Geschichte und bestehende Strukturen. Es bleibt abzuwarten, wie und wann die Bildung zur Lehrkraft weniger einem Spießrutenlauf gleicht.

Was sind eure Meinungen zur Lehrerausbildung? Teilt es uns gerne in den Kommentaren mit.

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