Anlässlich des 95. Geburtstages von Anne Frank setzten sich knapp 600 Schulen mit ihrem Leben und der nationalsozialistischen Geschichte auseinander. (Quelle: Unsplash)
Berlin. Am 12. Juni 2024 wäre Anne Frank 95 Jahre alt geworden. Zu ihren Ehren erinnerten sich knapp 600 Schulen bundesweit an das jüdische Mädchen und die nationalsozialistische Geschichte auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Der Schulaktionstag gegen Antisemitismus und Rassismus findet seit 2017 jährlich an Anne Franks Geburtstag statt. Der Tag soll Schüler:innen in ihrem Engagement für Demokratie stärken. Organisiert wird der Tag vom Anne Frank Zentrum in Berlin, um an die Lebensgeschichte des jüdischen Mädchens zu erinnern. Ziel der Schulen ist es, die nationalsozialistische Geschichte in ihren jeweiligen Wohnorten zu recherchieren. Dadurch ergeben sich Denkanstöße zu Verantwortung und Handeln auch in der Gegenwart.
Das Motto des Anne Frank-Tages 2024 lautete “Geschichte auf der Spur”: Schüler:innen der teilnehmenden Klassen forschten zur nationalsozialistischen Geschichte ihrer jeweiligen Heimat. Das Anne Frank Zentrum Berlin stellte den teilnehmenden Schulen kostenfreie Lernmaterialien zur Verfügung, darunter Informationen zur Biografie von Anne Frank, zur Geschichte des Nationalsozialismus und des Holocaust sowie Hintergrundwissen zur Lokalgeschichte. Jede Schule setzt den Aktionstag mit eigenen Ideen und Projekten um. Selbstgeschriebene Gedichte über das Leben im Versteck im Hinterhaus oder selbst gemalte Portraits des jüdischen Mädchens waren nur einige Ideen. Andere Klassen besuchten jüdische Friedhöfe oder putzten Stolpersteine. Waren keine Stolpersteine im jeweiligen Ort vorhanden, so wurde ein digitaler Spaziergang rekonstruiert. An der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule in Grevenbroich wurde unter anderem das Versteck von Anne Frank in einem Schuhkarton nachgestellt.
In Berlin wurde ein Rechteck mit weißer Farbe auf den Fußboden vor dem Schuleingang gesprüht. Das Rechteck sollte die tatsächliche Größe des Verstecks von Anne Frank widerspiegeln. “Bei Kindern ist es ganz wichtig, dass man etwas fürs Herz macht und zum Anfassen”, erzählt Lehrer Daniel Schmöcker. Und weiter: “Wir schaffen hier eine Situation, in der die Schüler tatsächlich auch Erfahrungen machen und auch dann darüber sprechen können.” Das Hineinversetzen in das Leben von Anne Frank regt zum Nachdenken an. So erklärt eine Schülerin: “Ich fand das so krass. Als sie Tagebuch geschrieben hat, war sie genauso alt wie ich. Manche Gedanken kamen mir sehr bekannt vor, sie war ein ganz normales Mädchen. Das heißt, man hätte auch meine Familie auslöschen können. Einfach nur aus einem Grund, der kein Grund ist, weil sie gesagt haben, die sind schlechter als wir”.
Das Käthe-Kollwitz-Gymnasium in Berlin eröffnete den Schulaktionstag gegen Antisemitismus und Rassismus. Per Livestream konnten die teilnehmenden Schulen an der Eröffnung mitwirken. Eingeladen wurde unter anderem die Zeitzeugin Ruth Winkelmann, die von ihren eigenen Erfahrungen berichtete. Sie überlebte den Holocaust, indem sie sich in einer Gartenlaube versteckte. Sie fordert nebenbei die Anwesenden zu mehr Toleranz auf: “Wer tolerant ist, hasst nicht und vernichtet auch nicht. Das wäre eigentlich das Allerwichtigste, was wir lernen müssen.” Videobeiträge von weiteren Schulen wurden zusätzlich gezeigt. Schirmherr des Anne Frank Tages war Justizminister Marco Buschmann (FDP), der bei der Eröffnung eine Rede hielt. “Der Anne Frank Tag lädt Schülerinnen und Schüler zur Auseinandersetzung mit unserer Geschichte ein. Er fördert kritisches Denken und gibt Wissen weiter. Ein solcher Aktionstag ist gerade in Zeiten des leider zunehmenden Antisemitismus wichtiger denn je”, sagte Buschmann.