In Berlin werden momentan über 2.000 Quereinsteiger:innen ausgebildet, um dem Lehrermangel entgegenzuwirken (Quelle: Canva)
Berlin: Über 2.000 Quereinsteiger:innen werden derzeit für den Schuldienst ausgebildet. Diese Maßnahme soll den Lehrkräftemangel in Berlin bekämpfen. Nach Angaben der Bildungsverwaltung fehlen für das Schuljahr 2024/25 insgesamt 695 Vollzeit-Lehrkräfte.
Die Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) möchte außerdem veranlassen, dass mehr reguläre Lehrkräfte an die Schulen zurückkehren. "Insbesondere mit dem Berliner Landesinstitut [für die Lehrerbildung], das zum Januar 25 startet und die Aus-, Fort- und Weiterbildung zentralisieren soll, wird es uns möglich sein, noch mehr [abgeordnete] Kolleginnen und Kollegen zurück an die Schulen zu führen", so Günther-Wünsch. Zudem plant sie, möglichst bald sogenannte “Ein-Fach-Lehrkräfte” einzuführen. Dadurch sollen auch Lehrer:innen, die nur ein Fach studiert haben, künftig in den regulären Lehrerdienst überführt werden können. In Berlin müssen Lehrkräfte derzeit in der Regel mindestens zwei Unterrichtsfächer unterrichten, an Grundschulen sogar drei.
Bereits im März hatte die Kultusministerkonferenz (KMK) ein umfassendes Reformpaket für die Lehrkräftebildung beschlossen. Dieser Beschluss ermöglicht den Ländern, neue duale Lehramtsstudiengänge einzurichten. Dabei werden drei verschiedene Modelle vorgeschlagen, um die Theorie und Praxis im Studium zu integrieren. Die KMK betont jedoch, dass diese Modelle nicht als neues Standardformat dienen sollen, sondern lediglich als zusätzliche Möglichkeit. Somit liegt es in der Verantwortung der einzelnen Bundesländer, wie das duale Lehramtsstudium ausgestaltet wird.
Der Deutsche Philologenverband (DPhV) warnte die KMK trotz Lehrkräftemangels davor, Konzepte zur einphasigen, ausbildungsintegrierenden, dualen Lehramtsausbildung zu akzeptieren (Lehrer News berichtete). Ein Argument der DPhV-Vorsitzenden Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing war, dass das duale Modell die Anwahl der grundständigen Lehrerbildung gefährde. “Ich sehe hier die Gleichwertigkeit der beiden sich gegenüberstehenden Modelle nicht, sondern eine Absenkung des geforderten fachlichen und fachdidaktischen Leistungsniveaus sowie Probleme bei der notwendigen Betreuung im ausbildungsintegrierenden dualen Modell”, kritisierte Lin-Klitzing.
Fest steht: Es fehlen Lehrkräfte, weshalb die Schulen in der Zukunft zunächst auf Quereinsteiger:innen angewiesen sein werden. Die Gründe für die Abwanderung der Lehrkräfte sind vielseitig. Von den 2573 Lehrkräften, die im Schuljahr 2023/24 gingen, verließen 952 ihren Dienst aufgrund von Kündigungen – 314 durch die Lehrkräfte selbst, 11 durch die Dienstherren und der Rest durch Vertragsauflösungen. 286 Lehrer:innen gingen in den Ruhestand, 512 aufgrund einer Dienst- oder Erwerbsunfähigkeit, 24 aufgrund von Tod, 48 wurden in ein anderes Bundesland versetzt und 659 verließen den Dienst wegen des Vertragsablaufs.
Der Schulleiter der Johanna-Eck-Schule in Berlin, Engin Catik, ist von dem Konzept, auf Quereinsteiger:innen zurückzugreifen, überzeugt. Seiner Meinung nach bringen die Quereinsteiger:innen ein neues “Mindset” mit, das dem Schulsystem guttut und Veränderung hervorbringen kann. “Wenn aber zu viele Menschen gleichzeitig bei uns den Quereinstieg versuchen, dann ist das eine Herausforderung. Denn das ist nicht nur eine große Belastung für den neuen Lehrer, sondern auch für die anderen Lehrer”, betont Engin. Aus diesem Grund muss für einen gelingenden Quereinstieg die Motivation der Berufsanfänger:innen stimmen, eine kooperative Schulleitung vorhanden sein und das Kollegium unterstützend zur Seite stehen. Ein umfangreiches Mentoring ist daher von großer Bedeutung und erfordert zusätzliche Finanzhilfen des Landes. Um langfristig ein stabiles und qualitativ hochwertiges Bildungssystem zu schaffen, sollte künftig nicht nur die Ausbildung von Quereinsteiger:innen erfolgen, sondern auch die Attraktivität des Lehrerberufs erhöht werden.