Am 22. September wählen die Menschen in Brandenburg einen neuen Landtag. (Quelle: Creative Commons, Canva)
Nach den Wahlen in Thüringen und Sachsen stehen am 22. September in Brandenburg die nächsten Landtagswahlen in Ostdeutschland bevor. Während der Wahlkampf geprägt ist von Diskussionen um nationale und internationale Themen, wie zum Beispiel der Migration oder Ukraine-Hilfe, geraten landespolitische Themen immer mehr in den Hintergrund. Eines der zentralen Themen, die auf der Länderebene entschieden werden, ist die Bildungspolitik.
Im Bildungsmonitor 2024 landete Brandenburg zuletzt nur auf dem vorletzten Platz im Vergleich mit den anderen Bundesländern (Lehrer News berichtete). Angesichts drängender Herausforderungen wie dem akuten Lehrkräftemangel, der unzureichenden schulischen Infrastruktur und den wachsenden Defiziten in den Grundkompetenzen von Schüler:innen besteht dringender Bedarf für Reformen. Das bestätigt auch eine Umfrage des ifo Instituts, bei der die Teilnehmer:innen aus Brandenburg den Schulen sowie der brandenburgischen Bildungspolitik schlechte Noten erteilten (Lehrer News berichtete). Daher wollen wir beleuchten, welche Ansätze die Parteien mit ihren Wahlprogrammen verfolgen und welche Veränderungen sie umsetzen wollen.
Die SPD, die seit 1994 das Bildungsministerium in Brandenburg führt, wirbt in ihrem Wahlprogramm damit, die begonnenen Maßnahmen fortzusetzen und auszubauen. Angesichts des akuten Lehrkräftemangels plant die SPD, die Ausbildung von Lehrkräften in Brandenburg zu intensivieren und Quereinsteiger:innen den Weg in den Lehrberuf zu erleichtern. Gleichzeitig sollen pensionierte Lehrer:innen durch Anreize, wie finanzielle Boni, länger im Schuldienst gehalten werden. Um Schulen im ländlichen Raum, die in der Regel besonders vom Lehrkräftemangel betroffen sind, abzusichern, soll das “Landlehrerstipendium” ausgebaut werden. Angehende Lehrkräfte werden dabei während ihres Studiums finanziell gefördert, wenn sie sich dazu verpflichten, für eine gewisse Zeit an einer Schule im ländlichen Raum Brandenburgs zu unterrichten.
Ein weiterer Schwerpunkt der SPD liegt auf der Förderung der Grundkompetenzen in den Kernfächern Deutsch und Mathematik, insbesondere in den Grundschulen. Hier sollen neue Programme wie ein “Rechenband” eingeführt werden, um zusätzlich zum bestehenden “Leseband” gezielte Fördermaßnahmen zu etablieren. Dabei handelt es sich um ein Rechen-, beziehungsweise Lesetraining, das die Grundkompetenzen der Schüler:innen verbessern soll. Schulen können selbst darüber entscheiden, ob sie an den Programmen teilnehmen möchten.
Im Bereich der Digitalisierung setzt die SPD auf den Ausbau digitaler Lernmittel und den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Unterricht. Schulen sollen besser mit digitalen Endgeräten ausgestattet und die Integration von digitalen Lehr- und Lernmethoden ausgebaut werden. Außerdem möchte die SPD die Schulen durch zusätzliche Sozialarbeiter:innen und Verwaltungskräfte ausstatten. Gleichzeitig soll der Bürokratieabbau an Schulen vorangetrieben werden, um Lehrkräfte zu entlasten und ihnen mehr Raum für pädagogische Aufgaben zu geben. Die Inklusion soll an Kitas und Schulen weiter ausgebaut werden.
Die CDU, die als bisheriger Koalitionspartner der SPD das Bildungsministerium gerne übernehmen würde, fokussiert sich stark auf die Stärkung der Grundfertigkeiten in den Schulen. Mit der Einführung eines verpflichtenden letzten Kita-Jahres für Kinder, die Sprachdefizite aufweisen und der sogenannten “Lesen-Schreiben-Rechnen-Garantie” am Ende der vierten Klasse, möchte die CDU sicherstellen, dass alle Kinder die Grundkompetenzen beherrschen. Damit das gelingt, soll das “Leseband” für alle Grundschulen verpflichtend werden. Zudem setzt die Partei auf eine verpflichtende Notenvergabe ab der dritten Klasse und regelmäßige Leistungskontrollen, um den Bildungsfortschritt der Schüler:innen besser zu dokumentieren.
Im Bereich der Digitalisierung strebt die CDU eine flächendeckende IT-Infrastruktur für alle Schulen an. Gleichzeitig soll der Einsatz digitaler Lernmittel verstärkt und der Fokus auf eine moderne und praxisnahe Vermittlung von Medienkompetenz gelegt werden. Ziel der CDU ist es, das Bildungssystem zukunftsfähig zu machen und gleichzeitig auf traditionelle Bildungswerte zu achten.
Um dem Lehrkräftemangel entgegenzuwirken, will die CDU verstärkt Lehrkräfte aus dem Ausland, insbesondere aus Polen, rekrutieren. Darüber hinaus plant die Partei, ein “Brandenburg-Stunde”-Modell einzuführen, bei dem Lehrer vorübergehend eine zusätzliche Stunde pro Woche unterrichten und dafür entsprechend vergütet werden. Das gegliederte Schulsystem mit Förderschulen soll nach der CDU weiterhin Bestand haben.
Die Grünen setzen in ihrem Programm stark auf Inklusion und Chancengleichheit. Sie plädieren dafür, Schüler:innen länger gemeinsam lernen zu lassen und den Ausbau von Gesamtschulen zu fördern. Dadurch sollen Kinder und Jugendliche gleiche Zukunftschancen haben, unabhängig von Geld, Herkunft oder Wohnort. Zudem wollen sie den Zugang zum Lehramtsstudium erleichtern und weitere Studienstandorte in Brandenburg schaffen, um dem akuten Lehrkräftemangel entgegenzuwirken.
Ein weiteres zentrales Thema der Grünen ist die Digitalisierung der Schulen. Dabei geht es den Grünen nicht nur um die technische Ausstattung, sondern auch um die Vermittlung von Medienkompetenz und den verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien. Die Grünen legen außerdem Wert auf die Demokratisierung des Schulalltags. Schüler:innen sollen stärker in ihre eigenen Lernprozesse einbezogen werden, indem sie mehr Mitspracherechte in der Gestaltung des Unterrichts und des Schulalltags erhalten.
Die AfD setzt sich für eine Rückkehr zu traditionellen Bildungsprinzipien ein. Im Mittelpunkt ihrer Bildungspolitik stehen dabei auch die Kernfächer Deutsch und Mathematik, die gestärkt werden sollen. Dafür soll in den Grundschulen wieder mehr Frontalunterricht stattfinden und ein stärkerer Fokus auf Rechnen, Schreiben und Lesen gelegt werden. Weiterhin sollen frühere Lernmethoden wie das Auswendiglernen von Gedichten wieder eingeführt werden. Dafür möchte die AfD die erste Fremdsprache an Grundschulen genauso streichen, wie zum Beispiel die Sexualaufklärung. Darüber hinaus plant die AfD, Grundschulen zu “digitalfreien Räumen” zu machen und die Nutzung von Smartphones und Tablets an Schulen bis zur sechsten Klasse zu verbieten.
Ein umstrittenes Vorhaben der AfD ist die Einführung einer Obergrenze für den Migrationsanteil an Schulen. Die Partei fordert, dass der Anteil von Schüler:innen mit Migrationshintergrund auf maximal zehn Prozent begrenzt wird, um ihrer Ansicht nach eine bessere Integration und den Erhalt des Leistungsprinzips zu gewährleisten. Zudem spricht sich die AfD gegen Inklusion aus und möchte stattdessen Förderschulen stärken. Um dem Lehrkräftemangel entgegenzuwirken, spricht sich die AfD ebenfalls für weitere Studienorte für das Lehramt in Brandenburg aus, gleichzeitig sollen Lehrkräfte, die nicht aus Deutschland kommen, nicht ausgebildet und angeworben werden.
Die Linke setzt sich für eine grundlegende Reform des Bildungssystems ein. Ihr zentrales Anliegen ist der Ausbau von Gemeinschaftsschulen, die das gemeinsame Lernen von Schüler:innen bis zur zehnten oder sogar bis zur 13. Klasse ermöglichen sollen. Außerdem sollen duale Ausbildungsmodelle stärker gefördert werden. Inklusion spielt für die Linke eine zentrale Rolle, und sie fordert mehr Personal und Ressourcen für Schulen, um allen Kindern gleiche Bildungschancen zu bieten. Die zusätzlichen Mittel für die Schulen sollen unter anderem in die Digitalisierung investiert werden, um den Schüler:innen den Zugang zu modernen Lernmitteln zu ermöglichen.
Ein weiteres Anliegen der Linken ist die Abschaffung von Schulgeld und die Einführung eines kostenfreien Mittagessens für alle Schüler:innen. Damit sollen insbesondere Kinder aus einkommensschwachen Familien unterstützt werden. Zur Bekämpfung des Lehrkräftemangels fordert die Linke eine bessere Bezahlung im Referendariat und Anreizsysteme, um junge Lehrkräfte für den ländlichen Raum zu gewinnen.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) kritisiert die derzeitige Bildungspolitik als unzureichend und setzt sich für einen Kurswechsel ein. Die Partei betont die Notwendigkeit, die Kernkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen in den Grundschulen zu sichern. In diesem Zusammenhang fordert das BSW ein Verbot von Smartphones und Tablets im Unterricht bis zur vierten Klasse, da diese nach Ansicht der Partei das Erlernen von Grundkompetenzen erschweren.
Ein weiteres zentrales Anliegen des BSW ist die Reduzierung der Klassengrößen. Die Partei möchte die Zahl der Schüler:innen pro Klasse auf maximal 25 begrenzen, um den Lehrkräften eine intensivere Betreuung zu ermöglichen. Lehrkräfte sollen durch den Abbau bürokratischer Hürden entlastet werden, um sich auf ihre Aufgaben als Pädagog:innen zu konzentrieren. Außerdem soll es mehr Sozialarbeiter:innen an den Schulen in Brandenburg geben.
Die Landtagswahl 2024 in Brandenburg wird entscheidend dafür sein, welche Richtung die Bildungspolitik des Bundeslandes in den kommenden Jahren einschlagen wird. Im bundesweiten Vergleich schneidet Brandenburg seit Jahren schlecht ab. Während die SPD davon überzeugt ist, die Weichen für die Zukunft bereits gestellt zu haben und die angestoßenen Reformen einfach weiterhin konsequent umsetzen zu müssen, sehen die anderen Parteien in einigen Bereichen der Bildungspolitik die Notwendigkeit eines Kurswechsels.
Nach aktuellen Umfragen haben bei den Landtagswahlen am 22. September die vorgestellten Parteien realistische Chancen, in den Landtag einzuziehen. Während BVB/Freie Wähler aus dem Landtag auszuscheiden drohen, wird nach aktuellen Umfragen die FDP erneut den Sprung in den Landtag in Potsdam verpassen. Die Ergebnisse der Wahl werden im Laufe des Wahlabends bekanntgegeben.