Mehr Unterricht für Referendare in Berlin: Scharfe Kritik an geplanten Maßnahmen der Bildungsverwaltung

Eine Frau steht vor einer Tafel, welche mit Formeln gefüllt ist, sie verschränkt die Arme

Die Pläne der Berliner Bildungsverwaltung zur Erhöhung des Stundenkontingents von Referendaren stoßen auf scharfe Kritik (Quelle: CCNull)

Berlin. Referendare an Berliner Schulen sollen ab Sommer mehr unterrichten. Wie aus einem Schreiben der Bildungsverwaltung vom Mittwoch hervorgeht, sollen Lehramtsanwärter ab Sommer zehn statt bisher sieben Stunden pro Woche unterrichten. Kritik kam prompt von Gewerkschaften und Verbänden, die auch eine weitere geplante Neuerung kritisieren.

Die Referendare sollen nach ihrem Ausbildungsstart so bald wie möglich vorrangig oder ganz selbständig unterrichten, heißt es in dem Schreiben der Bildungsverwaltung. Ziel sei es, den Unterricht an den Schulen abzusichern.

Die Bildungsgewerkschaft GEW übte am Donnerstag scharfe Kritik an dem Schritt. Die Erhöhung des Stundenkontingents würde die Ausbildungsbedingungen deutlich verschlechtern. “Der Senatorin steht offenbar das Wasser bis zum Hals. Um ihre bisher erfolglosen Bemühungen zur Gewinnung neuer Lehrkräfte zu kaschieren, legt sie jetzt die Axt an die Qualität der Ausbildung der angehenden Lehrer:innen und erhöht deren Unterrichtsverpflichtung”, kritisierte Martina Regulin, Vorsitzende der GEW Berlin.

Die GEW Berlin wertet das Schreiben der Senatorin an die Schulleitungen auch als Aufruf zum Rechtsbruch. Denn die aktuelle Ausbildungsordnung für das Referendariat sieht vor, dass sich die Aufteilung der drei Arten des Ausbildungsunterrichts (selbstständiger Unterricht, Unterricht unter Anleitung und Hospitation) nach dem Ausbildungsstand richtet. Damit soll sichergestellt werden, dass die Referendar:innen Zeit für Hospitation und Teamteaching haben. „Eine höhere Unterrichtsverpflichtung ohne Betreuung und Unterstützung verschärft den Druck auf die Lehramtsreferendar:innen und wird zu höheren Abbruch- und Durchfallquoten führen”, so Regulin.

Die Bildungsverwaltung plant darüber hinaus, den Schulen für das kommende Schuljahr 300 Stellen für spezielle Profilstunden zu streichen. Die Vereinigung der Gymnasialschulleiter (VOB) sprach sich gegen diese Maßnahme aus. Laut ihren Berechnungen würden dadurch an Gymnasien 20 bis 60 Stunden pro Woche entfallen, was zur Folge hätte, dass einige Kurse möglicherweise nicht mehr stattfinden könnten. Zudem müssten die Oberstufenkurse voraussichtlich in wesentlich größeren Gruppen unterrichtet werden.

In einem offenen Brief haben sich jüngst die Leitungen von zwei Drittel aller Berliner Gymnasien an Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) gewandt. 63 Schulleiterinnen und Schulleiter fordern in dem Schreiben, die angekündigten Stellenkürzungen zurückzunehmen. Die Schulleiter betonen, dass sie im kommenden Schuljahr bereits zugesagte Kurse für Schülerinnen und Schüler streichen müssten. Zudem könnten Wahlpflichtkurse für die Jahrgangsstufen 8 bis 10 nicht stattfinden, und auch die Kurse der gymnasialen Oberstufe wären nicht gewährleistet.

Die Berliner Bildungsverwaltung betont, dass es sich nicht um Sparmaßnahmen handelt. Stattdessen gehe es darum, angesichts des bundesweiten Lehrkräftemangels den regulären Unterricht für mehr Schülerinnen und Schüler auch an bisher unterversorgten Schulen zu gewährleisten. Besonders erwähnt werden dabei Schulen in schwierigen Lagen, also Brennpunktschulen. Die Bildungsverwaltung fordert die Schulen zudem auf, unbesetzte Lehrerstellen in andere Positionen wie Erzieher, Sozialarbeiter oder Musiktherapeuten umzuwandeln. Für das neue Schuljahr wurden laut Angaben der Bildungsverwaltung über 4.000 Einstellungsverfahren eingeleitet. Wie viele Stellen noch unbesetzt sind, wurde jedoch nicht angegeben.

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