Berlin. Seit 1996 hat laut Gesetz jedes Kind ab dem vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt Anspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz. Die Realität sieht jedoch anders aus. Aktuell fehlen für das Jahr 2023 über 384.000 Kita-Plätze. Im Westen des Landes ist der Bedarf an Betreuungsplätzen dabei signifikant höher als im Osten. Über 360.000 Plätze fehlen im Westen, gerade mal etwas über 21.000 im Osten. Eltern klagen und kämpfen um einen Betreuungsplatz, “die Hütte brennt", betont die Juristin Nele Trenner, die auf Kita-Platz-Klagen spezialisiert ist.
Der Personalmangel macht die aktuelle Kita-Situation nicht einfacher. Zu dem bereits vorhandenen Personal fehlen rund 99.000 Betreuer:innen. Die Kosten für die Betreuenden würden sich auf 4,3 Milliarden Euro pro Jahr an Personalkosten belaufen, wobei auch hier die Verteilung der Kosten zum Großteil auf den Westen fällt. Neben zusätzlichen Kosten für Betriebs- und Baukosten stellt sich die Frage, wie man dem Personalmangel entgegenwirken kann.
Der größte Mangel an Kita-Plätzen fällt dabei auf Nordrhein-Westfalen. Hier werden über 100.000 Plätze benötigt. Ganz im Gegenteil zu Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen: Hier sind genug Betreuungsplätze vorhanden. Die Stadtstaaten weisen ebenfalls Defizite in der Kita-Platz Versorgung auf. In Berlin braucht es 17.000 Kita-Plätze, in Bremen 5.400 und in Hamburg 3700.
Der größte Bedarf an Kita-Plätzen wird für Kinder unter drei Jahren vorgesehen. In Westdeutschland sind das ganze 250.300 fehlende Plätze, im Osten 20.700.
“Trotz des massiven Kita-Ausbaus in den vergangenen Jahren finden noch immer zu viele Eltern keinen Platz für ihre Kinder", meint Anette Stein von der Bertelsmann Stiftung. Das ist in doppelter Hinsicht untragbar: Die Eltern müssten die Betreuung selbst organisieren, während den Kindern ihr Recht auf professionelle Begleitung in der frühkindlichen Bildung vorenthalten wird. Schon jetzt ist abzusehen, dass sich der gesetzlich verankerte Rechtsanspruch auf einen Platz in der Kindertagesbetreuung auch 2023 vielerorts nicht einlösen lässt. Ähnliche Ansichten teilt auch Christine Finke, Stadträtin in Konstanz. Sie ist der Meinung, dass sich die aktuelle Situation stark verschlechtern würde und das System kurz vor dem Zusammenbruch sei.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation in diesem Jahr weiterentwickelt und ob eines Tages jedes Kind einen ihm zustehenden Kita-Platz bekommen wird. Die Aussichten darauf sind aktuell weniger vielversprechend.