Prävention im Unterricht – Rechten Ideologien entgegentreten

Rechtspopulistische Parteien haben in den vergangenen Jahren in der Gesellschaft in Deutschland an Einfluss gewonnen. Ein aktuelles Beispiel veranschaulicht, wie gefährlich ideologische Einflussnahme enden kann, Reichsbürger und moderne Rechte versuchen immer wieder die verfassungsmäßige Ordnung in Deutschland abzusetzen und schrecken mittlerweile auch vor massiver Gewalt nicht mehr zurück, wie der aktuell Artikel der Tagesschau zeigt. Radikale Rechte befeuern antidemokratische und rassistische Ideologien, missachten Fakten und verbreiten Verschwörungstheorien, um den politischen Diskurs zu verdrehen. Krisensituationen wie die Corona-Pandemie oder die Herausforderungen einer Klimakrise werden bewusst  instrumentalisiert und vereinnahmt.

Die Begriffe „Volk“ und „Elite“ werden in Gegenüberstellungen von Rechtspopulisten als exklusive Anti-Establishment-Haltung vertreten, um sich von anderen Parteien abzugrenzen. Das „Volk“ versteht sich, in der Realität von Rechtspopulisten, als ausgegrenzte und auserwählte Minderheit, dieser Minderheit steht eine abgehobene Elite in Politik, Medien und Justiz  gegenüber. Häufig geht es Rechtspopulisten nicht um die reale Ausgrenzung, die sie selbst meist nicht erleben, sondern um die Angst vor Verlust. Schon seit Langem werden Nationalsozialismus und seine Folgen im Unterricht kritisch thematisiert, die Aufarbeitung der NS-Zeit ist fest in den Bildungsplänen verankert. 

Die Aufklärung über Extremismus in Geschichte und Gegenwart ist in unserer demokratischen Gesellschaft gerade in Zeiten von Krisen, Konflikten, Flucht und Unsicherheit, wie wir sie gegenwärtig erleben, wichtig, um Schüler:innen mit den Gefahren und Risiken, die sich daraus ergeben, zu konfrontieren. Besonders junge Erwachsene sind empfänglich für extremistische Gruppen, die sie scheinbar auffangen, ihnen Sicherheit und Stabilität geben oder eine Art von Familie bieten. Werte wie Toleranz, Selbstbestimmung und Freiheit, gesicherte Grundrechte und das Leben in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung sollten Schüler:innen ständig vor Augen gehalten werden. Ihnen sollte bewusst sein, dass diese Werte in unserer heutigen Zeit keine Selbstverständlichkeit mehr sind, weder in der Schule noch im Alltag und diese verteidigt werden müssen. 

Die Bildungspläne sehen für die Fächer Gemeinschaftskunde, Gesellschaftslehre und Sozialkunde vor, den Schüler:innen Kompetenzen im Bereich des politischen Willensbildungsprozesses sowie demokratische Prozesse in der Gesellschaft zu vermitteln. Mögliche Warnsignale zu verstehen und zu erkennen, beispielsweise politischen Extremismus, die Ablehnung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, Stereotypen oder ideologischen Dogmatismus. Die Schüler:innen sollen dabei  Kompetenzbereiche in den Bereichen Empathie, Toleranz und reflektierter und verantwortlicher Lebensführung erhalten. Doch wie kann Empathie durch Arbeitsblätter vermittelt werden? Durch die Einbeziehung von digitalen Tools wie Apps im analogen Unterricht können in der Vermittlung Brücken zwischen Schulalltag und digitaler Lebenswelt der Schüler:innen geschaffen werden. Zum Beispiel Twitter-Kommentare von User:innen nutzen und zeitgeschichtliche Ereignisse diskutieren, eine demokratische Streitkultur im Unterricht schaffen. Aktuelle Zusammenhänge zu realen Ereignissen können dabei helfen, Themen wie den Ukraine Krieg oder die vergangene italienische Parlamentswahl, in der die post-faschistische Partei Fratelli d’Italia („Brüder Italiens“) unter Giorgia Meloni gewonnen hatte, tiefgreifender im Unterricht mit den Schüler:innen zu analysieren und Parallelen zu Unterrichtsthemen herzustellen.

Projekte und  Apps als Intervention gegen Rechts? 

Arbeitsaufgaben in der didaktischen Vermittlung können die Erarbeitung eines Plakates, von Flugblättern, Broschüren, Zeitschriften, Webseiten oder eines Blogs sein, um den Unterricht aufzulockern. Gerade durch die voranschreitende Digitalisierung verlegen sich aktuelle politische und gesellschaftliche Debatten in den digitalen Raum. Bestimmte Apps können zusätzlich im Unterricht unterstützen, Themen wie Rechtsextremismus und Nationalsozialismus durch multimediale Inhalte lebendiger im Klassenraum zu vermitteln. Ein Beispiel hierfür ist das Spiel „Hidden Codes", (iOS/Android) das für den Einsatz im Unterricht konzipiert wurde. Es ist als App entwickelt worden und kann auf dem Smartphone gespielt werden. In einem simulierten sozialen Netzwerk setzen sich die Schüler:innen mit dem Thema rechte und islamistische Radikalisierung auseinander. Die Schüler:innen lösen in einer Episode-Reihe verschiedene Fälle, indem sie mit realitätsnahen Charakteren chatten, deren Profile durchstöbern und auf Posts und Kommentare anderer Nutzer:innen reagieren. Geeignet ist die App für Jugendliche ab 14 Jahren. Auf Anfrage bei der Bildungsstätte Anne Frank e.V. erhalten Lehrkräfte Zugang zur App sowie Begleitmaterialien. Außerdem bietet die Bildungsstätte begleitende Schulungen für Pädagog:innen zu Themen wie Radikalisierung, Rassismus und Antisemitismus. Auch die App „Stand-Up” (iOS/Android) soll Schüler:innen helfen, gegen Populismus zu argumentieren.  Themen wie Verschwörungsideologien, Fake News, Gewalt Metaphern oder Hate Speech halten dabei schon länger in den Smartphones von Schüler:innen Einzug. Die App soll dabei Jugendliche ab 14 Jahren unterstützen, auf populistische Aussagen durch einen demokratischen und wertschätzenden Dialog reagieren zu können. Thematisch behandelt die App neben verschwörungsideologischen und rassistischen Inhalten auch Antisemitismus, Antiziganismus, Homophobie sowie Ausländerfeindlichkeit. Zusätzlich erhalten die Schüler:innen Hintergrundinformationen und allgemeine Hinweise zur deeskalierenden Gesprächsführung. Initiativen wie die  Schule ohne Rassismus Schule mit Courage setzen  sich seit über 25 Jahren mit zahlreichen Projekten und Hilfestellungen für ein offenes und tolerantes Schulbild ein. Bevor eine Schule dabei zu einer Schule mit Courage wird, stimmen die Schüler:innen selbstverpflichtend dafür sich gegen Diskriminierung und Rassismus einzusetzen. Dabei müssen mindestens 70 Prozent der gesamten Schülerschaft zugestimmt haben. Das Projekt ist an die Bedingung der Selbstverpflichtung geknüpft, das heißt, die Schüler:innen setzen sich selbständig mit ihrer Schulkultur auseinander. Auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes zusammen mit dem Cornelsen Verlag setzt sich mit dem Praxisprojekt „fair@school - Schulen gegen Diskriminierung“ für ein demokratisches Zusammenleben ein. Demokratische Einzelprojekte, die kontinuierlich an Schulen durchgeführt werden, können Schüler:innen helfen, ihre Selbstwirksamkeit zu erkennen und  das Schulbild aktiv mitzugestalten. 

Politikunterricht kann dabei nicht nur digitaler, sondern lebendiger gestaltet werden. Das praktische Lernen etabliert dabei ein neues Verständnis von Lernprozessen in den Schulen,  die aktive Auseinandersetzungen mit aktuellen Debatten aus dem Lebensalltag der Schüler:innen fördern kann. Die Institution Schule kann dabei einen wichtigen Beitrag leisten, um Jugendlichen ein demokratisches und  tolerantes Zusammenleben zu vermitteln. Einen Ort der Möglichkeiten zur Mitbestimmung und Partizipation. 

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