Ruf der Tiefe: Heute ist internationaler Tag der Höhlen und unterirdischen Welten

Es gibt immer einen Grund zu feiern! Wer das für blinden Optimismus hält, der muss nur einen Blick in die Liste der Jahrestage 2023 werfen. Für das aktuelle Jahr sind hier mehr als 400 nationale und internationale Aktions-, Gedenk- und Welttage verzeichnet – das sind mehr feierliche Anlässe als Tage im Jahr. Mögen die Berechtigung vom Welttag des Purzelbaums (27. Mai) oder dem Tag des Deutschen Butterbrotes (29. Mai) streitbar sein, setzen andere Tage wie beispielsweise der Weltnichtrauchertag (31. Mai) dringliche Zeichen. Selbstverständlich steht auch der heutige Tag unter einem Leitsatz: Ausgehend von den Französischen Speläologischen Vereinigungen wurde in einer internationalen Übereinkunft der 6. Juni als Tag der Höhlen und der unterirdischen Welten festgelegt. Dass es sich dabei nicht bloß um einen weiteren Punkt auf einer „Die kuriosesten Feiertage der Welt“- Liste handelt, zeigen laufende Bestrebungen, diese Initiative als UNESCO-Projekt zu nominieren. UNESCO Welttage gedenken berühmten Persönlichkeiten und wichtigen historischen Ereignissen. Wir zeigen euch, wieso der Höhlentag in diesem Zusammenhang durchaus seine Berechtigung hat und warum Höhlen darüber hinaus ein erstklassiges Unterrichtsthema sind!

Zunächst einmal alles auf Anfang. Die Menschheitsgeschichte begann in der Steinzeit. In der Steinzeit war Stein der wichtigste Werkstoff – daher auch der Name. Die Menschen dieser Epoche werden im Volksmund häufig als “Höhlenmenschen” bezeichnet. Auch wenn man heute weiß, dass die frühen Menschen bereits selbstgebaute Hütten bevorzugten – Höhlen waren häufig sehr kalt und dunkel – so boten Hohlen dennoch einen gewissen Schutz und waren vor allem kulturell bedeutsam. Davon zeugen heute noch Höhlenmalereien auf der ganzen Welt.   

Quelle: Blautopf.de

Eine ganze Reihe solcher alt- und mittelsteinzeitlicher Fundstellen befinden sich am Südrand der Schwäbischen Alb im Ach-, Blau und Lonetal. So wurde das Geißenklösterle im Achtal bei Blaubeuren bereits 2017 von der UNESCO zum Welterbe ernannt. Das Geißenklösterle gehört zu den wichtigsten altsteinzeitlichen Fundstellen der Welt. Es ist die erste modern gegrabene Fundstelle, daher sehr gut erforscht und gilt unter Forschern als Referenzfundstelle für die Altsteinzeit Europas. Man fand in dieser Höhle 40.000 Jahre alte figürliche Kunstwerke aus Mammutelfenbein sowie drei kleine Flöten, die weltweit zu den ältesten Nachweisen für Musikinstrumente und somit menschlicher Kultur zählen. Trotz der spektakulären Funde ist die Höhle in ihrer Erscheinung eher unscheinbar.

Umso imposanter wirkt daneben der sogenannte Blautopf (ebenfalls in Blaubeuren), die zweit wasserreichste Karstquelle Deutschlands. Bekannt ist die Quelle für ihre intensive blaue Färbung, hinter der ein physikalischer Effekt steckt: Das Tageslicht wird an nanoskaligen Kalkpartikeln gestreut. Durch die  geringe Größe der Partikel wird blaues Licht bevorzugt gestreut und erzeugt das blaue Leuchten. Dieses Phänomen trägt den Namen Rayleigh-Streuung. 

Forschungstaucher in den 1950er Jahren machten jedoch die Entdeckung, dass das wahre Wunder unter dem Wasser der Quelle liegt: In etwa 20 Meter Tiefe stießen sie auf den Eingang zu einem massiven Höhlensystem, das heute als eines der größten in ganz Deutschland gilt. Nach derzeitigem Forschungsstand beträgt die Gesamtlänge der Blautopfhöhle 16,8 Kilometer. In dem weitverzweigten Höhlensystem sammeln sich immense Wassermassen, die dann am Blautopf an die Oberfläche drängen. Der hohe Wasserdruck hat so im Laufe der Zeit einen trichterförmigen Quelltopf mit einem Durchmesser von etwa 40 Metern an der Oberfläche ausgespült, der bis in eine Tiefe von 22 Metern reicht. Bevor die Erforschung des Blautopfs Mitte des vergangenen Jahrhunderts begann, mussten immer wieder Märchen und Mythen als Erklärung für das Naturschauspiel herhalten. So wurde die Wasserfärbung einst dadurch erklärt, dass täglich ein Fass voller Tinte in die Quelle geschüttet würde. Ein weiterer Volksglauben besagte, dass der Blautopf bodenlos sei.

Grundriss der Blautopfhöhle. Quelle: Blautopf.de
Wasserspiegelung der Gipslappen in der Barbarossahöhle. Quelle: Redaktion

Als sagenumwoben gilt auch die Barbarossahöhle im Nationalen GeoPark Kyffhäuser im Norden Thüringens. Der Sage nach soll Kaiser Friedrich I. Barbarossa in einem unterirdischen Schloss solange schlafen, bis Deutschland geeint ist. Sein Bart wächst um einen runden Tisch. Bis jetzt reicht er zweimal herum, doch wenn er die dritte Runde beendet hat, beginnt das Ende der Welt oder Barbarossa wacht auf und beginnt seine Herrschaft erneut. Und es heißt, bis dahin werde kein guter Kaiser mehr kommen. Wen solche Legenden kalt lassen, der lässt sich vielleicht von den Besonderheiten der Barbarossahöhle beeindrucken. Die 13.000 m² große Höhle ist eine von weltweit nur zwei existierenden Schauhöhlen im Anhydritgestein und damit eine geologische Rarität. Wenn Anhydrit Wasser aufnimmt, wird es zu Gips. Das Ergebnis sind bis zu ein Meter lange Gipslappen die bizarr von der Decke der Höhle hängen. Zudem befindet sich in der Höhle einige Seen mit kristallklarem Wasser, in dem die Spiegelungen der Gipslappen doppelt imposant wirken. Entdeckt wurde die Höhle 1865 beim Vortrieb eines Stollens für den Kupferschieferbergbau. Außergewöhnlich für die damalige Zeit: Die Interessen des Bergbaus wurden zugunsten der Erschließung und Präsentation des Naturphänomens noch im Folgejahr zurückgestellt.

Dass die internationalen Bemühungen der Erforschung und des Schutzes von Karsterscheinungen und unterirdischer Welten durchaus berechtigt sind, leuchtet mittlerweile wahrscheinlich ein. Um den Schutz der Natur und ihrer Schätze nachhaltig zu gestalten, sollte möglichst schon bei den Kleinsten ein Bewusstsein dafür geschaffen werden. Der heutige Tag der Höhlen und der unterirdischen Welten bietet dafür den perfekten Rahmen. Wir haben euch hier eine Sammlung an Unterrichtsmaterialien zusammengestellt, die bei der Vermittlung behilflich sein können. 

Auf den Spuren der Höhlenmalerei 

Sekundarstufe I: Auf der Internetseite von meinunterricht könnt ihr kostenlose Arbeitsmaterialien zu Höhlen und Höhlenmalerei herunterladen. Das Material eignet sich besonders als Einstieg für jüngere Kinder, da diese hier selbst kreativ werden dürfen. 

Sekundarstufe II: Das gleiche Thema, aber für ältere Kinder aufbereitet, findet ihr auf dieser Website. Hier gibt es unter anderem Arbeitsblätter zu Farbstoffen und Lichtspektren. Diese eignen sich besonders, um im Rahmen des Chemieunterrichts den Blautopf und die Rayleigh-Streuung zu behandeln. Zusätzlich findet ihr hier eine interessante Dokumentation zum Thema „Mythos Blautopf – Expedition ins Dunkel“.

Kalkstein und Verkarstung

Die Internetseite von planet-schule stellt eine kostenlose Unterrichtsreihe zu dem Thema Kalkstein und Verkarstung zum Download bereit. Neben einem spannenden Film zur Thematik gibt es zahlreiche Arbeitsblätter. 

Spannendes Höhlen-Quiz

Auch bei GEOlino gibt es viele spannende Informationen zu Höhlen, die kindgerecht aufbereitet wurden. Das erlernte Wissen kann anschließend in einem Quiz abgefragt werden. 

Am effektivsten lassen sich Schüler:innen aller Altersstufen jedoch wahrscheinlich mit einem Vor-Ort-Besuch in einer Höhle für das Thema begeistern. Hier findet ihr einen Link zu allen 53 Schauhöhlen in Deutschland. In den vergangenen Jahren wurden häufig Sonderaktionen für Kinder anlässlich des Tags der Höhlen und der unterirdischen Welten angeboten. Es lohnt sich also, im Voraus die jeweiligen Internetseiten zu checken. Genauere Informationen zu einer Exkursion zum Blautopf findet ihr zudem in diesem Artikel. 

Wir hoffen, euer Interesse für das Thema Höhlen geweckt zu haben und wünschen euch an dieser Stelle einen frohen internationalen Höhlentag! 

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