Mehr Zeit für Mathematik und Deutsch, mehr “Flexibilität” bei kreativen Fächern: So sehen die Reformpläne für Grundschulen des bayerischen Kultusministeriums aus (Quelle: Commons)
München. Die jüngsten Reformpläne des bayerischen Kultusministeriums sind auf massive Kritik gestoßen. Als Reaktion auf das schlechte Abschneiden in der Pisa-Studie sollen an bayerischen Grundschulen die Fächer Mathematik und Deutsch stärker unterrichtet werden – Kunst, Musik und Werken hingegen zu einem Fächerverbund zusammengeschlossen werden. So zumindest klang es vergangene Woche, als die Pläne erstmals angekündigt worden sind. Jetzt hat das Kultusministerium zurückgerudert und versucht sich an einer Klarstellung.
“Fatal” und “populistisch” nannte der deutsche Musikrat die Vorschläge zur Zusammenlegung der drei Fächer, während gleichzeitig der Religionsunterricht nicht angetastet wird. Auch aus den Reihen des Fachverbands für Kunstpädagogik hagelte es Kritik: “Kunst ist das Fach, in dem alle Kinder lernen, Bilder und visuelle Medien als Schlüssel zum Verständnis unserer komplexen Welt zu lesen, zu gestalten und damit kompetent umzugehen”, sagt Barbara Lutz-Sterzenbach, Professorin für Kunstpädagogik und Visual Literacy an der Universität Passau gegenüber dem Spiegel. Kinder mit Zuwanderungsgeschichte oder von Armut betroffene Familien, die sich keine Zusatzbildung leisten können, seien von Kürzungen der Fächer Kunst und Musik besonders betroffen.
Eine Petition gegen die Zusammenlegung von Musik, Werken und Kunst erreichte 30 Stunden nach ihrem Start durch eine Mutter und eine Lehrerin mehr als 42.000 Unterschriften.
Insgesamt sollte die Stundenzahl an der Grundschule trotz vier zusätzlicher Stunden Deutsch und zwei Stunden Mathematik nicht ansteigen, also musste woanders reduziert werden. Sport und Religion waren zum Tabu erklärt worden, Heimat- und Sachkunde zählt für die Übertrittsnote an weiterführende Schulen. Also blieben Englisch und die kreativen Fächer. Letztlich können die 2418 Grundschulen individuell entscheiden, wo sie Zeit abknapsen.
In einem Schreiben an alle Grundschulen stellte Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) jetzt klar, dass Kunst, Musik und Werken als Einzelfächer grundsätzlich weiterhin einzeln ausgewiesen werden. In dem dreiseitigen Papier betont das Ministerium, es sei keine Streichung ganzer Fächer geplant. Außerdem werde es auch “keine Zusammenlegung von einzelnen Unterrichtsfächern geben”. “Die Schule kann sich dafür entscheiden, den Stundenansatz auf vier Stunden zu reduzieren. Dieser Schritt ist aber nicht zwingend”, heißt es darin. Als Alternative biete sich an, die in der Stundentafel verankerte flexible Stunde für eines der drei Fächer zu verwenden. “Jede Schule entscheidet im Einvernehmen mit der Schulaufsicht eigenverantwortlich und mit Blick auf Schülerschaft, Schulstandort und Schulprofil, welche der gegebenen Flexibilisierungsmöglichkeiten genutzt werden.”