Versäumnisse bei der Digitalisierung: Jetzt wird's teuer

(Quelle: Pixabay)

Hildesheim/Weilheim. Der im Dezember 2021 unterzeichnete Koalitionsvertrag zwischen FDP, SPD und Bündnis 90/Die Grünen sieht die Fortführung des auslaufenden Digitalpakts Schule bis 2030 vor, trotz scharfer Kritik von Seiten des Philologen- und Gymnasialverbands sowie der Opposition. Ab 2024 soll der Digitalpakt 2.0 die Umsetzung der Bildung in die digitale Welt weiter vorantreiben. Dabei ist bereits abzusehen, dass an einigen Schulen eine Verdopplung der Investitionen nötig sein wird.

Der neue Digitalpakt 2.0 soll Schulen deutschlandweit helfen, die Digitalisierung schnell und nachhaltig voranzutreiben. Insbesondere sind Neuanschaffungen von Hardware, der Austausch veralteter Technik sowie Gerätewartungen und Administration geplant. Das klingt verheißungsvoll, jedoch zeigten sich schon beim Vorgängerpakt massive Schwierigkeiten bei der Umsetzung. Spiegel-Recherchen deckten auf, dass bis Anfang 2022 nur 10 Prozent der vorgesehenen Gelder tatsächlich bei den Schulen angekommen waren. Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) versprach daraufhin Besserung. Die Robert-Bosch Gesamtschule in Hildesheim wartete Anfang dieses Jahres allerdings noch immer darauf, dass die Gelder aus dem Digitalpakt endlich abgerufen werden konnten. Lehrer-News hatte über den Bürokratiewahnsinn bei der Antragsstellung berichtet. 

Die Länder und Kommunen haben bisher unterschiedlich stark von dem Digitalpakt profitiert. Eine qualitative Studie der Universität Hildesheim und des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung  ergab, dass bei einem Großteil der Schulen der Status quo nicht berücksichtigt wurde. Demnach profitierten gerade die Schulen, die bereits gut ausgestattet waren. Die Schulen, die hingegen dringend auf die Bundesmittel angewiesen sind, hätten mehr Probleme bei deren Bewilligung gehabt. 

Wie der Münchner Merkur berichtet, wurden  in der Kreisstadt Weilheim vor Jahren IT-Dienstleister mit der Wartung der Computertechnik beauftragt, um Lehrkräfte zu entlasten. Die eigens gegründete “Arbeitsgruppe Schul-IT” des Weilheim-Schongauer Kreistages legte zudem schulübergreifende Hard- und Softwarestandards für den Landkreis fest. Zusätzlich sollte ein entsprechendes „Kreis-Rechenzentrum“ externe Dienstleister überflüssig machen – aufgrund des Personalmangels auf dem IT-Sektor wurden diese Pläne allerdings ad acta gelegt.

Der Kreistag entschied jüngst, dass die Wartung, das Lizenzmanagement für die Software und die Datensicherung weiterhin von externen Dienstleistern übernommen werden sollen. Die Ausschreibung für die neuen Verträge mit einer vierjährigen Geltungsdauer läuft. Dabei zeichnet sich bereits ab, dass die Kosten der Schul-IT sich voraussichtlich verdoppeln werden: Von rund 1,6 Millionen Euro für die letzten vier Jahre auf 2,9 Millionen für die kommenden vier Jahre. Eine immense finanzielle Belastung für die Kreisräte. Kreiskämmerer Norbert Merk übte Kritik an einigen Schulleitern des Landkreises, die bei der Synchronisierung der Hard- und Softwareausstattung bislang nicht mitzögen. Dies treibe die Kosten nur noch weiter in die Höhe, da „wir dann 13 verschiedene Varianten hätten“, äußerte er gegenüber Merkur. 

Auf Bundesebene wären einheitliche Standards ebenfalls sinnvoll, das gilt sowohl für die “technische Ausstattung” als auch für “pädagogische Konzepte”, meint Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe. Auch im Norden Deutschlands sind höhere Investitionen bei der Digitalisierung nötig. An der Robert-Bosch-Gesamtschule werden  sich die Kosten für die Digitalisierung mindestens verdoppeln, prognostiziert der Schulleiter Rene Mounajed. Aktuell investiert die Stadt Hildesheim bereits Millionen Euro, um ihre Schulen digitaler zu machen. 

Verschärft werde die Situation durch den Fachkräftemangel und eine Knappheit an externen Firmen, erklärt Schulleiter Rene Mounajed in einem Interview mit dem NDR. Dennoch sei die Fortführung des Digitalpaktes Schule als Digitalpakt 2.0 wichtig, meint Frederik Harkort, einer der Initiatoren der Initiative der deutschen digitalen Bildungsanbieter (iddb). Harkort fordert darüber hinaus, die zeitliche Begrenzung bis 2030 aufzuheben. Viele Schulen seien abgeschreckt, Förderungen zu beantragen, da sie Sorge hätten, die Wartung von Geräten nicht finanzieren zu können, wenn der Digitalpakt nicht langfristig gesichert sei. 

Der Einsatz von IT in der Schule wird immer wichtiger, eine schnelle, effiziente und vor allem flächendeckende Digitalisierung ist dringend notwendig. Die Hoffnungen liegen auf dem, teils skeptisch beäugten, Digitalpakt 2.0. Es wird sich zeigen, ob mit Hilfe der neuen Gelder endlich an allen Schulen ein Mindeststandard in puncto Digitalisierung erreicht werden kann. Lehrer-News wird das Thema weiter im Auge behalten. 

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