Erst schleppend, dann spektakulär – mit der Digitalisierung der deutschen Bildungslandschaft ist es so eine Sache. Flossen beträchtliche Fördersummen für Schulen kürzlich noch in elementare Ausstattung, die seit Jahrzehnten die technologische Basis durchschnittlicher Privathaushalte bilden, ging es Mitte dieses Jahres dann plötzlich ganz rasant voran. Und zwar in NRW, wo das Ministerium für Schule und Bildung ein Leuchtturmprojekt zur Implementierung von Virtual Reality in den Schulalltag ins Leben rief.
Doch mit Inbetriebnahme der Headsets aktiviert sich auch das Pendel zwischen Fortschritt und Fürsorge – und wirft die Frage auf, ob virtuelle Lernwelten wirklich nur mit Vorteilen gesegnet sind, oder auch Gefahren mit sich bringen.
Insbesondere Eltern und Lehrkräfte fragen sich, welche Risiken bestehen und wie diese minimiert werden können. Dieser Artikel soll Einblicke gewähren und Chancen, technische Herausforderungen sowie Herausforderungen mit Blick auf die Integration von Virtual Reality (VR) in den Schulunterricht ebenso aufzeigen, wie mögliche Lösungsansätze für mehr Sicherheit und Effektivität durch Kombination verschiedener digitaler Tools.
Eine der spannendsten Aspekte bei der Einführung von VR im Unterricht ist der Mehrwert, der durch die Verknüpfung der Technologie mit bereits etablierten Tools besteht – etwa Tablets und Smartboards. So können Tablets nicht nur in der zentralen Steuerung von VR-Headsets dienlich sein, etwa um die Lernenden in Gruppen einzuteilen und Inhalte gezielt entlang der individuellen Stärken und Schwächen auszuspielen, sondern auch im Miteinander nach der VR-Sequenz. Ebenso das Smartboard.
Einer Studie der University of Maryland zufolge macht unser Gehirn keinen signifikanten Unterschied zwischen realen Erlebnissen und in virtuellen Lernwelten Erlebtem; das führt zum einen dazu, dass wir uns an VR-Sequenzen besser erinnern als beispielsweise an eine gelesene Buchseite – zum anderen aber auch dazu, dass das Erlebte durch unsere ganz individuellen Filter läuft, also unserer Auffassung entsprechend interpretiert und sortiert wird.
Dies nun im Plenum des Klassenzimmers zusammenzuführen, zu skizzieren, zu besprechen, evaluieren und interpretieren, das sind die großen Stärken “sozialer” Lerntools wie dem Smartboard oder vernetzten Tablets.
Damit entsteht multipler Mehrwert – einerseits ermöglicht diese Kombination aus VR und etablierten digitalen Helfern den SuS einen wertvollen Perspektivwechsel und schärft Empathie und soziale Intelligenz, andererseits adressiert sie die Sorge, dass bald “nur noch mit Bildschirm vor dem Kopf gelernt wird”. Und zu guter Letzt entsteht durch das Hands-On-Lernen eine Medienkompetenz, die die SuS auf eine zunehmend technologisierte und digitalisierte Zukunft vorbereitet.
Wenn Eltern hören, dass ihre Kinder in der Schule VR nutzen sollen, entstehen oft Ängste – und das aus gutem Grund. Zu den häufigsten Fragen gehören:
Die physische Sicherheit ist ein entscheidender Faktor. Damit Kinder sich im virtuellen Raum bewegen können, muss der reale Raum sorgfältig vorbereitet werden. Hindernisse wie Tische oder Stühle sollten entfernt werden, um Verletzungen zu vermeiden. Zur doppelten Absicherung erscheinen im virtuellen Raum grelle Raster, sollten die SuS sich physischen Hindernissen wie Wänden nähern. Zudem empfiehlt es sich, die Nutzung zeitlich zu begrenzen. Experten raten zu Sitzungen von 15 bis 20 Minuten, um eine Überanstrengung der Augen zu verhindern. Somit fügt sich Virtual Reality als genau das in den Unterricht ein, als was es gedacht ist: Eine Ergänzung zum konventionellen Lehren und Lernen.
Ein weiterer kritischer Punkt ist der Datenschutz. Viele VR-Systeme sammeln Daten, etwa zur Bewegungsanalyse oder Interaktionen in der virtuellen Welt. Schulen sollten darauf achten, dass nur Geräte genutzt werden, die den gesetzlichen Vorgaben entsprechen, und klar kommunizieren, wie Daten verarbeitet werden. Das angesprochene MSB-Projekt aus NRW setzt dabei auf für den schulischen Einsatz konzipierte Endgeräte, die keinerlei personenbezogene Daten sammeln.
Zu guter Letzt: Auch die Inhalte selbst spielen ebenfalls eine Rolle. Ihr als Lehrkräfte tragt die Verantwortung, altersgerechte und didaktisch wertvolle Inhalte auszuwählen. Eine vorab durchgeführte Prüfung der Materialien ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass keine störenden oder ungeeigneten Elemente enthalten sind.Um dabei zu unterstützen, bieten sich Komplettlösungen an – die nicht nur auf technologischer Ebene ein “ready to go”-System bieten, sondern auch mit kuratierten und sorgfältig kategorisierten Inhalten aufwarten können. Das Ministerium für Schule und Bildung in NRW setzt dabei gemeinsam mit der Deutschen Telekom Business Solutions GmbH auf die Lösungen des deutschen EdTech-Spezialisten VIL.
Die Verbindung von VR mit anderen digitalen Werkzeugen wie Tablets und Smartboards eröffnet ganz neue Möglichkeiten im Klassenzimmer. Anders als bei isolierten Technologien schaffen diese Synergien eine nahtlose Integration in den Unterricht, die nicht nur praktisch, sondern auch didaktisch wertvoll ist.
Lehrkräfte können mit einem Tablet den Unterricht flexibel anpassen, Inhalte anhalten oder erneut erklären und auf spontane Fragen eingehen. Das Smartboard ermöglicht es, dass die gesamte Klasse die VR-Erlebnisse in Echtzeit mitverfolgt und ihre Eindrücke im Nachgang synchronisiert, was die Grundlage für gemeinsame Diskussionen und Reflexionen bildet. Tablets können darüber hinaus als interaktive Werkzeuge genutzt werden, etwa um Quizfragen zu stellen oder Notizen zu teilen, die direkt mit den VR-Inhalten verknüpft sind. Diese Interaktivität fördert nicht nur das Engagement der Schülerinnen und Schüler, sondern auch ihre Fähigkeit, das Gelernte kritisch zu hinterfragen.
Beispiele aus dem Chemieunterricht verdeutlichen dies: Lernende nutzen VR, um Experimente beliebig oft reproduzierbar und ohne den Einsatz von Schadstoffen und Gefahren durchzuführen, und tragen ihre Ergebnisse im Nachgang über vernetzte Tablets und Smartboards zusammen; ein Quiz, um das vermittelte Wissen tiefer zu verankern, kann ebenfalls über das Tablet ausgespielt werden, und durch den Gamification-Aspekt die Motivation zum Erbringen von Leistung steigern.
Auch in den Themen der Zeit, etwa Diversity und Diskriminierung, kann dieses Modell immense Möglichkeiten eröffnen. So bietet Virtual Reality die Möglichkeit, Szenarien nicht nur zu lesen oder als Film darzureichen und sie letztlich der eigens gefilterten Fantasie zu überreichen, sondern diese auch vermeintlich real zu erleben. Man stelle sich dies nur mal im Rassismuskontext vor – zum Beispiel um eine von Rassismus nicht betroffene Person die Vielzahl an abwertenden Blicken sowie respektlosen Ansprachen und das allgemeine Unwohlsein nachempfinden lassen können. Eine solch intensive Erfahrung verlangt natürlich nach einer pädagogischen Begleitung und Einordnung durch die Lehrkräfte.
Dieser Perspektivwechsel kann bei geschickter didaktischer Einbettung nicht nur für die Bildung entlang des Fächerkanons, sondern vor allem für die Gesellschaft von großem Wert sein.
So vielversprechend der Einsatz von VR im Klassenzimmer also auch ist, so groß sind die Hürden des Einstiegs. Neben der technischen Komplexität ist auch die Preisintensität ein großes Thema, das Schulen und Bildungseinrichtungen skeptisch stimmt. Zudem gehen mit dem Tandem aus Hard- und Software auch potenzielle Störungen einher, die durch regelmäßige Wartungen minimiert werden müssen. All das erzeugt Mehraufwand, den es gegen den Mehrwert aufzuwiegen gilt.
Auch hier setzt VIL (kurz für Virtuelles Interaktives Lernen) bewusst nah an der herausfordernden Zielgruppe “Schule” an – mit einem hochgradig intuitiven Komplettsystem, das die Komplexität auf ein Minimum herabsenkt und über Medienzentren in NRW sowie die ZfsL auszutesten ist.
Ein oft unterschätzter Punkt ist die Gefahr der Ablenkung. Je mehr Technologien im Raum sind, desto leichter verlieren Schülerinnen und Schüler den Fokus. Hier sind klare Strukturen, gut geplante Unterrichtseinheiten und eindeutige Aufgabenstellungen entscheidend, um die Konzentration aufrechtzuerhalten.
Virtual Reality kann, wenn sie richtig eingesetzt wird, das Klassenzimmer bereichern. Die Kombination mit Tablets und Smartboards erhöht nicht nur die Sicherheit beim Einsatz der Technologie, sondern auch ihre didaktische Wirksamkeit. Um die Sorgen von Eltern zu verringern, sollten Lehrkräfte und Schulen jedoch transparent kommunizieren, wie VR eingesetzt wird, welche Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden und welchen Mehrwert die Technologie bietet.
Mit einer durchdachten Planung und einem klaren Fokus auf den pädagogischen Nutzen kann VR zu einer gewinnbringenden Erweiterung des Instrumentenkastens der deutschen Bildungslandschaft werden, die den Unterricht erlebbar macht und Schülerinnen und Schüler auf eine ganz neue Art und Weise zum Lernen motiviert. Doch wie bei allen neuen Technologien gilt: Der Schlüssel zum Erfolg liegt nicht in der Technik selbst, sondern in der Art und Weise, wie ihr sie einsetzt.