(Quelle: Envato)
San Francisco. Die Nutzerzahl des OpenAI Chatbots ChatGPT hat zwischen Mai und Juni 2023 deutlich abgenommen – die Zugriffe auf die Website sind um rund zehn Prozent gesunken, was es bisher noch nie gab. Gleichzeitig wird ChatGPT in Deutschland und in anderen Ländern mit Datenschutzproblemen und weiterer Kritik konfrontiert. Nach Einschätzungen von Analysten ist der große Hype um den neuartigen Chatbot vorbei.
ChatGPT kam im November 2022 auf den Markt und zog unmittelbar viel Aufmerksamkeit auf sich – schon im Januar verzeichnete die Website rund 100 Millionen aktive Nutzer:innen im Monat. Damit entwickelte sich die Software zu einer der am schnellsten wachsenden Apps aller Zeiten. Nun erlebt ChatGPT allerdings einen ersten Tiefpunkt. Zu diesem Ergebnis kommt das Analyseunternehmen Similarweb, nach dessen Angaben der weltweite Zugriff auf die Website im Vergleich zum vorherigen Monat Mai 2023 um 9,7 Prozent gesunken sei. Zugleich sind aber nicht nur die Besuche auf der Website zurückgegangen, auch die Downloadzahlen von ChatGPT sind im gleichen Zeitraum um 38 Prozent gesunken, wie CNBC berichtet. Dieser Einschnitt könnte ein Zeichen dafür sein, dass die weitverbreitete Faszination für den Chatbot vorüber ist.
Über die Gründe für diesen Einschnitt lassen sich bisher nur Vermutungen anstellen. Ein möglicher Faktor liegt bei den Nutzer:innen selbst: Möglich ist, dass viele von ihnen das umfangreiche Angebot von ChatGPT nur im Probemonat nutzen und nicht verlängern, während zusätzlich nicht ausreichend neue Benutzer:innen gewonnen werden können, die für ein stetiges Wachstum der Software sorgen. Das könnte daran liegen, dass das anfänglich große Interesse an dem Chatbot mit der Zeit immer weiter schwindet. Erschwerend hinzu kommt, dass die Konkurrenz auf dem Gebiet der OpenAI-Modelle in der Zwischenzeit aufgeholt hat, wie zum Beispiel die Microsoft-Bing-App.
Mittlerweile wird auch die Kritik an ChatGPT immer lauter. Während Regulierungen für den Umgang an Schulen sowie Universitäten gefordert werden und der UN-Generalsekretär vor den Gefahren der KI warnt, wird mittlerweile auch an der Seriosität des Chatbots gezweifelt. Beispielsweise hat eine Wissenschaftlerin aus Zürich, Teresa Kubacka, ChatGPT anhand ihres PhD-Themas getestet. Auf Twitter hält sie ihre Ergebnisse fest und berichtet, wie ChatGPT falsche oder nicht existierende Quellenangaben genannt und sogar physikalische Phänomene frei erfunden hat – so gut formuliert, dass selbst Expert:innen Probleme hätten, dies zu erkennen: “Bitten Sie ChatGPT nicht, Ihnen sachliche, wissenschaftliche Informationen bereitzustellen. Es wird eine unglaublich plausibel klingende Halluzination erzeugen. Und selbst ein qualifizierter Experte wird Schwierigkeiten haben, herauszufinden, was falsch ist”, warnt Kubacka in ihrem Tweet.
Auch im Bereich des Datenschutzes wird ChatGPT kritisch begutachtet. In Italien ist die Software nach aktuellem Stand aus datenschutzrechtlichen Gründen verboten, da sie nach Ansicht der Datenschutzbehörde personenbezogene Daten unrechtmäßig verarbeitet und über kein Altersverifikationssystem für Kinder verfügt. In Deutschland dagegen ist die Nutzung von ChatGPT weiterhin möglich, jedoch wird die Software genau beobachtet und als problematisch eingestuft. Besonders ausschlaggebend sind hier das aktuell geltende Datenschutzrecht und die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), vor deren Hintergrund die Verwendung von personenbezogenen Daten bei ChatGPT für den Lernprozess, bei den Eingaben von Nutzer:innen und der Transparenz der Verarbeitung problematisch sind. Weitere Entwicklungen sind hier noch unklar, allerdings sollten Nutzer:innen des Chatbots diese Lücken innerhalb der Datenverarbeitung ernst nehmen.
Ein weiterer Kritikpunkt, der viele Nutzer:innen nachdenklich stimmen könnte, sind die Ergebnisse einer Studie von Forschenden der University of California Irvine und der University of Texas Arlington: Sie zeigen, wie “durstig” ChatGPT ist, da die entsprechenden Rechenzentren, die für das Training und den Betrieb der KI gebraucht werden, einen hohen Energiebedarf haben und entsprechend gekühlt werden müssen. Im Falle von ChatGPT wird der Wasserverbrauch im Training auf 700.000 Liter geschätzt – eine durchschnittliche Unterhaltung (25 bis 50 Fragen) mit der Software entspricht laut Forschenden einem halben Liter Trinkwasser, der weggeschüttet wird.
Wie sich die Lage rund um ChatGPT weiterentwickelt, ob die Nutzerzahlen auch in diesem Monat auf einem Tiefstand bleiben und wie es um ein datenschutzrechtliches Verbot des Chatbots steht, wird sich in Zukunft zeigen.