AfD-Wahlprogramm 2025: Welche Ideen die Partei zur Bildungspolitik hat

Von
Marie-Theres Carl
|
13
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February 2025
|
| sponsored

Bildungspolitische Vorhaben der AfD: Welche Veränderungen hat die Partei für Schulen, Hochschulen und Berufsbildung geplant? (Quelle: Canva)

Die Bundestagswahl 2025 kommt früher als geplant, notwendig geworden durch das vorzeitige Ende der Ampel-Koalition und die Auflösung des Parlaments im Dezember. Am 23. Februar entscheiden die Wähler:innen, welche Parteien in den nächsten Bundestag einziehen und welche Konstellationen zu einer Mehrheit führen können – und somit auch, welche Weichen zukünftig in der Bildungspolitik gestellt werden. Das vergangene Jahr hat erneut gezeigt, dass das deutsche Bildungssystem unter enormem Druck steht – anhaltender Lehrkräftemangel, schleppende Digitalisierung, ungleiche Bildungschancen und marode Schulgebäude.

Zahlreiche Bildungsstudien belegten Defizite und machten Handlungsbedarf deutlich. In dieser Artikelserie werfen wir einen detaillierten Blick auf die geplante Bildungspolitik der Parteien und beleuchten, welche Vorschläge und Maßnahmen sie für die kommende Bundestagswahl präsentieren. Neben dieser Analyse haben wir auch die Bildungsteile in den Wahlprogrammen weiterer Parteien untersucht: SPD, CDU/CSU, Die Grünen, BSW sowie FDP und Linke, wobei der Einzug letzterer in Bundestag laut Umfragen noch unsicher ist. 

Anmerkung der Redaktion: Die Reihenfolge der Parteien in dieser Artikelserie ist zufällig gewählt. Die Links zu den Analysen der weiteren Wahlprogramme werden sukzessive ergänzt, sobald die jeweiligen Artikel veröffentlicht sind.  

Das Wahlprogramm der AfD

Die Alternative für Deutschland (AfD) hat ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2025 auf ihrem Bundesparteitag am 11. und 12. Januar im sächsischen Riesa beschlossen. Bis zum Redaktionsschluss dieses Artikels hat die Partei noch keine offizielle Endfassung veröffentlicht, sodass die Analyse auf dem vorliegenden Entwurf basiert. Dieser trägt den Titel “Leitantrag der Bundesprogrammkommission – Programm der Alternative für Deutschland für die Wahl zum 21. Deutschen Bundestag”.

Das Programm umfasst 78 Seiten Inhalt (ohne Paratexte wie Inhaltsverzeichnis, Vorwort usw.) und gliedert sich in drei Themenbereiche. Der erste Abschnitt, Zeit für Wohlstand, behandelt wirtschafts- und sozialpolitische Themen wie Infrastruktur, Rente, Gesundheit, Finanzen, Steuern sowie Landwirtschaft und Umwelt. Im zweiten Teil des Programms, Zeit für Sicherheit, geht es um äußere und innere Sicherheit sowie Asyl- und Migrationspolitik. Der dritte und letzte Abschnitt trägt die Überschrift Zeit für Zusammenhalt und widmet sich Themen wie Demokratie, Rechtsstaat, Familienpolitik sowie Bildung, Wissenschaft, Technologie, Kultur und Medienpolitik. Der bildungspolitische Teil des Programms erstreckt sich über die Seiten 77 bis 80. Hier werden die Positionen der Partei zu Schule, Hochschule und Wissenschaft dargelegt.

Anmerkung der Redaktion: Die AfD hat inzwischen ihr vollständiges Wahlprogramm als endgültige Fassung veröffentlicht. Es trägt den Titel “Zeit für Deutschland. Programm der Alternative für Deutschland für die Wahl zum 21. Deutschen Bundestag” und ist unter diesem Link zu finden. 

Welche Ideen die AfD für die Bildungspolitik hat

Schulbildung 

Die AfD will das bestehende mehrgliedrige Schulsystem fortführen, um Schüler:innen entsprechend ihrer individuellen Fähigkeiten zu fördern. Eine Vereinheitlichung der Schulformen lehnt sie ab, spricht sich jedoch für die Möglichkeit eines Wechsels zwischen ihnen aus. Die Partei fordert, dass das Abitur wieder als eindeutiger Nachweis der Studierfähigkeit dienen soll, während Haupt- und Realschulabschlüsse gezielt auf die Berufsausbildung vorbereiten sollen. Außerdem soll das Bildungssystem leistungsorientierter werden und die Klassenstärken an allen Schularten verringert werden.

Frühkindliche Förderung nimmt in den bildungspolitischen Vorstellungen der Partei einen wichtigen Platz ein. Die Wiedereinführung von Vorschulklassen soll helfen, sprachliche Defizite und Entwicklungsrückstände bereits vor der Einschulung auszugleichen. Zudem plädiert die AfD für eine Umstellung der Schulpflicht auf eine Bildungspflicht, um mehr Flexibilität bei der Wahl von Bildungswegen zu ermöglichen.

Den Einsatz digitaler Medien im Unterricht betrachtet die Partei mit Zurückhaltung. Besonders in den ersten vier Schuljahren soll der Unterricht weitgehend analog gestaltet werden, um sicherzustellen, dass grundlegende Kompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen gefestigt werden. Digitale Hilfsmittel sieht sie als Ergänzung, jedoch nicht als Ersatz für traditionelle Lehrmethoden. 

Weiterhin fordert die AfD, dass Schulen politisch neutrale Räume sein sollen. Sie kritisiert eine zunehmende ideologische Beeinflussung in der schulischen Bildung und betont, dass Lehrkräfte keine politischen Positionen vertreten und Schüler:innen nicht zur Wahl einer Partei oder Teilnahme an einer Demonstration ermutigen sollen. Im Programm heißt es wörtlich: “Schule ist kein Ort für politische Propaganda. Sie muss den Schülern die Freiheit geben, eigene politische Denkweisen ohne Vorgaben durch Lehrpläne und Unterrichtswerke zu entwickeln.”

Zusätzlich fordert die Partei eine Anpassung von Disziplinarmaßnahmen und rechtlichen Rahmenbedingungen, damit Lehrkräfte verbindliche Regeln im Schulalltag konsequenter durchsetzen können. Sie sieht darin eine Möglichkeit, für mehr Ordnung im Klassenzimmer zu sorgen und Lehrkräfte in ihrer Autorität zu stärken. Die AfD spricht sich dafür aus, dass es weiterhin Privatschulen in Deutschland geben soll. 

Berufliche Bildung

Die AfD sieht einen wachsenden Trend zur Akademisierung und findet diesen problematisch. Deshalb setzt sie sich für eine stärkere Aufwertung der beruflichen Ausbildung ein. Sie sieht einen zunehmenden Fachkräftemangel im Handwerk und in technischen Berufen als Herausforderung, der mit gezielter Förderung der dualen Ausbildung begegnet werden soll.

Ein zentraler Aspekt ist die engere Verzahnung von Schulen und Wirtschaft. Die AfD schlägt vor, Kooperationen mit Unternehmen und Handwerkskammern auszubauen, um Schüler:innen frühzeitig für eine Ausbildung zu gewinnen. Sie erhofft sich davon, dass verstärkt praxisnahe Karrierewege wahrgenommen werden und eine ausgewogenere Verteilung zwischen akademischer und beruflicher Qualifikation entsteht.

Um die Attraktivität handwerklicher Berufe zu steigern, fordert die Partei eine stärkere gesellschaftliche Anerkennung von Ausbildungswegen. Unter dem Motto “Mehr Meister statt Master” setzt sie sich dafür ein, dass handwerkliche Abschlüsse nicht hinter akademischen zurückstehen sollen. Zudem sollen Maßnahmen ergriffen werden, um die Zahl der Ausbildungsabbrüche zu reduzieren und den Einstieg in eine berufliche Laufbahn zu erleichtern.

Hochschulbildung

In der Hochschulpolitik verfolgt die AfD einen klaren Kurs gegen die bestehenden Studienstrukturen. Sie kritisiert den Bologna-Prozess als gescheitert und fordert die Rückkehr zu den vorherigen Diplom- und Magisterabschlüssen. Die Modularisierung des Studiums sieht sie als Einschränkung der akademischen Freiheit und als Ursache für eine Verschulung der Universitäten.

Für die Zulassung von Studierenden sollen Hochschulen nach Ansicht der Partei größere Autonomie erhalten. Sie fordert die Einführung von Aufnahmeprüfungen und Eignungstests, um die Auswahl der Studierenden nicht allein von Schulnoten abhängig zu machen. Gleichzeitig plädiert sie für eine Stärkung der Grundfinanzierung der Universitäten, um die Abhängigkeit von Drittmitteln zu reduzieren.

Die Partei betont zudem die Bedeutung der Wissenschaftsfreiheit. Sie spricht sich dafür aus, dass Hochschulen frei von “ideologischer Einflussnahme” bleiben sollen. Wörtlich steht im Programm: “Die zunehmende Einflussnahme „woker“ Ideologie auf die Universitäten und die Repression gegen unliebsame Dozenten ist zu beenden.” Darüber hinaus fordert sie, dass Studierende aus Nicht-EU-Staaten “angemessene” Studiengebühren zahlen sollen, um zur Finanzierung der deutschen Hochschulen beizutragen.

Inklusion

Eine vollständige Inklusion von Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf sieht die AfD sehr kritisch. Sie argumentiert, dass spezialisierte Schulen eine gezieltere Betreuung ermöglichen würden, sodass Schüler:innen mit Förderbedarf dort die “umfassende Unterstützung [erhalten würden], die die Regelschule nicht leisten kann” und sowohl Lehrkräfte als auch Mitschüler:innen von Regelschulen entlasten würden. 

Deshalb fordert die Partei den Erhalt der Förderschulen als reguläre Bildungsstätten für Schüler:innen mit besonderen pädagogischen Anforderungen. Es soll zwar weiterhin die Möglichkeit bestehen, zwischen Regelschule und Förderschule zu wählen, dennoch heißt es im Wahlprogramm, dass die „Förderschule [...] wieder zum Regelfall für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden“ sollte.

Migration und Bildung

Die AfD sieht unzureichende Sprachkenntnisse als eine der größten Hürden für den schulischen Erfolg von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Sie fordert daher verpflichtenden Deutschunterricht für Schüler:innen, die die Sprache nicht ausreichend beherrschen. Dieser soll sicherstellen, dass sie dem Regelunterricht folgen können und ihre Integration ins Bildungssystem erleichtern.

Religiöse Sonderregelungen im Schulalltag lehnt die AfD ab. Sie fordert, dass alle Schüler:innen unabhängig von ihrer Glaubenszugehörigkeit an sämtlichen Unterrichtseinheiten teilnehmen sollen. Laut des Programms will die Partei Schüler:innen “keine Sonderrechte aufgrund ihres Glaubens” zugestehen, weshalb eine einheitliche Anwendung schulischer Vorschriften gefordert wird. Sie lehnt islamischen Religionsunterricht an Schulen ab, da sie befürchtet, dass dieser die Bildung von “Parallelgesellschaften” fördern könnte. 

Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz

In den vergangenen Jahren rückte die AfD immer stärker in den Fokus des Verfassungsschutzes. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die Partei sowie ihre Jugendorganisation Junge Alternative (JA) als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein – eine Einstufung, die das Oberverwaltungsgericht Münster im vergangenen Jahr bestätigt hat.

Inzwischen wurde die JA als gesichert rechtsextremistisch eingestuft, weshalb die AfD auf ihrem Parteitag im Januar 2025 die Gründung einer neuen Jugendorganisation beschlossen hat. Die neue Organisation soll enger an die Partei gebunden sein, offenbar mit dem Ziel, einer möglichen Verbotsprüfung der JA zuvorzukommen. Am 31. März 2025 wird die Junge Alternative aufgelöst, nachdem sie als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wurde. Die AfD plant als Ersatz die “Patriotische Jugend”, die stärker an die Partei und ihre Satzung gebunden sein soll​. 

In einzelnen Bundesländern geht die nachrichtendienstliche Einschätzung noch weiter: In Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt gilt die AfD als gesichert rechtsextremistisch, was bedeutet, dass die Landesbehörden “tatsächliche Anhaltspunkte” für verfassungsfeindliche Bestrebungen sehen. 

Die Einstufung einzelner AfD-Landesverbände als gesichert rechtsextremistisch bedeutet, dass die jeweiligen Verfassungsschutzbehörden keinen Zweifel daran haben, dass ihre Strukturen aktiv gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet sind. Diese umfasst laut Grundgesetz insbesondere die Menschenwürde, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die im Grundgesetz verankerten Grundrechte. Eine solche Einstufung erfolgt erst, wenn über einen längeren Zeitraum hinweg hinreichend gewichtige und belastbare Anhaltspunkte gesammelt wurden.  

In anderen Bundesländern, darunter Bayern, Hessen, Niedersachsen und Brandenburg, wird die AfD weiterhin als rechtsextremistischer Verdachtsfall geführt. Der Verfassungsschutz in Mecklenburg-Vorpommern stuft die AfD offiziell nicht als Verdachtsfall oder gesichert rechtsextrem ein. Nach geltender Rechtslage darf in diesem Bundesland nur dann Auskunft über den Umgang mit einer Partei gegeben werden, wenn diese als gesichert extremistische Bestrebung eingestuft wurde.

Was die AfD will – und was sie ausklammert

Die bildungspolitischen Forderungen der AfD folgen einer konservativen Linie, die vor allem bestehende Strukturen erhalten oder wiederherstellen will. Die Partei setzt auf ein leistungsorientiertes Bildungssystem mit klaren Zugangs- und Abschlusskriterien, während Reformen der letzten Jahrzehnte – wie die Vereinheitlichung der Studienabschlüsse, digitale Bildungsstrategien oder Inklusionsmaßnahmen – kritisch betrachtet oder komplett abgelehnt werden. Ihre Positionen heben sich damit deutlich von den Konzepten anderer Parteien ab, die stärker auf Chancengleichheit, Durchlässigkeit und Modernisierung setzen wollen.

An mehreren Stellen im Wahlprogramm spielt die Finanzierung von Bildung eine Rolle. Die Partei fordert eine höhere Grundfinanzierung der Hochschulen und will internationale Studierende aus Nicht-EU-Staaten stärker zur Kasse bitten. Auffällig ist jedoch, dass zentrale Herausforderungen des Bildungssystems, wie der Lehrkräftemangel, marode Schulgebäude oder die generelle Notwendigkeit höherer Investitionen in Bildung und Infrastruktur kaum thematisiert werden.

Die AfD fordert, dass Schulen politisch neutrale Räume sein müssen und kritisiert eine ideologische Beeinflussung im Unterricht. Damit steht die Frage im Raum, inwieweit demokratische Grundwerte als Bestandteil des Lehrplans vermittelt werden können​ und sollen. In der Vergangenheit erregte die Partei mit einer Plattform zur Meldung vermeintlicher Verstöße gegen das Neutralitätsgebot Aufmerksamkeit. Vertreter:innen aus Bildungspolitik und Verbänden verwiesen darauf, dass Schulen laut Bildungsauftrag zur Förderung von Meinungsvielfalt und demokratischer Urteilsbildung verpflichtet sind.​ Inzwischen gibt es eine breitere Debatte über den Begriff der Neutralität an Schulen.

Die Rückkehr zur Förderschule als Regelfall würde bedeuten, dass weniger Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Regelschulen unterrichtet werden. Dadurch entfiele für viele Kinder die Möglichkeit, am Wohnort zur Schule zu gehen, wenn dort keine Förderschule existiert. Soziale Kontakte zu Mitschüler:innen aus der Nachbarschaft könnten verloren gehen, da sie auf andere Schulen verteilt würden. Gleichzeitig hätten Kinder in Regelschulen kaum noch Berührungspunkte mit Schüler:innen, die eine Behinderung oder einen besonderen Förderbedarf haben, was zu weniger Verständnis und einer stärkeren Trennung in der Schulgemeinschaft führen könnte.

Die AfD spricht sich dafür aus, dass alle Schüler:innen unabhängig von ihrer Glaubenszugehörigkeit an sämtlichen Unterrichtseinheiten teilnehmen sollen. Das könnte bedeuten, dass jüdische und muslimische Kinder künftig am christlichen Religionsunterricht teilnehmen müssten, falls keine alternative Regelung geschaffen wird​. Während in einigen Bundesländern bereits bekenntnisneutrale Religionsfächer existieren, gibt es bisher keine einheitliche Lösung auf Bundesebene.

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