Bildungsstudien liefern wichtige Daten und Erkenntnisse, um das Bildungssystem weltweit zu bewerten und zu verbessern (Quelle: Canva)
Wie gut schneiden Schüler:innen in Deutschland im internationalen Vergleich ab? Wie entwickeln sich ihre Leistungen innerhalb der Bundesländer? Diese Fragen sind entscheidend, um die Qualität unseres Bildungssystems zu bewerten und notwendige Schritte zur Verbesserung einzuleiten. Deutschland nimmt deshalb regelmäßig an verschiedenen internationalen und nationalen Schulleistungsstudien teil. Diese Studien bieten nicht nur wertvolle Erkenntnisse für Bildungspolitiker:innen, sondern liefern auch praxisnahe Daten für Lehrkräfte, die ihren Unterricht reflektieren und optimieren wollen.
In Zeiten von Lehrkräftemangel und zunehmend heterogenen Klassen geben diese Studien entscheidende Impulse, um mit begrenzten Ressourcen gezielt auf Schwächen im Bildungssystem zu reagieren. Einige Studien bieten praxisnahe Ansätze, mit denen Lehrkräfte ihren Unterricht effizienter gestalten und ihre Schüler:innen optimal fördern können – selbst in herausfordernden Situationen. Hier erhaltet ihr einen Überblick über die wichtigsten Bildungsstudien und erfahrt, wie sie im Schulalltag direkt angewendet werden können, um das Beste für die Lernenden zu erreichen.
Deutschland hat bei PISA (Programme for International Student Assessment) 2022 vor allem in den Bereichen Mathematik und Lesen die schlechtesten Ergebnisse seit Beginn der Tests im Jahr 2000 erzielt. Rund 30 Prozent der Jugendlichen verfehlten in Mathematik die Mindestanforderungen. Die Pisa-Studie wird seit dem Jahr 2000 alle drei Jahre von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) durchgeführt und testet die Fähigkeiten 15-jähriger Schüler:innen in den Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften. Dabei wird nicht nur das reine Fachwissen abgefragt, sondern auch die Fähigkeit der Schüler:innen, das Erlernte in Alltagssituationen anzuwenden. Zudem befragt PISA die Teilnehmer:innen zu ihrem soziokulturellen Hintergrund, dem Schulklima und ihrer Einstellung zum Lernen.
Besonders aufschlussreich ist der enge Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg — ein zentrales Thema in Deutschland, wo soziale Ungleichheiten die Bildungschancen erheblich verringern. Die PISA-Ergebnisse könnten Lehrkräfte dazu anregen, flexiblere Unterrichtsstrategien zu entwickeln, um den unterschiedlichen Bedürfnissen ihrer Schüler:innen besser gerecht zu werden, etwa durch digitale Tools, Gruppenarbeit oder Peer-Learning.
Bei der TIMSS-Studie (Trends in International Mathematics and Science Study) hat Deutschland im internationalen Vergleich ebenfalls an Boden verloren. Besonders in den Naturwissenschaften schnitten die Viertklässler schwächer ab als in den Vorjahren. Die TIMSS-Studie, die seit 1995 alle vier Jahre durchgeführt wird, untersucht die mathematischen und naturwissenschaftlichen Fähigkeiten von Schüler:innen der vierten und achten Klasse. Die Studie analysiert nicht nur, wie gut Lernende diese Fächer beherrschen, sondern auch, welche Unterrichtsmethoden besonders effektiv sind. TIMSS zeigt deutlich, dass ein praxisnaher und kontinuierlicher Unterricht sowie klare Lernziele zu besseren Ergebnissen führen.
In Zeiten von Lehrermangel und häufigem Unterrichtsausfall ist die Aufrechterhaltung eines regelmäßigen und strukturierten Unterrichts oft eine Herausforderung. TIMSS zeigt jedoch, dass nicht nur die Quantität, sondern vor allem die Qualität des Unterrichts entscheidend ist. Lehrkräfte können Wege finden, die zur Verfügung stehende Unterrichtszeit optimal zu nutzen, z. B. durch fächerübergreifende Projekte oder praktische Aufgaben. Die Ergebnisse der Studie liefern wertvolle Hinweise, wie unter schwierigen Bedingungen effektiver und lernförderlicher Unterricht selbst in großen Klassen gestaltet werden kann.
Die IGLU-Studie (Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung) zeigt einen deutlichen Rückgang der Lesekompetenz bei Viertklässlern in Deutschland. Ein Viertel der Schüler:innen erreicht nicht die internationalen Mindeststandards, was ihre Bildungschancen langfristig beeinträchtigt. Die IGLU-Studie, international als PIRLS (Progress in International Reading Literacy Study) bekannt, untersucht alle fünf Jahre die Lesekompetenz von Viertklässler:innen. Neben der Lesekompetenz wird auch untersucht, wie soziale und ökonomische Faktoren das Leseverhalten beeinflussen. Die Studie liefert wichtige Erkenntnisse darüber, wie Leseförderung frühzeitig gestaltet werden kann und welchen Einfluss das Elternhaus und der Zugang zu Büchern auf die Lesefähigkeit haben.
Diese Ergebnisse sind besonders problematisch, da Lesekompetenz eine Grundvoraussetzung für den weiteren Bildungserfolg ist. Trotz des Fachkräftemangels zeigen die Ergebnisse, dass regelmäßige Leseprojekte und gezielte Leseförderung langfristig positive Effekte haben können. Lehrkräfte könnten durch digitale Lesetools oder die Einbindung der Eltern in die Leseförderung neue Wege erkunden, um die Lesekompetenz der Schüler:innen auch unter schwierigen Bedingungen zu stärken.
Die ICILS-Studie (International Computer and Information Literacy Study) zeigt, dass Deutschland bei den digitalen Kompetenzen von Schüler:innen im internationalen Vergleich nur im Mittelfeld liegt. Die ICILS-Studie wird alle fünf Jahre durchgeführt und untersucht die digitalen Kompetenzen von Schüler:innen der achten Klasse. Dabei wird untersucht, wie gut sie digitale Technologien zur Informationsbeschaffung und -verarbeitung nutzen. Die Studie zeigt, dass Deutschland bei der Vermittlung von Medienkompetenz im internationalen Vergleich hinterherhinkt.
In einer zunehmend digitalisierten Welt ist die Entwicklung dieser Kompetenzen von großer Bedeutung, auch wenn Lehrkräfte oft mit unzureichender technischer Ausstattung und Lehrermangel zu kämpfen haben. Lehrkräfte könnten die Ergebnisse von ICILS zum Anlass nehmen, darüber nachzudenken, wie digitale Lernplattformen und Projektarbeiten, bei denen die Schüler:innen eigenständig digitale Werkzeuge nutzen, in den Unterricht integriert werden können. Solche Ansätze könnten sowohl die Medienkompetenz der Schüler:innen stärken als auch die Vorbereitung und Durchführung des Unterrichts erleichtern. Beispiele für hilfreiche digitale Werkzeuge und Apps im Unterricht finden sich in unseren Toplisten, in denen wir regelmäßig die besten Apps für verschiedene Fächer vorstellen, z.B. für den Politikunterricht, Geographie oder Deutsch als Zweitsprache (DaZ).
Der IQB-Bildungstrend macht deutlich , dass Deutschland bei den sprachlichen Kompetenzen zurückgefallen ist. Im Fach Deutsch verfehlen 32,5 Prozent der Neuntklässler die Mindeststandards. Der IQB-Bildungstrend ist eine bundesweite Studie, die in regelmäßigen Abständen durchgeführt wird - alle drei Jahre für die neunte Jahrgangsstufe und alle fünf Jahre für die vierte Jahrgangsstufe. Dabei wird überprüft, inwieweit die Schüler:innen die von der Kultusministerkonferenz festgelegten Bildungsstandards in den Fächern Deutsch, Mathematik und Naturwissenschaften erreichen. Darüber hinaus zeigt die Studie regionale Unterschiede zwischen den Bundesländern auf.
Die Studie zeigt auch regionale Unterschiede zwischen den Bundesländern auf. Lehrkräfte können diese Informationen nutzen, um gezielt auf regionale Stärken und Schwächen zu reagieren und ihren Unterricht im Hinblick auf die Standards weiterzuentwickeln. Diagnostische Tests auf Basis der Bildungsstandards könnten helfen, den individuellen Lernstand zu erfassen und gezielte Fördermaßnahmen einzuleiten.
Die vorgestellten Bildungsstudien bieten wertvolle Einblicke, die das Verständnis von Bildung weltweit prägen. Diese decken auf, wo Schulsysteme ihre Stärken haben und wo Verbesserungsbedarf besteht. Doch das Bild ist nicht vollständig – Bildung entwickelt sich ständig weiter, und neue Herausforderungen wie die Digitalisierung und soziale Ungleichheiten erfordern innovative Ansätze. Welche anderen Bildungsstudien fallen dir ein, die Lehrkräfte unbedingt kennen sollten? Teile deine Vorschläge und Ideen, um das Lernen und Lehren nachhaltig zu verbessern!