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Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger lud am Dienstag zum Bildungsgipfel in Berlin. Es war eine Veranstaltung, bei der vieles deutlich wurde. Vor allem der gegenwärtige Zustand der bildungspolitischen Debatte.
Zu Beginn des Bildungsgipfels hat Stark-Watzinger (FDP) die besorgniserregende Situation im deutschen Bildungssystem beschrieben. Rund 630.000 junge Menschen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren sind weder in einer Beschäftigung oder Ausbildung noch einer Schule tätig, während 20 Prozent der Grundschüler die vierte Klasse ohne grundlegende Kenntnisse im Lesen, Schreiben und Rechnen verlassen. Es herrscht ein Mangel an Lehrern und pädagogischen Fachkräften, auch im Kindergarten. Zusätzlich ist die Umsetzung der Digitalisierung im Bildungssystem bisher unzureichend.
Die Ministerin kritisierte die unterschiedlichen Datenschutzregelungen in den 16 Ländern und forderte alle Beteiligten im Bildungssystem auf, nicht gegenseitig die Schuld zuzuschieben, da dies keinen positiven Effekt auf das Wissen der Kinder habe. All diese Erkenntnisse und Befunde sind überhaupt nicht neu, sondern leider ziemlich alt. Aber in der Summe können sie einem Angst machen. "Das deutsche Bildungssystem steckt in einer tiefen Krise, die uns alle betrifft", sagte Stark Watzinger in einem Interview in der "Bild".
Bei der Veranstaltung waren rund 600 Teilnehmer dabei, jedoch wurden keine konkreten Entscheidungen getroffen. Stattdessen gab es viel Kritik von externen Stimmen.
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) plant eine Task-Force, bestehend aus Vertretern von Bund, Ländern und Kommunen, um die Zusammenarbeit im Bildungsbereich zu verbessern. Sie betonte, dass die Bildungslandschaft in der Krise stecke. Besonders in wichtigen Bereichen wie der Digitalisierung oder dem von der Ampel geplanten
“Startchancen-Programm” für 4.000 Schulen sei eine engere Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Ebenen, einschließlich Bund und Kommunen, von großer Bedeutung. Wann die von Stark-Watzinger angestrebte Taskforce gegründet wird, wer genau ihr angehören wird, wann erste Ergebnisse präsentiert werden sollen – all das blieb am Dienstag noch vage.
Mit Blick auf das geplante Startchancen-Programm, bei dem insbesondere Schulen in Brennpunkten gefördert werden sollen, plädierte der Hamburger Schulsenator Thies Rabe (SPD) dafür, die Verteilung der Gelder nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel zu überdenken und das Geld vielmehr nach der Betroffenheit der Länder und Kommunen zu verteilen.
Handwerkspräsident Jörg Dittrich äußerte ebenfalls Bedenken bezüglich der zunehmenden Lernrückstände bei Schüler:innen nach der Corona-Krise während des Bildungsgipfels. Er warnte davor, dass sich aus diesen umfassenden Lernlücken eine umfassende Bildungslücke ergeben könnte. Jeder Jugendliche sei wichtig, um sicherzustellen, dass Handwerksbetriebe in der Lage seien, zukünftige Herausforderungen mit gut qualifizierten Fachkräften zu bewältigen. Dittrich forderte eine Bildungswende für Deutschland und betonte, dass Schulen nicht nur auf die Ausbildungsreife, sondern auch auf die Kompetenz bei der Berufswahl als Lernziel achten sollten.
Im Jahr 2008 fand der letzte große Bildungsgipfel statt, der hochkarätig besetzt war. Bei der Neuauflage im Jahr 2023 waren jedoch viele geladene Gäste nicht erschienen, was von einem Zusammenschluss aus Gewerkschaften, Stiftungen und Verbänden kritisiert wurde. Sie bemängelten, dass das diesjährige Format nicht der Dimension der Herausforderungen gerecht werde und forderten einen "echten Nationalen Bildungsgipfel" mit Bundeskanzler und einen "Neustart in der Bildung".
"Die Arbeit passiert an der Basis", entgegnet Bildungsministerin Stark-Watzinger der Kritik. Es sei "old school" zu denken, man mache einen Gipfel und dann seien die Probleme gelöst. Dieses Treffen sei ein erstes Zusammenkommen von Vertretern der Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrer, aber eben auch der Verbände, Wissenschaft und Politik. Eine erste Möglichkeit für Austausch und damit erst der Beginn der Arbeit.
Stark-Watzingers Anstoß, "jenseits der bekannten Formate" zusammenzuarbeiten, soll nun wohl ein Impuls sein, bei dem Streit um die Verantwortlichkeiten in der Bildungspolitik, insbesondere zwischen Bund, Ländern und Kommunen, den Fokus wieder stärker auf den Kern, nämlich die Bildung der Kinder und Jugendlichen, zu lenken. Das geplante Startchancen-Programm der Ampelregierung sei eine Chance, um zu beweisen, dass man zusammenarbeiten kann, sagte Stark-Watzinger. Gleichzeitig gehe es aber auch darum, zu beweisen, dass die Gelder nicht nur im Haushalt auftauchen, sondern wirklich bei den benachteiligten Kindern und Schulen ankommen.
Der Bildungsinfluencer Bob Blume kritisierte in einem Statement den "Bildungshügel" stark: „Im Grunde Genommen war dieses Gipfelchen schon vorbei als es angefangen hat, wenn 14 von 16 Kultusminister:innen absagen bevor es losgeht kann das nur bedeuten, dass keiner den Ernst der Lage wirklich versteht.” Weiterführend erklärt er: „Was in dieser geselligen Podiumsdiskussion vereinbart wurde, ist ja auch nur Schall und Rauch. "Natürlich sollte mehr zusammengearbeitet werden.” Abschließend gab es noch scharfe Worte in Richtung der Teilnehmenden des Gipfels: „Viel problematischer ist auch noch die Tatsache, dass von denen, die dort waren, auch Leute sagen, dass es gar keine strukturellen Probleme geben würde. "Das nenne ich fast schon Realitätsverweigerung.”