Bundestagswahl 2025: Das sind die Bildungsvorhaben der CDU und CSU

Bildungspolitik der Union: Welche Veränderungen und Reformen sind für Schulen, Hochschulen und Berufsbildung geplant? (Quelle: Canva)

Die auf den 23. Februar vorgezogene Bundestagswahl, ausgelöst durch das vorzeitige Ende der Ampel und die Auflösung des Parlaments im Dezember, rückt näher. Die Wähler:innen entscheiden darüber, welche Parteien in den nächsten Bundestag einziehen und somit auch, welche bildungspolitischen Weichen für die Zukunft gestellt werden. Das deutsche Bildungssystem steht vor erheblichen Herausforderungen: anhaltender Lehrkräftemangel, schleppende Digitalisierung, ungleiche Bildungschancen und sanierungsbedürftige Schulgebäude. Die großen Bildungserhebungen haben zuletzt Defizite aufgezeigt und dringenden Handlungsbedarf signalisiert. In dieser Artikelserie analysieren wir die bildungspolitischen Pläne der Parteien für die kommende Bundestagswahl. Neben der CDU/CSU haben wir auch die Programme der SPD, AfD, Grünen, BSW sowie FDP und Die Linke untersucht, wobei der Einzug in den 21. Bundestag bei letzteren noch ungewiss ist.

Anmerkung der Redaktion: Die Reihenfolge der Parteien in dieser Artikelserie ist zufällig gewählt. Die Links zu den Analysen der weiteren Wahlprogramme werden sukzessive ergänzt, sobald die jeweiligen Artikel veröffentlicht sind.

Das Wahlprogramm der Union

Das Wahlprogramm von CDU und CSU für die Bundestagswahl 2025 trägt den Titel “Politikwechsel für Deutschland” und wurde am 17. Dezember 2024 von den Vorständen beider Parteien beschlossen. Auf den ersten neun Seiten bietet das Programm eine Kurzfassung der wichtigsten Inhalte, gefolgt von einer ausführlichen Langfassung mit 70 Seiten. Den Abschluss bildet ein Wahlaufruf auf einer weiteren Seite.

Das Programm ist in vier Abschnitte gegliedert. Der erste Abschnitt Für ein Deutschland, auf das wir wieder stolz sein können gibt auf einer Seite einen Überblick über die zentralen Herausforderungen des Landes und die politischen Leitlinien der Union. 

Der zweite Abschnitt, Unser Plan für ein Land, das wieder Wohlstand für alle schafft, umfasst 26 Seiten und widmet sich wirtschaftlicher Stabilität, Steuerentlastungen und der Förderung von Unternehmen sowie Fachkräften. Themen wie Arbeitsmarktpolitik, Innovationsförderung, Energieversorgung und soziale Sicherungssysteme stehen dabei im Mittelpunkt. 

Im dritten Teil Unser Plan für ein Land, das frei und wieder sicher ist geht es auf 18 Seiten um Themen wie innere und äußere Sicherheit, Migrationspolitik, Rechtsstaatlichkeit, Verteidigung und Europas Rolle in der Welt. 

Der vierte und letzte Abschnitt, Unser Plan für ein Land, das wieder zusammenhält, umfasst 25 Seiten und beschäftigt sich mit gesellschaftlichem Zusammenhalt, Integration, Familienförderung, Bildung, Gesundheitsversorgung, Wohnungsbau und der Modernisierung des Staates. 

Was die Union in der Bildungspolitik verändern möchte

Schulbildung

Die Union betont die Bedeutung einer leistungsorientierten Schulbildung mit klaren Standards und bundesweit vergleichbaren Abschlüssen. Besonders das Abitur soll hohen und einheitlichen Anforderungen unterliegen und zukünftig bundesweit vergleichbar sein. Um die Qualität der Schulbildung zu verbessern, setzt die Partei auf eine stärkere Bildungsforschung und will mehr eigene Daten erheben. Bildungs-, Familien- und Sozialpolitik sollen enger verzahnt werden, um gezielte Fördermaßnahmen für Kinder frühzeitig einzuleiten.

Frühkindliche Sprachförderung soll verpflichtend für Kinder mit Sprachdefiziten werden, um Bildungsungleichheiten zu verringern. Die CDU und CSU fordern: “Jedes Kind, das eingeschult wird, muss Deutsch können” und sieht vor, dass alle Kinder mit Förderbedarf an einem verpflichtenden vorschulischen Programm teilnehmen​ sollen. Zudem soll das Bundesprogramm “Sprach-Kitas” neu aufgelegt werden, um sprachliche Defizite vor Schuleintritt auszugleichen. 

Neben Sprachförderung soll auch körperliche Fitness in den Schulalltag integriert werden. Deshalb wird eine tägliche Sporteinheit von 30 Minuten für Grundschulkinder gefordert. Gleichzeitig sollen Bundesjugendspiele mit Wettbewerbscharakter erhalten und durch die Kultusministerkonferenz gestärkt werden. Dies dient laut Union nicht nur der Gesundheitsförderung, sondern auch der Stärkung des Leistungsprinzips in der Bildung. Am Ende der Grundschulzeit sollen zudem alle Kinder schwimmen können.

Die Digitalisierung soll weiter ausgebaut werden, um den Schulunterricht moderner und interaktiver zu gestalten. Mit dem “DigitalPakt Schule 2.0” wollen CDU und CSU digitale Infrastruktur verbessern und digitale Lehr- und Lernprogramme ausbauen. Gleichzeitig sollen in weiterführenden Schulen “neben [...] Medienbildung und Informatik auch kritisches Denken, Kreativität, Kommunikation und Kollaboration” verstärkt in den Unterricht einfließen​. Außerdem soll Datenschutz auch in der Schule “pragmatisch” geregelt sein, um digitale Möglichkeiten effizient nutzen zu können.

Berufliche Bildung

Die Union setzt sich für eine stärkere Gleichstellung der beruflichen mit der akademischen Bildung ein. Die Schwesterparteien fordern, dass die Gleichwertigkeit von Abschlüssen gesetzlich festgeschrieben wird: “Bund und Länder verankern den Deutschen Qualifikationsrahmen rechtlich in einem Staatsvertrag”. Ziel ist es, die Anerkennung beruflicher Qualifikationen zu verbessern und Karrieren in handwerklichen oder technischen Berufen attraktiver zu machen.

Ein zentrales Anliegen der Unionsparteien ist die Förderung der Berufsorientierung an Schulen. Sie sieht es als entscheidend an, dass junge Menschen frühzeitig über Ausbildungs- und Karrierewege informiert werden. Dazu steht im Wahlprogramm: “Wir wollen die Zahl der Jugendlichen senken, die weder zur Schule gehen noch eine Ausbildung absolvieren oder einer Beschäftigung nachgehen”. Berufsorientierung soll in allen Schulformen eine größere Rolle spielen und bestehende Maßnahmen besser aufeinander abgestimmt werden.

Um die berufliche Ausbildung weiter zu stärken, will die Union die “Allianz für Aus- und Weiterbildung” fortführen. Berufsschulen sollen mit Unterstützung von Arbeitgeber:innen und Kammern modernisiert werden, um den technologischen Wandel besser abzubilden. So soll die berufliche Bildung zukunftsfest werden und insbesondere technische Berufe sollen stärker gefördert und praxisnah weiterentwickelt werden. Auch digitale Lehrformate sollen stärker in die duale Ausbildung eingebunden werden.

Hochschulbildung

In der Hochschulpolitik setzen die Christdemokrat:innen auf Exzellenzförderung und eine Stärkung der Autonomie von Universitäten. Die Partei betont, dass Exzellenz durch Wettbewerb entstehe und Hochschulen sich deshalb stärker auf bestimmte Fachbereiche spezialisieren sollen​. Gleichzeitig sollen Bürokratiehürden für Hochschulen gesenkt werden, um eine flexiblere Forschungsförderung zu ermöglichen.

Die finanzielle Ausstattung von Hochschulen soll verbessert werden, indem sie beispielsweise ihre Forschungsgeräte und Labore gegen Gebühr vermieten dürfen. Dies soll eine zusätzliche Einnahmequelle schaffen und auch Investitionen erleichtern​. Gleichzeitig setzt sich die Union für eine stärkere Einbindung von Hochschulen in die wirtschaftliche Entwicklung ein, indem Kooperationen mit Unternehmen gefördert werden sollen.

Das BAföG soll reformiert werden, um es “auskömmlich” zu gestalten und bürokratische Hürden beim Antrag abzubauen. Im Programm heißt es dazu: “BAföG-Anträge [sollen] künftig einfacher und vollständig digital gestellt, bearbeitet und damit schneller beschieden werden können”. Auch das Auslands-BAföG soll zentral verwaltet und schneller bearbeitet werden, um Studierenden mehr Planungssicherheit zu geben​. Zudem sollen Studierende künftig höhere Zuverdienstmöglichkeiten haben, um ihre finanzielle Lage zu verbessern. Auch Stipendiensätze sollen angehoben werden.

Inklusion

Die CDU und CSU betonen die Bedeutung individueller Bildungsangebote für Schüler:innen mit Förderbedarf und Behinderungen. Neben Inklusionsangeboten sollen Förderschulen als fester Bestandteil der Bildungslandschaft erhalten bleiben: “Wir sorgen für individuelle Bildungsmöglichkeiten für Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen und sehen neben Inklusionsangeboten auch Förderschulen als Bestandteil der Bildungswelt”. Zudem soll die Gebärdensprache als Minderheitensprache stärker gefördert werden. Die Unionsparteien sehen darin einen wichtigen Beitrag zur Chancengleichheit von Menschen mit Hörbehinderungen und wollen deren Teilhabe an Bildungseinrichtungen verbessern​.

Um die Chancen von Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern, sollen sowohl die Vermittlung auf den ersten Arbeitsmarkt als auch Inklusionsbetriebe gestärkt werden. Die Union will gezielte Maßnahmen ergreifen, um den Übergang in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Um Inklusion über den Bildungsbereich hinaus zu stärken, fordert die Union eine bessere Abstimmung von Sozialleistungen für Menschen mit Behinderungen. Eine “integrierte Leistungsplanung” soll Bürokratie abbauen und den Zugang zu Unterstützungsleistungen vereinfachen​.

Was die Union will – und was sie offenlässt

Die Bildungspolitik der Union stellt Leistung, Vergleichbarkeit und individuelle Förderung in den Mittelpunkt. CDU und CSU setzen auf bundesweit einheitliche Standards, insbesondere beim Abitur, und fordern eine engere Abstimmung zwischen Bund und Ländern, um eine bessere Vergleichbarkeit der Schulabschlüsse zu erreichen. Gleichzeitig wird jedoch betont, dass am föderalen Bildungssystem festgehalten werden soll. Während diese Forderungen eine höhere Transparenz und Einheitlichkeit im Bildungssystem schaffen könnten, bleibt unklar, wie stark sich die Länder tatsächlich auf einheitliche Regelungen einlassen würden. Zudem wird nicht thematisiert, ob eine Vereinheitlichung der Anforderungen auch bedeuten könnte, dass in einigen Bundesländern das Niveau gesenkt werden müsste.

Auch in der frühkindlichen Bildung setzt die Union auf klare Vorgaben: Kinder mit Sprachförderbedarf sollen verpflichtend an vorschulischen Programmen teilnehmen. Das Ziel ist, dass alle Kinder mit ausreichenden Deutschkenntnissen eingeschult werden. Hierbei sollen Sprach-Kitas wieder eingeführt werden, um Defizite frühzeitig auszugleichen. Diese Maßnahmen könnten dabei helfen, Bildungsungleichheiten zu verringern, doch die Umsetzung wirft Fragen auf: Woher sollen die Fachkräfte kommen, die für eine flächendeckende Sprachförderung benötigt werden? Und wie sollen diese Programme finanziert werden?

Die berufliche Bildung nimmt einen zentralen Platz in den Plänen der Christdemokraten ein. Die Unionsparteien betonen, dass die duale Ausbildung gestärkt und rechtlich mit der akademischen Bildung gleichgestellt werden soll. Gleichzeitig wird gefordert, dass Jugendliche stärker in Ausbildungsberufe gelenkt werden, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Allerdings bleibt unklar, wie sich der anhaltende Trend zur Akademisierung aufhalten lassen soll. Die steigende Beliebtheit von Studiengängen gegenüber Ausbildungsberufen wird nicht als Problem benannt, und es fehlen konkrete Anreize, um mehr junge Menschen für das Handwerk oder technische Berufe zu gewinnen.

Auch in der Hochschulbildung verfolgt die Union einen leistungsorientierten Ansatz. Universitäten sollen sich stärker auf bestimmte Fachbereiche spezialisieren, während Exzellenz durch Wettbewerb gefördert werden soll. Gleichzeitig setzt die Union auf eine stärkere wirtschaftliche Verknüpfung der Hochschulen: Diese sollen Forschungsgeräte vermieten können und mit Unternehmen kooperieren, um zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen. Während diese Maßnahmen dazu beitragen könnten, die finanzielle Eigenständigkeit der Universitäten zu stärken, bleibt offen, ob dies nicht auch zu einer stärkeren Kommerzialisierung der Hochschulen führen könnte – mit der Folge, dass wirtschaftlich weniger attraktive Fachbereiche ins Hintertreffen geraten.

Auch die soziale Dimension der Hochschulbildung wird angesprochen. Das BAföG soll reformiert werden, indem bürokratische Hürden abgebaut und Verdienstmöglichkeiten für Studierende erhöht werden. Allerdings bleibt offen, ob die angestrebten Maßnahmen dafür ausreichen, um soziale Ungleichheiten im Studium abzubauen. Themen wie überfüllte Universitäten, prekäre Arbeitsbedingungen für wissenschaftliches Personal oder steigende Lebenshaltungskosten werden im Wahlprogramm kaum behandelt.

Beim Thema Inklusion setzt die Union auf einen pragmatischen Ansatz: Förderschulen sollen erhalten bleiben, während zugleich inklusionsfreundliche Maßnahmen an Regelschulen ausgebaut werden sollen. Zudem soll die Gebärdensprache als Minderheitensprache stärker gefördert werden. Diese Maßnahmen könnten für mehr Wahlfreiheit sorgen, doch es bleibt unklar, wie Inklusion an Regelschulen konkret verbessert werden soll. Die Frage nach zusätzlichem Personal, barrierefreier Infrastruktur oder speziellen Fortbildungen für Lehrkräfte wird nicht detailliert behandelt.

Insgesamt verfolgt die Union in ihrer Bildungspolitik eine klare Linie: Leistung, Vergleichbarkeit und wirtschaftliche Anschlussfähigkeit stehen im Fokus. Viele Vorschläge setzen auf bewährte Strukturen und gezielte Optimierungen, während größere Reformen – etwa eine umfassende Strategie zur Bekämpfung des Lehrkräftemangels oder eine stärkere soziale Öffnung des Hochschulsystems – weitgehend ausbleiben. Auch zur Finanzierung vieler Maßnahmen oder des DigitalPakt 2.0 gibt es kaum konkrete Angaben. Damit setzt die Union in ihrem Wahlprogramm auf Kontinuität und punktuelle Anpassungen, vermeidet jedoch größere strukturelle Veränderungen im Bildungssystem.

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