Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) schlägt der Kultusministerkonferenz (KMK) vor, das Thema „Längeres gemeinsames Lernen aller Kinder und Jugendlichen“ auf die politische Tagesordnung zu setzen.(Quelle: GEW)
Frankfurt a.M. – Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) schlägt der Kultusministerkonferenz (KMK) vor, das Thema „Längeres gemeinsames Lernen aller Kinder und Jugendlichen“ auf die politische Tagesordnung zu setzen. „Die Chancengleichheit in der Bildung erhöht sich, wenn die Schülerinnen und Schüler mindestens bis zur 10. Klasse zusammen lernen. Das zeigt das Beispiel der skandinavischen Staaten. Je weniger Selektion, desto besser kann jedes Kind seine Bildungspotenziale entwickeln“, sagte Anja Bensinger-Stolze, GEW-Vorstandsmitglied Schule, am Montag mit Blick auf die Ergebnisse der Studie „Ungleiche Bildungschancen“ des ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München, die heute veröffentlicht worden ist. Die Untersuchung untermauere einmal mehr den engen Zusammenhang zwischen Bildungserfolg und sozioökonomischer Herkunft der Kinder. So seien die Chancen benachteiligter Kinder, ein Gymnasium zu besuchen, nicht einmal halb so groß wie die der Kinder, deren Eltern Abitur haben oder zu der Gruppe mit einem hohen Haushaltseinkommen zählen. „Damit hinkt Deutschland europaweit mit Blick auf die Ausschöpfung der Bildungspotenziale der Kinder und Jugendlichen weit hinterher. Wenn unser rohstoffarmes Land zukunftsfähig bleiben will, müssen wir die Bildungschancen aller dringend verbessern“, betonte Bensinger-Stolze.
„Die KMK muss sich endlich ernsthaft damit befassen, das längere gemeinsame Lernen in den Mittelpunkt ihrer Planungen zu stellen“, so der Vorschlag der Gewerkschafterin: „In den Bundesländern, die Gesamt- und Gemeinschaftsschulen mit der Möglichkeit ein Abitur zu machen oder eine sechsjährige Grundschule vorhalten, sind die Bildungschancen auch für benachteiligte Schülerinnen und Schüler sehr viel besser“, unterstrich Bensinger-Stolze. „Zudem sind flankierende Maßnahmen notwendig: Ausbau der frühkindlichen Bildung, mehr und bessere Sprachförderung sowie eine stärkere Unterstützung armer Familien und der Schulen, die unter schwierigen sozialen Bedingungen arbeiten. Für diese Aufgaben müssen zusätzliche Gelder bereitgestellt werden, die gezielt nach Sozialindex – und nicht mit der Gießkanne – verteilt werden.“ Die GEW-Schulexpertin sieht sich bei ihrem Vorschlagspaket durch die Ergebnisse der Studie und deren Handlungsempfehlungen bestätigt.
Info: Die Daten der neuen ifo-Studie „Ungleiche Bildungschancen: Ein Blick in die Bundesländer“ zeigen, dass die Chance auf einen Gymnasialbesuch der Kinder bei einem niedrigeren sozioökonomischen Hintergrund der Familien nicht einmal halb so groß (Chancenverhältnis 44,6 Prozent) ist wie bei einem höheren Hintergrund. Die Ungleichheit der Bildungschancen ist in allen Bundesländern sehr stark ausgeprägt, allerdings gibt es von Land zu Land noch einmal große Unterschiede. Die Studie arbeitet heraus, dass sich in den Ländern, die später selektieren, also die Schülerinnen und Schüler zum Beispiel erst nach der sechsjährigen Primarstufe auf weiterführende Schulen schicken, die Chancen der Kinder und Jugendlichen deutlich verbessern.