Zuhause hinter dem Laptop sitzen, weil die nächste Prüfung ansteht – Diese Situation kennen fast alle, die zur Schule oder Uni gehen. Natürlich, Lernen an sich ist erst einmal etwas sehr Bereicherndes, kann aber auch schnell einsam sein. Vielleicht ist es gar nicht direkt greifbar, sondern vielmehr ein Gefühl, das sich nach und nach anschleicht, ganz unscheinbar – und dann doch oft sehr schmerzhaft sein kann. Nadine und ich haben seit über einem Jahr einen gemeinsamen Instagram Account, auf dem wir über positives Lernverhalten und mentale Gesundheit sprechen. Tagtäglich bekommen wir Nachrichten wie: “Ich fühle mich beim Lernen oft so alleine” oder “Aktuell ist daheim so viel los, dass ich mich gar nicht richtig konzentrieren kann”. Verschiedene Stimmen, mit fast immer derselben Message: Alleinsein tut weh, ist aber leider ein Gefühl, das junge Menschen in vielen Situationen begleitet.
Vor allem seit den Lockdowns während der Coronapandemie wurden einige Studien durchgeführt, die die Einsamkeit der unterschiedlichen Altersklassen messen wollten. Doch obwohl die Pandemie mittlerweile vorbei ist, scheint das Thema präsenter denn je – gerade bei Jüngeren. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung hat gezeigt, dass sich fast jeder zweite junge Mensch einsam fühlt: Sowohl emotionale als auch soziale Einsamkeit spielen hier eine große Rolle. Emotionale Einsamkeit beschreibt das Gefühl, sich innerlich allein und isoliert zu fühlen, selbst wenn man von anderen Menschen umgeben ist. Es bedeutet, dass eine tiefe emotionale Verbindung zu anderen fehlt, was oft zu einem anhaltenden Gefühl der Leere und des Unverstandenseins führt. Die soziale Einsamkeit wiederum meint das Gefühl, isoliert zu sein, weil es an sozialen Kontakten und einem unterstützenden sozialen Netzwerk fehlt. Menschen, die sozial einsam sind, haben oft das Gefühl, dass sie nicht genügend enge Beziehungen oder Freundschaften haben, auf die sie sich verlassen können. Das kann entstehen, wenn jemand wenige soziale Interaktionen hat oder sich von den sozialen Gruppen, in denen er sich befindet, ausgeschlossen fühlt.
Kurz gesagt: Hier scheint ein gesellschaftliches Problem zu bestehen, mit dem schon längst nicht mehr nur die ältere Generation zu kämpfen hat. Öfter sind junge Frauen betroffen, am stärksten sei es zwischen 19 und 22 Jahren.
Doch was steckt eigentlich dahinter? Unterschiedlichste Faktoren bedingen, dass wir uns gerade in jungen Jahren oft alleine fühlen. Die Bertelsmann Stiftung konnte feststellen, dass meistens die Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben der Auslöser für das Empfinden von Einsamkeit ist. Vielleicht habe ich private Probleme, bin unzufrieden mit meinem Studium oder vermisse wertschätzende soziale Kontakte, die mir Halt geben. Oft fehlt es an Austausch, an sicheren emotionalen Bindungen, die es uns erlauben, uns mit unseren Sorgen und Anliegen zu öffnen. Nicht alle haben einen besten Freund oder eine beste Freundin an der Seite, viele sind im Alltag dann doch ausschließlich auf sich gestellt und fühlen sich damit schlichtweg überfordert. Wenn doch fast niemand mit mir über mein psychisches Wohlbefinden spricht, wie soll ich dann eine Achtsamkeit dafür entwickeln und wissen, was mir hilft? Genau an dieser Stelle müssen wir alle zusammen ansetzen und uns die große Frage stellen: Was können wir dagegen machen?
Nun haben wir heute den Vorteil, dass wir immer und überall vernetzt sind: Face-Time, Instagram, WhatsApp – alles gar kein Problem. Doch nur diese Medien alleine genügen anscheinend noch nicht. Gerade in der Arbeit mit Schülerinnen und Schülern erscheint es umso bedeutender, ihnen Ideen und Strategien mit auf den Weg zu geben, die an schweren Tagen helfen. Hier braucht es vielseitige Ansätze, die sowohl individuelle als auch gemeinschaftliche Maßnahmen einschließen.
Ein guter Anfang ist es immer, echte und tiefere soziale Verbindungen zu fördern, ein Miteinander: Regelmäßige Treffen mit Freundinnen und Freunden, mit der Familie, mitmachen in lokalen Gruppen oder gemeinsamen Hobbys nachgehen. Ich für meinen Teil hätte mich in der eigenen Schulzeit gefreut, wenn meine Lehrerinnen und Lehrer mich ab und an daran erinnert hätten, wie wichtig mein Leben abseits des Klassenzimmers doch auch ist.
AGs in der Schule können ein tolles Tool sein, um Jugendliche mit ähnlichen Interessen zusammenzubringen und sie gemeinsam neue Erfahrungen sammeln zu lassen. Auch Gruppenarbeiten im Unterricht fördern den Austausch. Aber ein Punkt erscheint hier noch wichtiger:
Wenn du Lehrkraft bist und bis hier hin gelesen hast, dann schau dir doch mal diese Anlaufstellen an, die deine Schülerinnen und Schüler unterstützen: Krisenchat ist ein tolles Tool, bei dem junge Menschen 24/7 eine Fachkraft erreichen können. Eine kurze Nachricht über WhatsApp genügt und schon können sie mit jemandem chatten. Auch wenn es nach wenig klingt: Eine kurze Textnachricht, die es mir ermöglicht meine Gefühle endlich einmal offenzulegen, kann aus Erfahrung so einiges bewirken. Auf Social Media sprechen Accounts wie jugendnotmail, male.geers, elenaannamayr oder auch wir auf eine unaufdringliche und sanfte Art über mentale Gesundheit. So wird das Thema ganz nebenbei vermittelt und eine Wahrnehmung dafür geschaffen - und das ist vor allem für junge Menschen essenziell. Die App Headspace gibt kurze Meditations- und Entspannungsimpulse und ermöglicht uns, trotz Alltags- und Lernstress einmal kurz abzuschalten.
Auch die Nummer gegen Kummer ist telefonisch rund um die Uhr erreichbar und steht bei Problemen und Sorgen kompetent zur Seite. Wenn es also einfach mal Redebedarf gibt und eine Textnachricht nicht ausreicht, kann hier immer jemand am anderen Ende der Leitung weiterhelfen.
Klar ist: All das reicht noch nicht. Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung: Darüber sprechen, Sicherheit geben, das Gefühl vermitteln, dass alle Gefühle valide sind. Zusammen können wir es schaffen, diese am Anfang genannten Zahlen zu verringern. Da sind wir uns ganz sicher.