Nicht alle haben die Möglichkeit, ihr gewünschtes Studium antreten zu können. Für Studiengänge mit einer hohen Nachfrage verhindert der NC einigen jungen Menschen Karrieremöglichkeiten. (Quelle: Canva)
Wer ein Studium beginnt, wird oft mit der Frage nach dem Numerus Clausus (NC) für den gewünschten Studiengang konfrontiert. Die Frage nach dem NC betrifft längst nicht nur angehende Medizin- oder Jura-Studierende, sondern auch viele, die ein Lehramtsstudium anstreben. Der NC kann dabei Auswirkungen auf die Fächerwahl oder die Wahl der Schulart haben. Durch diese Form der Zulassungsbeschränkung können bereits vor Beginn des Studiums die Karrierewege junger Menschen beeinflusst werden.
Das Lehramtsstudium unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von anderen Studiengängen. Es gibt keinen einheitlichen Studiengang “Lehramt”, stattdessen wählen angehende Lehrkräfte eine Kombination aus verschiedenen Fächern. Während einige Fächer ohne Zulassungsbeschränkung studiert werden können, gibt es insbesondere in beliebten Fächern wie Deutsch oder im Grundschullehramt oft einen NC.
Die Zulassungsbeschränkung basiert auf der Nachfrage und Verfügbarkeit von Studienplätzen. Ist die Nachfrage höher als die verfügbaren Plätze, wird ein NC eingeführt. Alternativen wie Wartesemester oder der Wechsel der Fächerkombination können helfen, diese Hürde zu überwinden. Allerdings verlängern Wartesemester die Studienzeit erheblich und ein Fachwechsel entspricht nicht immer den Interessen der Studierenden. Wartesemester können trotzdem einen Ausweg bieten, um trotz eines nicht erfüllten NC das Wunschstudium antreten zu können.
Besonders problematisch ist die Tatsache, dass der NC oft die individuelle Eignung und Motivation der Bewerber:innen außer Acht lässt. Soziale Kompetenzen, pädagogisches Geschick und Kommunikationsfähigkeiten, die für den Lehrberuf essentiell sind, werden durch die Abiturnote, die maßgeblich für den NC entscheidend ist, nicht erfasst. Dies führt zu einer selektiven Auswahl, die vielleicht nicht immer die besten Kandidat:innen für den Lehrberuf zum Studium zulässt.
Der NC ist seit 1972 ein fester Bestandteil des deutschen Hochschulsystems, um die Vergabe von Studienplätzen zu regeln, da die Nachfrage das Angebot deutlich übersteigt. Das Bundesverfassungsgericht entschied damals, dass jeder Studienplatz optimal genutzt werden müsse, was zur Einführung des NC führte. Diese Regelung basierte auf Artikel 12 des Grundgesetzes, der das Recht auf freie Berufswahl garantiert, aber auch Einschränkungen erlaubt, wenn diese durch die Kapazität der Hochschulen gerechtfertigt sind.
In den letzten 50 Jahren wurde der NC immer wieder kritisiert. Einer der Hauptkritikpunkte ist, dass er sozialen Ungleichheiten Vorschub leistet, da er oft Jugendliche aus sozial schwächeren Familien benachteiligt, die im Schnitt schlechtere Abiturnoten haben. Zudem wird die Abiturdurchschnittsnote als alleiniges Kriterium für die Studienplatzvergabe infrage gestellt, da sie nicht unbedingt den späteren Studienerfolg vorhersagen kann. Diese Kritikpunkte haben zu zahlreichen Reformvorschlägen und Diskussionen über die Zukunft des NC geführt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die Unterschiede zwischen den Bundesländern im Bildungsvergleich. So unterscheiden sich wichtige Aspekte, wie die Anzahl der Schuljahre bis zum Abitur, die Anzahl zu erbringender Kurse oder die Schwierigkeit des Abiturs. Während Schüler:innen aus Schleswig-Holstein oder Niedersachsen erst nach 13 Schuljahren ihr Abitur erhalten, dauert es in einigen anderen Bundesländern lediglich zwölf Schuljahre. All das kann zu ungleichen Chancen bei der Vergabe von Studienplätzen nach dem NC führen.
Als Alternativen werden seit langem verschiedene Ansätze diskutiert, die darauf abzielen, möglichst vielen geeigneten Studienbewerber:innen einen Studienplatz zu bieten. Eine Möglichkeit ist die Einführung von Eignungstests, die neben der Abiturnote auch andere Fähigkeiten und Kompetenzen der Bewerber:innen berücksichtigen. Solche Tests könnten beispielsweise soziale Kompetenzen, Kommunikationsfähigkeiten oder pädagogisches Geschick prüfen, die für den Lehrberuf essentiell sind. Solche Tests könnten helfen, die individuelle Eignung der Bewerber:innen besser zu erfassen und eine fairere Auswahl zu gewährleisten. Für einige Fächer, wie zum Beispiel Sport oder Musik, sind solche Eignungstests bereits weit verbreitet. Kritiker:innen solcher Eignungstests merken allerdings an, dass es sich dabei lediglich um eine Momentaufnahme handle, während die Abiturnote die Leistung über einen längeren Zeitraum bewertet. Ein weiterer Vorteil sei es, dass die Abiturnoten bereits vorliegen und man den zusätzlichen Aufwand für alle Beteiligten so sparen könne.
Eine weitere Option ist die Erhöhung der Studienplatzkapazitäten, um mehr Bewerber:innen aufnehmen zu können. Dies erfordert jedoch erhebliche Investitionen in die Infrastruktur der Hochschulen und eine langfristige Planung. Neben der baulichen Erweiterung der Universitäten müsste auch mehr Lehrpersonal eingestellt und zusätzliche Ressourcen bereitgestellt werden. Dies könnte jedoch helfen, den Druck auf das NC-System zu mindern und mehr Studierenden den Zugang zum Lehramtsstudium zu ermöglichen.
Langfristig könnte diese Maßnahme auch dabei helfen, den Lehrermangel zu bekämpfen. Das würde auch das Bundesverfassungsgericht bevorzugen, um Artikel 12 des Grundgesetzes, das Recht der freien Wahl des Berufs, des Arbeitsplatzes und der Ausbildungsstätte zu gewährleisten. Die Einschränkung von Artikel 12 durch die Einführung des NC genehmigte das Bundesverfassungsgericht nur deshalb, da die Nachfrage das Angebot der Studienplätze deutlich überstieg. Allerdings wiesen die Richter auch darauf hin, dass die Bereitstellung ausreichender Studienplätze die beste Lösung sei.
Der NC wird vermutlich auch in Zukunft eine Rolle im deutschen Hochschulsystem spielen, doch die Diskussion um seine Reformierung oder Abschaffung wird weitergehen. Es ist wahrscheinlich, dass hybride Modelle, die sowohl die Abiturnote als auch andere Kriterien einbeziehen, an Bedeutung gewinnen werden. Diese könnten helfen, die soziale Gerechtigkeit zu erhöhen und die Eignung der Bewerber:innen besser zu bewerten.
Es ist zu erwarten, dass der Bedarf an Lehrkräften in den kommenden Jahren weiter steigen wird, was den Druck auf das aktuelle Zulassungssystem weiter erhöhen könnte. In diesem Kontext könnten flexible Zulassungsmodelle, die sich an den aktuellen Bedarf der jeweiligen Bundesländer anpassen, eine Lösung darstellen.
Trotz seiner Vorteile wird der NC wohl auch in Zukunft weiter umstritten bleiben, da er soziale Ungleichheiten verstärken kann und die Schwächen des Bildungsföderalismus offenlegt. Allerdings vernachlässigt der NC auch wichtige Aspekte, wie beispielsweise die Motivation der Studierenden, die für einen erfolgreichen Abschluss von großer Bedeutung sind. Der NC ist zwar ein bewährtes Instrument zur Studienplatzvergabe, jedoch muss er kontinuierlich an die sich wandelnden gesellschaftlichen und bildungspolitischen Anforderungen angepasst werden, um auch in Zukunft genügend qualifizierte Lehrkräfte auszubilden.