Projekt gegen den Lehrermangel: Dithmarschen macht’s vor! (Quelle: Wikimedia Commons)
Der anhaltende Lehrermangel macht es vielen Schulen schwer, geeignetes Personal zu finden. Insbesondere in ländlichen Gegenden spitzt sich diese Problematik zu, da angehende Lehrkräfte zum Unterrichten zunehmend in die Städte ziehen. Bessere Verkehrsanbindungen, mehr Anonymität und Multikulturalität geben den Ausschlag, weshalb viele lieber in der Stadt wohnen. Dass Leben und Arbeiten auch in ländlichen Gebieten jede Menge zu bieten hat, zeigt ein Beispiel in Norddeutschland.
Um neue Lehrkräfte zu gewinnen, hat sich der Kreis Dithmarschen, im Westen Schleswig-Holsteins, deren gezielte Anwerbung zur kommunalen Aufgabe gemacht. Mit dem Projekt "Dithmarschen macht Schule" startete das Bildungsministerium vor drei Jahren eine Initiative, die bereits Erfolge vorzuweisen hat. Um mehr darüber zu erfahren, haben wir mit Daniela Holst vom zuständigen Lehrkräfte-Servicebüro gesprochen.
Der Kreis Dithmarschen ist durch den Lehrkräftemangel besonders betroffen. Auf die vielen unbesetzten Stellen an allgemeinbildenden Schulen kommen nur wenige neue Bewerber:innen. Seit Ende 2019 beschäftigt sich auf Initiative des Schulamtes ein Team des Kreises Dithmarschen mit möglichen Lösungen für das Problem. Heraus kam der “Dithmarschen-Tag” an der Europa Universität in Flensburg und die Idee einer zentralen Anlaufstelle, die Beratung und Unterstützung für interessierte Lehrkräfte und Student:innen bietet. Die Team-Mitglieder waren zuversichtlich, dass das Projekt ein attraktives Angebot und eine geeignete Maßnahme im Kampf gegen den Lehrkräftemangel darstellen würde.
Auf Landesebene hat das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein in vier Kreisen (Dithmarschen, Segeberg, Herzogtum Lauenburg, Steinburg) schon ein Modellvorhaben, den Anwärtersonderzuschlag, gestartet, um gezielt Anreize in diesen Regionen zu setzen. Unterstützt wird dieses Vorhaben durch die Etablierung des Lehrkräfte-Servicebüros im Kreis Dithmarschen, welches “großes Interesse an gelungener Schulbildung” zeige und sich deshalb “in enger Kooperation mit dem Schulamt für Maßnahmen zur Lehrkräftegewinnung” engagiere, so Holst.
Eine zentrale Rolle für die Lehrkräftegewinnung ist die Öffentlichkeitsarbeit und damit auch eine entsprechende Homepage für das Projekt. Hier soll ein Eindruck vom Leben in Dithmarschen und den verschiedenen Regionen gegeben werden. Neben Möglichkeiten für einen konkreten Einstieg in die Lehrertätigkeit und Informationen zu aktuellen Themen stehen auch Video- und Audiobeiträge aus dem persönlichen Alltag von dithmarscher Lehrkräften zur Verfügung, die der Webseite einen persönlichen Charakter verleihen. Zusätzlich erhält man durch Schulvideos einen Einblick in die Schullandschaft.
“Besonders wichtig ist uns, unseren Lehrkräften mit Wertschätzung zu begegnen und zu signalisieren, dass wir uns freuen, dass sie sich für eine Lehrtätigkeit im Kreis Dithmarschen entschieden haben. Eine entsprechende Willkommenskultur wird durch das Lehrkräfte Servicebüro jeder aktiven und interessierten Lehrkraft entgegengebracht. So werden unter anderem Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst und Praktikant:innen mit einer kleinen Aufmerksamkeit begrüßt", so Holst.
Zusätzlich organisiert das Lehrkräfte-Servicebüro nach eigenen Angaben regelmäßige Aktionen wie Bowling, den Besuch des Weihnachtsmarktes oder des Heider Marktfriedens, um sich kennenzulernen und auszutauschen. Für interessierte Lehrkräfte aus anderen Kreisen oder Bundesländern bietet das Lehrkräfte Servicebüro Beratung und Unterstützung bei der Suche nach einer passenden Schule und nach Wunsch auch bei der Wohnungssuche.
Darüber hinaus gibt es eine Kooperation mit der Europa Universität in Flensburg, die laut Servicebüro selbst über das Interesse verfüge, dass sich ihre Student:innen über die Nahregion Flensburg hinausbewegen und z.B. Praktikumsplätze in südlicheren Kreisen suchen. “Um das zu unterstützen, haben wir das Angebot „Praktikum mit kostenloser Unterbringung“ auf den Weg gebracht. Im letzten Jahr konnten so 11 Praktikumsplätze mit Unterkunft vermittelt werden, in diesem Durchgang werden es sogar 22 sein”, wie Holst berichtet.
“Von dieser Aktion erhoffen wir uns, dass wir die Tür, für die Motivation als Lehrkraft in Dithmarschen zu arbeiten, einen Spalt öffnen”, so Holst. Weiterhin plant “Dithmarschen macht Schule”, das Angebot “Praktikum mit kostenloser Unterbringung” auf das dreimonatige Praktikum im Masterstudium auszuweiten. “Darin sehen wir eine wesentliche Chance, angehende Lehrkräfte auch für den Vorbereitungsdienst und möglicherweise darüber hinaus für Dithmarschen zu gewinnen.”
Zurzeit sei ein Kurzvideo in Arbeit, das darstellen soll, wie sich die Ausbildung von Lehrkräften an Dithmarscher Schulen gestaltet und welche Freizeitmöglichkeiten zum Ausgleich zur Verfügung stehen. Holst sagt dazu: “Das Video ist gezeichnet vom typischen Dithmarscher Humor, also immer mit einem Augenzwinkern versehen.”
Nach drei Jahren stellt sich die Frage, was für Erfolge das Projekt bisher verzeichnen konnte und ob dieser den Aufwand rechtfertigt. “Sicherlich konnten wir bis jetzt nicht alle freien Stellen an Schulen besetzen, aber einige Vermittlungen von ausgebildeten Lehrkräften, Vertretungslehrkräften und Referendarinnen an Dithmarscher Schulen sind gelungen. Erfreulich ist, dass ein stetiger Zuwachs von Anfragen im Lehrkräfte Servicebüro zu verzeichnen ist und sich das Projekt, unserer Meinung nach, auszahlt”, erklärte Holst gegenüber Lehrer News.
“Dithmarschen macht Schule” ist nur eines von vielen Projekten, die sich mit Erfolg gegen den Lehrkräftemangel stellen und den Lehrer:innenberuf attraktiver machen.
Was haltet ihr von dem Projekt? Würdet ihr als Lehrkraft gerne auf dem Land und vielleicht sogar in Dithmarschen unterrichten? Wir freuen uns auf eure Meinung in den Kommentaren!