Nach Ende des Werbeverbots: Wie entwickelt sich die Aufklärung für Schwangerschaftsabbrüche?

Von
Alina Schwarz
|
25
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July 2022
|
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Das Thema Schwangerschaftsabbruch und die rechtliche Handhabung bezüglich der selbstbestimmten Entscheidungsfreiheit werden in der Gesellschaft unterschiedlich aufgefasst und bewertet. Die Gesetzgebungen zu Schwangerschaftsabbrüchen unterscheiden sich weltweit, so auch die aktuellen Entwicklungen zum Thema.

Die deutsche Ampelregierung feiert die Abschaffung des Paragrafen 219a, welche die Werbung von Ärzt:innen für Schwangerschaftsabbrüche verbietet und unter Strafe stellt. Währenddessen kippt das oberste Gericht in Amerika, der Supreme Court, das Recht auf straffreien Schwangerschaftsabbruch und sorgt so für heftige Debatten und Unklarheit. Man rechnet nach diesem Urteil des obersten Gerichts damit, dass in circa der Hälfte der 50 Bundesstaaten Schwangerschaftsabbrüche für illegal erklärt werden.

Der seit Trumps Amtszeit mehrheitlich konverative Supreme Court entschied sich am 24. Juni gegen ein 50 Jahre altes Grundsatzurteil von 1973. Der Fall “Roe v. Wade” ermöglichte Schwangerschaftsabbrüche in den gesamten USA bis etwa zur 24. Schwangerschaftswoche, also bevor ein Fötus lebensfähig ist. Nun herrscht Chaos: Die rechtliche Situation ist diffus und ungeklärt. Für viele Frauen sind Schwangerschaftsabbrüche in ihrem Bundesstaat bereits unmöglich und Betroffene verzweifelt. Frauenrechtsaktivist:innen sind enttäuscht über den eindeutigen Rückschritt für die Selbstbestimmung und Entscheidungsfreiheit der Frauen. Bisher blieben die Bemühungen der Demokraten, das Recht auf Schwangerschaftsabbruch durch ein neues Gesetz zu sichern, erfolglos.

Nahezu zeitgleich beschließt der Bundestag fast gegensätzliche Neuerungen im Umgang mit Schwangerschaftsabbrüchen. Der Paragraf 219a, das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche, ist abgeschafft. Der Begriff Werbung sorgt im Zusammenhang für Missverständnisse und Irrtümer. Damit ist nicht nur die Anwerbung und das Gutheißen von Schwangerschaftsabbrüchen an sich gemeint. Schon das sachliche Informieren über die bestehenden Möglichkeiten und gleichzeitige Offerieren des kostenpflichtigen Eingriffs ist für Ärzt:innen bislang strafbar gewesen. Somit war die öffentliche Aufklärung zum Thema bisher durch das Gesetz verhindert und untersagt.

Zu sehen ist der deutsche Bundestag.

Das Ende des Werbeverbots ist ein Gewinn für die Frauenrechte: Als “Triumph” bezeichnet Bundesfamilienministerin Lisa Paus die Entscheidung des Bundestags. Jeder Frau steht nun das Recht zu “sachkundig beraten und gut unterstützt zu werden”. Auch die Ärztekammern begrüßen die Entscheidung. Besonders in derart belastenden Situationen, wie sie ungewollt schwangere Frauen oft erleben, sind angemessene Information und ärztlicher Rat grundlegend für die Findung der richtigen Entscheidung.

Dass Ärzt:innen nun frei und ohne Sorge vor rechtlichen Konsequenzen über Schwangerschaftsabbrüche beraten können, ist ein Sieg in Sachen sexueller Aufklärung und selbstbestimmter Sexualität. Wie heterogen die Modelle an sexueller Information und Erziehung in Europa sind, zeigt die Studie zur “Sexualaufklärung an Schulen im 21. Jahrhundert” aus dem Jahr 2020. Laut der Ergebnisse sind positive Entwicklungen betreffend der Sexuallehre im deutschen Bildungssystem zu erkennen. Doch trotz einheitlicher Leitfäden sind die Haltungen in verschiedenen Bundesländern gegenüber den Themen “Ungeborenes Leben” und “Homosexualität” uneinig und kontrovers. Ungenutztes Potenzial sieht die Studie darin, die sexuelle Aufklärung in der Schule durch digitale Medien zu verbessern und die Lehrkräfte so beim Unterrichten zu entlasten.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) stellt online Material zur Sexualaufklärung für Kinder, Eltern und Lehrkräfte frei zur Verfügung. Dort veröffentlicht sind eine Vielzahl an Studien, Fachheften, Flyern, Broschüren und ganze Medienpakete, welche verschiedenste Aspekte rund um das Thema sexuelle Aufklärungen behandeln. Doch auch der Umgang mit sexualisierter Gewalt sollte stärkeren Einzug in den Lehrplan finden. Die ab dem kommenden Herbst verfügbare App “Knowbody” soll digitale und zeitgemäße Sexualkunde für Kinder und Jugendliche bieten. Sie lehrt einen gesunden Umgang mit Gefühlen sowie Sexualität und ihrer Vielfalt und leistet so einen Beitrag zur Prävention vor sexueller Gewalt.

Da besonders umfassende Aufklärung und sexuelle Bildung von sexueller Gewalt schützen, sollte nicht nur der Unterricht weiterentwickelt werden. Bereits im Lehramtsstudium sollte das Thema Sexualkunde und Prävention von sexueller Gewalt viel mehr Beachtung finden.

Welche Erfahrungen habt ihr mit dem Thema Sexualkunde an eurer Schule gemacht? Was denkt ihr über die zukünftigen Entwicklungen dies- und jenseits des Atlantiks? Lasst es uns gerne in den Kommentaren wissen. Einen weiteren Artikel zur Bildungsentwicklung in Deutschland findet ihr hier.

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