In mehreren Bundesländern müssen sich Referendar:innen arbeitslos melden. (Quelle: Canva)
Stuttgart. In mehreren Bundesländern werden Referendar:innen in den Sommerferien in die Arbeitslosigkeit entlassen. Diese Praxis stößt auf scharfe Kritik, besonders angesichts des bestehenden Lehrermangels. Während Schüler:innen und Lehrkräfte sich auf die Sommerferien freuen, sehen sich viele angehende Lehrer:innen gezwungen, sich arbeitslos zu melden und Bürgergeld zu beantragen.
Eine betroffene Referendarin aus Rheinland-Pfalz berichtet anonym, dass ihr Vertrag zum Ende des Schuljahres ausläuft und sie bis zum neuen Schuljahr ohne Gehalt auskommen muss. In Rheinland-Pfalz endeten die Verträge von rund 2.000 Referendar:innen am 14. Juli, und die Wiedereinstellung erfolgt erst zum Schuljahresbeginn Ende August. In Baden-Württemberg sind es nach Angaben des Landesverbands der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) rund 4.000 angehende Lehrkräfte, die in die Sommerarbeitslosigkeit entlassen werden. Damit ist Baden-Württemberg bundesweiter Spitzenreiter. Auch in Hessen ist diese Praxis üblich. Ein Sprecher des hessischen Kultusministeriums begründet das mit einem sparsamen Umgang mit Steuergeldern, indem nur für tatsächlich geleistete Arbeit gezahlt wird.
Die Betroffenen fühlen sich durch diese Vorgehensweise nicht nur finanziell belastet, sondern auch in ihrer Berufswahl wenig wertgeschätzt. Nicht zuletzt führt das auch dazu, dass sie in ihrer Vorbereitung auf das kommende Schuljahr eingeschränkt werden.
Die GEW protestierte zusammen mit betroffenen Referendar:innen zum Ferienbeginn vor dem Stuttgarter Landtag gegen die Entlassungen. Unter dem Motto "Damit es für Meer reicht" wurden Postkarten an die Landtagsfraktionen übergeben. Sie fordern, dass Referendar:innen auch während der Sommerferien bezahlt werden. Die Kosten dafür würden sich in Baden-Württemberg auf etwa 15 Millionen Euro belaufen, was nach Angaben der GEW ein vertretbarer Betrag im Vergleich zum gesamten Kultusetat sei.
Monika Stein, Landesvorsitzende der GEW in Baden-Württemberg, kritisiert das Verhalten der grün-schwarzen Landesregierung scharf und verweist auf andere Arbeitgeber, die ihren Auszubildenden und dualen Studenten bereits während der Ausbildung Perspektiven bieten. Stein bezeichnet die aktuelle Vorgehensweise als “unwürdiges Verhalten”, insbesondere angesichts des gravierenden Lehrermangels.
Die GEW betont, dass dies in Zeiten des Lehrermangels nicht hinnehmbar sei. Bundesweit fehlen laut der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz bis 2025 etwa 25.000 Lehrkräfte. Angesichts dieser Zahlen kritisiert auch der Deutsche Lehrerverband, dass gut ausgebildete Lehrkräfte während der Sommerferien arbeitslos sind und fordert eine Anpassung der Verträge.
Dass es auch anders geht, zeigen beispielsweise Bayern und Sachsen. Dort sind angehende Lehrkräfte auch während der Sommerferien angestellt und erhalten ihr Gehalt. In Bayern sind die Sommerferien in die 24-monatige Ausbildungszeit integriert und somit bezahlt. Auch in Sachsen werden Referendar:innen während der Sommerferien bezahlt. Diese unterschiedlichen Regelungen führen dazu, dass insbesondere in Grenzgebieten immer wieder Referendar:innen in andere Bundesländer abwandern, in denen sie bessere Bedingungen vorfinden.
Ob die Landesregierungen der betroffenen Bundesländer sich diese positiven Beispiele als Vorbild nehmen, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch, dass die Aussicht auf eine vorübergehende Arbeitslosigkeit wohl kaum zu einem verbesserten Würdigung des Lehrberufs beiträgt, noch dem Lehrkräftemangel entgegenwirkt.