Aufgrund des Lehrkräftemangels fällt aktuell in NRW rund jede fünfte Unterrichtsstunde aus. (Quelle: Canva)
Düsseldorf. Die SPD in Nordrhein-Westfalen (NRW) fordert die Abschaffung des Numerus Clausus (NC) für das Lehramtsstudium. Diese Maßnahme soll eine Antwort auf den Lehrkräftemangel im Bundesland sein, der sich in den letzten Jahren zunehmend verschärft hat. Laut Dilek Engin, der schulpolitischen Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, sei es an der Zeit, den Zugang zum Lehramtsstudium grundlegend zu überdenken und Hürden abzubauen.
Der Lehrkräftemangel im einwohnerstärksten Bundesland Deutschlands ist kein neues Phänomen, hat sich jedoch in den letzten Jahren zugespitzt. Anfang Juni 2024 meldete das Schulministerium etwa 6.000 unbesetzte Lehrstellen im Land. Diese personelle Unterbesetzung führte dazu, dass jede fünfte Unterrichtsstunde im ersten Halbjahr des Schuljahres 2023/24 ersatzlos ausfiel. Besonders betroffen sind die Grundschulen und Fächer wie Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT), aber auch die kreativen Fächer wie Kunst und Musik.
Die Ursachen für diesen Mangel sind vielschichtig, so ist die Zahl der Studienanfänger in NRW zuletzt gesunken. Außerdem geben immer mehr Lehrkräfte im Land ihren Beruf auf (Lehrer News berichtete), während aufgrund steigender Schülerzahlen und der Wiedereinführung von G9 bis zum Schuljahr 2026/2027, gleichzeitig zusätzliche Lehrkräfte gebraucht werden. Außerdem stellt der Ausbau der offenen Ganztagsplätze (OGS), auf die ebenfalls ab 2026/2027 ein Rechtsanspruch besteht, eine große Herausforderung für die Landesregierung dar. Das führt schon heute zu großen personellen und finanziellen Nöten an Grundschulen, die bis hin zu Schulschließungen führen. Die SPD fordert deshalb ein Rettungsprogramm für diese Träger, um das System zu stabilisieren und den zukünftigen Rechtsanspruch der Grundschüler:innen sicherzustellen.
Die SPD-Landtagsfraktion argumentiert, dass der NC als Hindernis abgeschafft werden sollte, um mehr Menschen den Weg in den Lehrer:innenberuf zu ermöglichen. Engin betont, dass insbesondere in NRW ein „Mut zur Veränderung“ fehle. Statt am traditionellen Auswahlverfahren festzuhalten, sollten die Universitäten mehr Studienplätze schaffen und alternative Zugangswege bieten.
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) unterstützt diese Forderung. Ayla Çelik, Landesvorsitzende der GEW, hebt hervor, dass neben den schulischen Leistungen auch die sozialen und persönlichen Kompetenzen der Bewerber:innen berücksichtigt werden sollten. Lehrkräfte müssten nicht nur fachlich kompetent sein, sondern auch in der Lage sein, empathisch und unterstützend auf die Bedürfnisse der Schüler:innen einzugehen. Die Abschaffung des NC könnte somit einen breiteren Zugang zum Lehramtsstudium ermöglichen und mehr motivierte Menschen für den Beruf gewinnen.
Ob die Abschaffung des NCs dabei helfen kann, die Zahl der Lehramtsstudierenden zu steigern, um den Lehrkräftemangel zu bekämpfen ist fraglich, schließlich gibt es kaum einen Studiengang mit einer derart hohen Abbrecherquote (Lehrer News berichtete). Auch deshalb warnt der Philologenverband NRW davor, dass die Attraktivität des Lehrberufs dringend gesteigert werden müsse, um die Situation zu verbessern. Sabine Mistler, die Vorsitzende des Verbands, fordert, dass Lehrkräfte von bürokratischen Aufgaben entlastet und ihnen mehr Zeit für pädagogische Arbeit eingeräumt wird. Zudem müssten Schulen besser ausgestattet und klare Aufstiegsmöglichkeiten im Beruf geschaffen werden, um den Lehrerberuf für junge Menschen wieder attraktiver zu machen.
Die Forderung der SPD nach einer Abschaffung des Numerus Clausus für das Lehramtsstudium in NRW ist ein Zeichen dafür, dass der Handlungsdruck im Bildungssystem immer größer wird. Um dem Lehrkräftemangel entgegenzuwirken, braucht es nicht nur kurzfristige Lösungen, sondern auch eine grundlegende Überarbeitung des Schulsystems, um die Zukunftsfähigkeit zu sichern.