Berlin. Der im Dezember 2021 unterzeichnete Koalitionsvertrag zwischen FDP, SPD und Bündnis 90/Die Grünen hat sich auf dem Gebiet der Bildung ambitionierte Ziele gesetzt. Das von Bettina Stark-Watzinger (FDP) geleitete Bildungsministerium hat laut eines Entwurfs des Bundeshaushalts 2023 rund 20,6 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt bekommen – mit einem kontinuierlichen Wachstum bis zum Jahr 2026. Zum Vergleich: Der Verteidigungshaushalt 2023 beträgt rund 50,1 Mrd. Euro (plus Sondervermögen Bundeswehr in Höhe von 100 Mrd. Euro).
"Die Bildungsschere in Deutschland öffnet sich. Da ist der Staat gefragt, für mehr Bildungschancen zu sorgen. Der Bildungserfolg darf nicht von der sozialen Herkunft abhängen." - Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger in der ZEIT, 25. August 2022
Im Bildungsbericht 2022 wird neben dem Personalmangel an Schulen und Kitas insbesondere die steigende Abhängigkeit des schulischen Erfolgs vom sozioökonomischen Status thematisiert. Um diese bedenkliche Entwicklung zu bekämpfen, wurde zuerst eine deutliche Erhöhung der öffentlichen Bildungsausgaben beschlossen. In zweiter Linie ist im Koalitionsvertrag eine neue Kultur der Bildungszusammenarbeit verankert. Angestrebt wird eine engere, zielgenauere und verbindliche Kooperation auf allen Ebenen. Das soll in Form eines Bildungsgipfels geschehen, bestehend aus einer Arbeitsgruppe von Bund, Ländern, Kommunen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Weitere Zentralisierungen sollen in Form einer Einrichtung einer Bundeszentrale für digitale Bildung und einer gemeinsamen Koordinierungsstelle für Lehrkräftefortbildung stattfinden. Letztere soll bundesweit Fort- und Weiterbildungsangebote vernetzen, Qualifikationen von Schulleitungen unterstützen, Austausch ermöglichen und arbeitsteilige Erstellung von Fortbildungsmaterialien organisieren und fördern. Diese Qualifikationsoffensive im Bereich der dritten Phase der Lehrerbildung sieht einen Schwerpunkt in digitaler Bildung vor, eine Weiterentwicklung des Seiten- und Quereinstiegs sowie eine vereinfachte Anerkennung ausländischer Qualifikationen. Die Einrichtung einer Bundeszentrale für digitale Bildung soll Betrieb und Vernetzung von Kompetenzzentren für digitales und digital gestütztes Unterrichten in Schulen und Weiterbildung fördern. Demnach plant man die Schaffung einer zentralen Anlaufstelle für das Lernen und Lehren in der digitalen Welt. Ebenfalls wird die Entwicklung intelligenter, auch lizenzfreier Lehr- und Lernsoftware sowie die Erstellung von Positivlisten von datenschutzkonformer, digitaler Lehr- und Lernmittel gefördert. Passend zum Momentum, Kompetenzen in der Bundesregierung neu zu ordnen und vor allem zu bündeln, wird ein zentrales zusätzliches Digitalbudget eingeführt. Dieser soll Digitalkompetenz, Grundrechte, Selbstbestimmung und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken.
Eines der wichtigsten bildungspolitischen Vorhaben umfasst vor allem die Modernisierung in Form eines Digitalbudgets unter anderem mit Hilfe des neu aufgesetzten Digitalpakts 2.0. Die Umsetzung des Vorgängers im Schulwesen wurde teils scharf kritisiert. Nach drei Jahren wurde bereits ein Großteil der 6,5 Mrd. Euro verplant. Unabhängig davon wurde der neue Digitalpakt mit einer Laufzeit von 2024 bis 2030 beschlossen. Insbesondere sind die nachhaltige Neuanschaffung von Hardware, der Austausch veralteter Technik sowie Gerätewartung und Administration geplant. Das soll die Förderung der digitalen Lernmittelfreiheit für Schüler:innen zur Folge haben.
Die Notwendigkeit einer weitreichenden Digitalisierung in Schulen ist nicht zuletzt durch die langanhaltende Corona-Pandemie in den gesellschaftlichen Fokus gerückt. Auch das anhanltende Problem der Chancenungleichheit will die Regierungskoalitionangehen. Ein Hindernis hierbei: Die Verteilung der Fördergelder aus dem bestehenden Digitalpakt verläuft nach wie vor schleppend. Bürokratische Hürden sollen durch den Digitalpakt 2.0 abgebaut werden und die Digitalisierung beschleunigen. Der flächendeckende Aufbau einer zeitgemäßen digitalen Bildungsinfrastruktur hat für die Bundesregierung einen immensen Stellenwert. Es gilt, das Klassenzimmer zu digitalisieren, die Lehrkräfte dahingehend weiterzubilden und die Schülerschaft die Früchte dessen tragen zu lassen. Ob das gelingt, bleibt abzuwarten. Und inwiefern verhindert werden soll, dass die Bildungsschere sich nicht durch digitale Chancenungleichheit weiter öffnet, muss sich erst noch zeigen.