Um auf die weltweiten Probleme des Analphabetismus aufmerksam zu machen, ist jährlich am 8. September der Weltalphabetisierungstag. (Quelle: Canva)
Zum Welttag der Alphabetisierung möchten wir euch auf das immer noch gegenwärtige Problem des Analphabetismus aufmerksam machen, welches Menschen auf der ganzen Welt betrifft. Wir wollen auf die Problematik rund um den Kampf gegen den Analphabetismus in der Welt aufmerksam machen und aufzeigen, wie es um die für 2030 vereinbarten Ziele zur nachhaltigen Entwicklung in Bezug auf die Bildung steht und was wir für eine höhere Alphabetisierungsrate tun können.
Das Fehlen von grundlegenden Lese- und Schreibfähigkeiten, längere oder komplexere Sätze nicht verstehen oder lesen zu können und bereits erworbene Lese- und Schreibkompetenzen wieder vergessen zu haben - All das ist die Bedeutung von Analphabetismus. Die Alphabetisierungsrate beschreibt den Anteil der Bevölkerung, die Lesen und Schreiben können. Das Ziel ist also, eine hohe Alphabetisierungsrate weltweit zu erreichen.
Über 773 Millionen Menschen weltweit können nicht richtig lesen und schreiben – Was im ersten Moment wie ein Aufruf einer Hilfsorganisation klingt, ist bittere Realität. Über 100 Millionen davon sind junge Menschen, etwa 250 Millionen sind Kinder im Grundschulalter, die weder lesen noch schreiben können. Weltweit sind Frauen stärker vom Analphabetismus betroffen als Männer. Durch die Corona-Pandemie und die damit verbundenden Schulunterbrechungen wird aus der Sicht der Deutschen Unesco-Kommission erstmal keine Verbesserung erwartet. “Allein aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie könnten bis 2021 weltweit 23,8 Millionen zusätzliche Kinder und Jugendliche die Schule abbrechen oder keinen Zugang zu ihr haben”, beschreibt die Deutsche Unesco-Kommission die Situation.
Es gibt drei unterschiedliche Varianten des Analphabetismus:
Wichtig zu erwähnen ist, dass Analphabetismus nicht mit Legasthenie zu verwechseln ist. Beides gleicht einer Lese-Rechtschreibstörung, ist aber grundlegend nicht vergleichbar. Während Analphabetismus meist von äußeren Faktoren und der Umwelt beeinflusst wird, hat Legasthenie auch genetische Ursprünge. Mehr zu Lernstörungen könnt ihr hier nachlesen.
Die aus dem Jahr 2015 für 2030 vereinbarten Ziele (Sustainable Development Goals - SDGs) für eine nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen umfassen 17 Punkte. Neben der Armuts- und Hungerbekämpfung, Klimaschutz und Geschlechtergleichheit beschreibt der vierte Punkt der Agenda 2030 die Qualität der Bildung. Die Vereinten Nationen wollen unter anderem sicherstellen, dass alle Mädchen und Jungen und alle Erwachsenen einen Zugang zu einer gleichwertigen und kostenlosen Bildung haben. Dazu zählen eine hochwertige Grund- und Sekundarschulbildung und ein gleichberechtigter Zugang zu hochwertiger technischer und beruflicher Bildung. Außerdem, dass alle Jugendlichen und ein erheblicher Teil von sowohl Frauen als auch Männern lesen, schreiben und rechnen können.
Allerdings stehen laut dem neuesten Bericht der Vereinten Nationen zu den SDGs aus 2023 einige Ziele in Gefahr – Es ist Zeit für eine Halbzeitbilanz.
Durch die Corona-Pandemie verschärften sich die sowieso schon stockenden Fortschritte sehr. Dennoch sind die Auswirkungen der Pandemie enorm: in 80 Prozent der 104 untersuchten Ländern kam es zu Lernausfällen. “Ohne Zusatzmaßnahmen wird nur jedes sechste Land das Ziel eines Sekundarschulabschlusses für alle bis 2023 erreichen” geht aus dem Bericht hervor. Etwa 300 Millionen Schüler:innen werden über keine grundlegenden Lese- und Schreibkompetenzen verfügen. Bereits aus dem Bericht von 2022 geht hervor, dass die Chancen, die Ziele rechtzeitig und vollständig zu erreichen, gering sind. Die Pandemie verschärfte eine globale Bildungskrise und die Bildungsungleichheiten. Zwischen 2020 und 2021 verpassten 141 Millionen Kinder mehr als die Hälfte ihres Präsenzunterrichts. Durch den anhaltenden Ukraine Krieg wird drei Millionen ukrainischen Kindern Fernunterricht angeboten. Die Pandemie, die wirtschaftlichen Auswirkungen und gesellschaftliche Folgen und der Ukraine-Krieg und dessen schwerwiegenden Folgen für die Wirtschaft und Menschheit waren im Jahr 2015 zur Verabschiedung der Nachhaltigkeitsziele unvorhersehbare Elemente. Fraglich ist, ob die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung in Bezug auf die Qualität der Bildung und insbesondere auf die Alphabetisierungsrate auch ohne die unvorhersehbaren Elemente hätten erreicht werden können.
In Deutschland gibt es etwa 6,2 Millionen Deutsch sprechende Personen mit Analphabetismus. Viele von ihnen kennen zwar einzelne Worte und können einzelne kurze Sätze lesen, schaffen es allerdings nicht, längere Sätze oder den Sinn eines Textes zu verstehen. Grundlage dieser Daten ist die Leo Studie 2018. Anders als in anderen Ländern ist der überwiegende Teil der Analphabeten in Deutschland männlich. 62 Prozent der Betroffenen sind erwerbstätig. Ähnlich wie die Nachhaltigkeitsziele der UN stellte Deutschland 2016 ein eigenes Programm auf die Beine – Die AlphaDekade. Das Programm wird von Bund und Ländern gemeinsam betrieben und soll bis 2026 mit 180 Millionen Euro den Analphabetismus in Deutschland bekämpfen. “Mit der AlphaDekade wollen Bund, Länder und Partner im Zeitraum von 2016 bis 2026 die Lese- und Schreibfähigkeiten Erwachsener in Deutschland deutlich verbessern. Zentraler Erfolgsfaktor: mehr Grundbildungsangebote und mehr Menschen, die diese Angebote wahrnehmen.” heißt es auf der Website über die Ziele des Programms. Mehr über die AlphaDekade, die Inhalte und Ziele könnt ihr hier nachlesen.
Auch wenn ihr nicht selbst vom Analphabetismus betroffen seid, gibt es Möglichkeiten zur Hilfe und Unterstützung. Damit die Ziele der AlphaDekade bis 2026 und Ziele der UN für die nachhaltige Entwicklung bis 2030 erreicht werden können, braucht es nicht nur die Regierungen und die Länder und die Hoffnung, dass das schon alles klappt, sondern jede einzelne Hand.
Doch was können wir speziell tun? Wir können zwar kein 180 Millionen Euro Projekt auf die Beine stellen, aber wir können Aufmerksamkeit erzeugen, Unterstützung anbieten und Aufklärungsarbeit leisten. Alphabetisierung ist ein wichtiges Thema, welches ihr in eurer Klasse und mit euren Schüler:innen besprechen solltet. Nicht richtig lesen und schreiben zu können ist für manche Menschen ein privates und schwieriges Thema, was häufig aufgrund von Scham oder Angst verschwiegen wird. Es gibt einige Anlaufstellen, an denen sich Betroffene Hilfe suchen können.
Plan International bietet Patenschaften für die Förderung von Bildung in Entwicklungsländern an. Das Ziel der Organisation ist, die Alphabetisierungsrate nachhaltig zu erhöhen. Sie bieten Bildungsprogramme und Alphabetisierungskurse für ältere Jugendliche und Erwachsene. Sie fördern den Schulbau und die Ausstattung von Unterrichtsmaterialien.
Der Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V. fördert die Lese- und Schreibkompetenzen von Erwachsenen. Sie bieten telefonische Beratung für Betroffene und ihr Umfeld an. Das ALFA-Telefon erreicht ihr unter der Nummer 0800 53 33 44 55. Den Verband erreicht ihr ebenfalls via WhatsApp unter 016095333445 und per E-Mail an info@alfa-telefon.de.
Anaphabetismus ist ein großes Problem weltweit. Die Entwicklungen aus den Zielen zur nachhaltigen Entwicklung der Vereinten Nationen lassen noch zu wünschen übrig. Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen und der anhaltende Ukraine Krieg sind ausschlaggebende Elemente, weshalb das Erreichen der Ziele noch in weiter Ferne liegt. Das Programm AlphaDekade der Bundesregierung, Plan International und der Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V. bieten weitere Möglichkeiten zur Unterstützung an, damit das Ziel einer hohen Alphabetisierungsrate weltweit erreicht werden kann.
Schreib uns doch gerne in die Kommentare, ob ihr an eurer Schule etwas zum Welttag der Alphabetisierung geplant habt und welche Unterstützungsmöglichkeiten ihr anbietet.