Bundesweite Anwerbungskampagne – So will Bayern dem Lehrermangel begegnen

Von
Armend Kokollari
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February 2023
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München. In Bayern ist der Lehrermangel, wie in vielen anderen deutschen Bundesländern, bereits eingetreten. Immer verzweifelter versucht man, ausreichend Personal für die Schulen zu finden, um effektiv gegen den Lehrkräftenotstand vorzugehen. So muss beispielsweise ein erheblicher Teil der Grundschullehrer:innen seit zwei Jahren pro Woche eine Stunde mehr unterrichten. Daher hat die Staatsregierung schon mehrfach versucht, mit Notmaßnahmen die Lücken zu schließen. Jetzt kündigte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) an, mit einem Start- und Umzugspaket und finanziellen Anreizen, Lehrkräfte aus anderen Bundesländern abwerben zu wollen.

Die Bildungspolitik in Bayern genießt nach wie vor ein hohes Ansehen. Mit den Schulen des Freistaats werden eine höhere Leistungsorientierung, bessere Lehrerausbildung und höhere Unterrichtsqualität verbunden. Doch der allgegenwärtige Lehrermangel ist bereits im ganzen Land spürbar und bedroht das bayrische Bildungsgütesiegel. Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband schlug zum aktuellen Schulstart Alarm: An Grund-, Mittel- und Förderschulen im Freistaat fehlen 4.000 Lehrkräfte, wodurch es künftig häufiger zu Unterrichtsausfall und den damit verbundenen Einbußen im Lernstand der Schüler:innen kommen wird. Damit stünden nicht nur wichtige pädagogische Errungenschaften wie Inklusion, Ganztag, Integration, individuelle Förderung und ganzheitliche Bildung auf dem Spiel. Vielmehr würden sogar die Kernbereiche des Unterrichts und die grundlegenden Strukturen der schulischen Bildung angegriffen. Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) betonte: “Noch nie hat es in Bayern so viele Lehrkräfte gegeben wie aktuell” – mit mehr als 100.000 an den staatlichen Schulen. Viele davon arbeiten jedoch unterhälftig, also mit weniger als 50 Prozent. Das ergibt demnach einen "Verlust" von 2631 sogenannten Vollzeitkapazitäten. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands Heinz-Peter Meidinger kritisierte: "Herr Piazolo hat erklärt, dass wir so viele Lehrkräfte wie noch nie in Bayern haben. Er hätte aber auch sagen können, dass wir noch nie so viele fehlende Lehrkräfte wie in diesem Schuljahr haben". Verschärft wird der Lehrerbedarf durch die unglückliche Dynamik aus steigenden Schüler:innenzahlen und einem allgemeinen Rückgang der Lehramtsabsolvent:innen. Sowohl Schüler:innen als auch Eltern sind aufgrund dieser Entwicklungen besorgt. Marlena Thiel, Landesschülersprecherin für die bayerischen Gymnasien, bewertete den Lehrermangel als "absolut kritisch". Durch die Corona-Pandemie seien bei vielen Schülerinnen und Schülern Lücken entstanden, die nur durch Förderangebote geschlossen werden könnten. Dabei darf man die Zunahme an psychischen Belastungen unter Schülerinnen und Schülern nicht vergessen. Es brauche daher mehr Lehrer:innen, die Schule wieder zu dem sozialen Ort machen, der er sein sollte, bekräftigte Thiel. Der Bayerische Elternverband blickt mit großer Sorge auf das neue Schuljahr und warnt vor schmerzhaften Abstrichen mit Verweis auf den Leistungsrückgang im Zuge der Pandemie. Der Freistaat müsse die Bedingungen für Lehrkräfte an Grund-, Mittel- und Förderschulen deutlich attraktiver machen. Personalmangel müsse mit Stipendien, Prämien, sicheren Verträgen und höheren Einstiegsgehältern entgegnet werden – dafür ist unter anderem der gezielte Einsatz von Steuergeldern im Bildungssektor notwendig.

Söder stellt bundesweite Anwerbungskampagne vor

Eine der tragenden Säulen im Kampf gegen den Lehrermangel wird die Schaffung von rund 8.000 neuen Stellen für die Schulen Bayerns sein, verspricht Ministerpräsident Markus Söder. Söder hat konkret 6.000 Stellen für Lehrkräfte vorgesehen. Diese seien nötig, um die prognostizierten Schülerzahlen abzufedern, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen. Die übrigen Stellen – also etwa 2.000 Posten – sollen auf Sozialpädagogen, Schulpsychologen und die Verwaltung entfallen. Es solle aber nicht nur darum gehen, den Unterrichtsausfall zu reduzieren, hieß es. Um die Stellen anschließend besetzen zu können, soll es eine bundesweite Anwerbungskampagne geben. Wer etwa als Lehrkraft nach Bayern umzieht, soll ein Starterpaket erhalten, das auch Umzugshilfen enthält. Man setzt vor allem auf finanzielle Anreize: So sollen im Freistaat künftig selbst Lehrkräfte in Grund- und Mittelschulen die recht hohe Vergütungsgruppe A13 bekommen können, die bisher weiterführenden Schulen vorbehalten war. Ferner setzt Söder auf neue Lehrer:innen aus den Universitäten, hier solle es unter anderem ein verpflichtendes Praxissemester geben. Studierende sollten gegen eine Bezahlung auch zur Nachmittagsbetreuung wie Nachhilfe eingesetzt werden können. An den Grundschulen solle bis 2028 ergänzend der Rechtsanspruch für die Ganztagsbetreuung umgesetzt werden, sagte Söder den Teilnehmenden zufolge. Die dazu notwendigen rund 130.000 zusätzlichen Plätze sollten durch einen Pakt mit den Kommunen realisiert werden.

Ob es Bayern gelingen wird, dem Lehrermangel mit Versprechungen rund um neue Lehrstellen und attraktiven Paketen erfolgreich zu begegnen, wird sich wohl erst noch zeigen. So war es bisher stets Konsens in der Kultusministerkonferenz, einen fairen Wettbewerb in der Schulbildung zu haben und sich nicht gegenseitig die Lehrkräfte abspenstig zu machen oder große Abwerbungskampagnen zu fahren. Schließlich, so betont Michael Schwägerl, Vorsitzender des Bayerischen Philologenverbands, gehe es darum, eine grundlegende Lösung für den Lehrermangel zu finden. Dafür muss die Attraktivität des Lehrberufs durch mehr finanzielle Investitionen und Entlastungsmaßnahmen gesteigert werden.

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