„Mit Hausaufgaben dehnt die Schule die ihr für Lehren und Lernen gegebene Zeit aus.”
- Dieter Wunder
Gemachte Hausaufgaben sind zunächst eine gute Sache, wobei eine unerledigte oder gar vergessene Schularbeit schon so manche Schüler:innen in eine unangenehme Situation gebracht hat. Emotionale Belastungen, Zeitdruck und Konflikte im Elternhaus sind oftmals die Folgen. Dabei entfachen Hausaufgaben ihre individuelle Wirksamkeit erst mit der Qualität einer differenzierten Hausaufgabenpraxis – Schularbeiten für zuhause stehen daher, aufgrund ihrer eher beiläufigen und randständigen Position im Unterrichtsgeschehen, seit Dekaden im Spannungsfeld der Diskussion um Unterrichts- und Lernqualität. Deren inhaltliche und didaktische Begründungen seien häufig ohne tiefere, theoretische Verankerung im Unterricht zu beobachten. Doch wie können Lehrkräfte effektive Aufgaben für anschließendes Lernen als motivierende Methode des Unterrichts einsetzen, ohne dabei Lernziele zu verfehlen und das Pensum zu sprengen?
Bildungsforscher:innen der TU Dresden befragten im Jahr 2008 1.300 Schüler:innen zur individuellen Auswirkungen von Hausaufgaben auf ihren Lernerfolg. Das Ergebnis: Bei nur etwa einem Viertel konnte ein positiver Einfluss von Schularbeiten im Zusammenhang mit Noten festgestellt werden.
Mit einer positiven Bedeutungszuschreibung hingegen kann die Hausaufgabengestaltung weitreichende Lerneffekte erzielen. Dafür ist wichtig zu wissen, dass hier auch, wie im Unterricht, unterschiedliche Lernbedürfnisse vorherrschen und die Unterstützung durch das Elternhaus eine entscheidende Rolle spielt - Differenzierung bei Hausaufgaben garantiert Erfolge für jedes Individuum, denn nicht alle haben denselben Übungsbedarf und kommen mit dem gleichen Aufgabenumfang zurecht. Die Lernenden werden oft selbstverständlich zur Einteilung ihrer Termine und Aufgaben angehalten, aber auch diese Kompetenz muss mit den Jahren erst erworben werden. Zeitmanagement, Organisation und Selbstständigkeit sind hochkomplexe Prozesse, die wir durch Hausaufgaben nachhaltig fördern können – dafür müssen Schüler:innen diese ohne Hilfestellung mit Erfolg bewältigen können. Über den Sinn und Zweck der einzelnen Hausaufgaben ist somit nachzudenken und der tägliche Umgang zu reflektieren. Rückmeldungen von Schüler:innen und Eltern sind in dieser Hinsicht als wertvolle Einschätzung anzuerkennen.
Hausaufgaben sind in den Lehr-Lernprozess zu integrieren und nicht als losgelöster Bestandteil des Unterrichts zu betrachten – nimmt man keinen Bezug oder vergleicht die Lösungen nicht, so wird der Wert der Aufgabe stark vermindert. Folglich sinkt mit diesen Erfahrungen die Anstrengungsbereitschaft der Schüler:innen. Erledigte Hausaufgaben sollten darum weiterhin mehr Wertschätzung seitens der Lehrperson erhalten. Kinder und Jugendliche opfern wertvolle Freizeit für die Erledigung von Hausaufgaben und sehen statt einer echten Lernchance diese zum Teil als lästige Notwendigkeit, die ohne Verstand abgearbeitet werden muss.
Der Aufwand kann dabei ganz unterschiedlich zeitlich intensiv sein, denn alle Schüler:innen verfügen über unterschiedliche Lernverhalten. Daher sollte der inhaltliche Umfang im Blick behalten und ausreichend Zeit zur Verfügung gestellt werden, damit Hausaufgaben stressfrei zu einem Lernerfolg beitragen können, denn Anspannung ist nicht unbedingt ein Freund des Lernens, sondern schränkt sogar unsere Behaltensleistung ein. Im Vorfeld sollten Lehrkräfte darum die Einsatzkriterien und klare Nutzungsvorstellungen der gestellten Aufgabe bedenken und konkrete Aufgabenstellungen formulieren – eine genaue Instruktion durch die Lehrkraft ist daher ebenfalls ein maßgeblicher Indikator für eine gelingende Bewältigung von Hausaufgaben. Auch die Kinder müssen die Sinnhaftigkeit und den Vorteil hinter der Aufgabe verinnerlicht haben, damit sie diese auch mit Zuversicht erledigen. Eine ausgebildete Routine bei der Vergabe der Hausaufgaben ist unerlässlich. Ferien sollten generell als Ruhepausen freigehalten werden und nicht jeden Tag muss es grundsätzlich Hausaufgaben geben. Häufigkeit und Menge sollten auf die jeweilige Lerngruppe angepasst werden. Eine alternative Lernumgebung an Schulen zu schaffen erleichtert es Schüler:innen überdies, sich nach dem Unterricht erneut mit dem Lernstoff auseinanderzusetzen.
Hausaufgaben gehören zum festen Bestandteil des schulischen Alltags und sind klassisch betrachtet als Fortsetzung bzw. Vertiefung des Wissens zu sehen. Das heimisch konstruierte Lernen kann, abseits der zusätzlichen Übungszeit, den Unterricht auch qualitativ erweitern oder vorbereiten und zugleich eine große Entlastung für Lehrkräfte bedeuten. Die Form der Hausaufgabe ist hierbei von entscheidender Bedeutung. Wir haben einige „Good Practice“-Beispiele aus der Schulpraxis für euch herausgefunden, die eine Bereicherung für euren Unterricht sein könnten:
Hausaufgaben sollten keine Herausforderungen sein. Die aufgezeigten Formate bereiten den Unterricht vor, statt echte Lernzeit in Form von Kontrollen und Vergleichen zu beanspruchen. Damit gelingt auch der thematische Transfer und eine aktive „time on task“ sowohl im Unterricht als auch im häuslichen Lernumfeld. Wiederkehrende Formate, die sich den Lernenden als eine machbare Lerngelegenheit präsentieren und Kommunikation anregen, versprechen damit wohl den größten Lernerfolg.