Es gibt viele Varianten von Liebe und Gefühlen in unserem Alltag und so bleibt es nicht aus, dass Liebe den Weg in die Schule findet. In diesem Artikel widmen wir uns dem Thema Liebesbeziehungen an Schulen von verschiedenen Perspektiven zu, auch das Tabu der Annäherungen von Lehrer:innen und Schüler:innen in diesem Zusammenhang wird nicht ausgespart. Wir stellen uns auch die Frage: Kann Schule eigentlich etwas tun für den gesunden Umgang mit Emotionen?
Sina (6 Jahre alt) kommt nach Hause und ist hocherfreut über ihre Erkenntnis: “Mama, ich möchte Emilio heiraten, der macht immer so viel Quatsch". Bereits die ganz jungen Schulkinder schwärmen für ihre Mitschüler:innen oder Lehrer:innen. Im Laufe der Schulzeit durchlaufen wir verschiedene Phasen der Annäherung des für uns interessanten Geschlechts. Ab Eintritt in die Pubertät wird es anders, intensiver. Der Gestaltwandel vollzieht sich und die Hormone beeinflussen unsere Gedankenwelt. Geliebt, gemocht, verbunden zu sein, sind urmenschliche Bedürfnisse und mit der wachsenden Welt von Gefühlen entstehen Liebesbeziehungen. Freundschaften zum Beispiel haben einen hohen Stellenwert im Jugendalter und es kann durchaus zu Eifersucht kommen, wenn der beste Freund sich mit jemand anderem trifft.
Der ersten großen Liebe begegnet man meist in der Schule. Schüler:innen verbringen die meiste Zeit des Tages in der Schule und so findet der soziale Umgang überwiegend mit Schulkamerad:innen statt. Wie ist es, wenn man sich in eine Person aus der gleichen Schule oder sogar aus der gleichen Klasse verliebt, und welche Vor- und Nachteile können auftreten? Diesen Fragen widmen sich Schüler und Schülerinnen des Adam-Kraft-Gymnasiums aus Schwabach in einer Podcast Folge von “Immer diese Jugend”.
Jugendliche sammeln ihre ersten Erfahrungen mit intimer Liebe und emotionalen Hoch- und Tiefpunkten. Gefühle und Emotionen werden neu und anders wahrgenommen und ein Umgang damit muss erlernt werden. In dieser turbulenten Zeit ist viel los im Leben der Heranwachsenden und Schule spielt nicht immer die erste Geige – So weit so normal.
Mia, eine Lehramtsstudierende, berichtet aus ihrer eigenen Schullaufbahn: “Oh ja, bei uns an der Schule gab es ein junges Referendariats-Paar. Beide jung, sportlich und gutaussehend – die gesamte Schülerschaft war in allen möglichen Variationen in die beiden angehenden Lehrkräfte verknallt! 😂” – auch das, soweit so normal.
Wie oft es in Deutschland hingegen zu Beziehungen zwischen Lehrer:innen und Schüler:innen kommt, ist schwer zu erfassen, sagt Ilka Hoffmann, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).
Fakt ist, es ist Teil der Realität. Sowohl in den Medien als auch in der persönlichen Recherche finden wir Geschichten über Liebesbeziehungen von Lehrkräften zu Schutzbefohlenen. Tritt der Fall ein, kann es für beide Seiten ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen. In der Rechtsprechung ist man sich nicht zu hundert Prozent einig darüber, unter welchen Voraussetzungen, wie und mit welcher Begründung das Verhalten von Lehrkräften strafwürdig ist, der/die sexuell mit einem:er Schüler:in verkehrt. Nach dem allgemeinen Strafrecht stellt eine sexuelle Interaktion zwischen Lehrer:innen und Schüler:innen einen Verstoß gegen die Fürsorgepflicht und eine potentiell gefährliche Ausnutzung des Abhängigkeitsverhältnisses dar und ist gemäß § 174 StGB (Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen) strafbar.
Die Website Lehrerschüler.de hat sich sehr ausführlich mit diesem Phänomen beschäftigt und kommt zu dem Fazit, dass Lehrende besonders sensible Antennen für die Reaktionen ihrer Schülerinnen und Schüler auf das unterrichtliche Handeln, zu ihrer Person und dem Rollenvorbild haben sollten. “Lehrer:innen bekommen auf jeden Fall mit, wenn ein:e Schüler:in ein Auge auf sie geworfen hat”, so auch die Meinung und Erfahrung der Lehramtsstudentin Mia.
Hat das Leben an der Schule Einfluss auf die Fähigkeiten, mit Liebe und Gefühlen umzugehen? Vieles kann zwischenmenschlich schief laufen. Gefühle sind komplex, sie zu beherrschen braucht Übung und Auseinandersetzung. Können wir im schulischen Kontext lernen, wie wir uns lieben? oder zumindest wie wir mit Emotionen zurechtkommen? Das Schulfach Glück gibt es bereits. “Zufriedenheit und Lebenskompetenz sind das Ziel des Schulfachs. Dazu zählen Sinnfindung, Geborgenheit, soziale Beziehungen, selbstbestimmtes Handeln, Selbstakzeptanz, Umweltbewältigung, und die persönliche Weiterentwicklung.”, berichtet der ehemalige Schuldirektor und Entwickler des Faches Ernst Fritz-Schubert im Interview mit deutschland.de. Lehrer-news hat herausgefundenl, dass “Glück” bereits an über 200 Schulen in Deutschland, Österreich, Schweiz und Italien unterrichtet wird. Das Konzept wird von Schüler:innen und Lehrer:innen gleichermaßen gut angenommen.
Wir leben in einer globalisierten und digitalisierten Welt, wo schulische Bildung der scheinbare Schlüssel zum Erfolg ist. In der wir aber auch mit Umweltkatastrophen, Kriegen und der immer bedeutenderen Welt des Internets zurechtkommen müssen. Die Pubertät und die Gefühlswelt der Menschen sind jedoch nicht der raschen Veränderung unterworfen. Teilweise wird den jungen Menschen eher die Rückentwicklung emotionaler Kompetenzen vorgeworfen. Fakt ist, dass auch ohne der sich schnell verändernden Lebensumstände Kinder und Jugendliche erst recht in der Pubertät, mit Gefühlen wie Liebe überfordert sein können. Fakt ist auch, dass wir durch Medien, Homeschooling und dergleichen weniger Kontakt zu unseren Mitmenschen haben. Ist es da nicht längst an der Zeit, ein Schulfach wie Glück, Liebe oder Gefühle an allen Schulen weltweit einzuführen?
Habt ihr schon einmal Liebesbeziehungen in den verschiedensten Konstellationen an eurer Schule beobachten können und welchen Umgang mit dem Thema Liebe wünscht ihr euch an eurer Schule?