Wenn man sich über das Berufsbild von Lehrkräften informiert, bekommt man auf den ersten Blick schnell den Eindruck, dass die Hauptaufgabe darin besteht, Lehrinhalte an Kinder oder Jugendliche zu vermitteln. “Vormittags hat man Recht, spät nachmittags hat man frei und im Sommer sechs Wochen Ferien”, so das Klischee. Hinter dem Lehrerberuf steckt aber, wie wir wissen, weitaus mehr, denn als Lehrperson steht man ständig vor immensen Herausforderungen und einem enormen Druck. Daher ist es keine Seltenheit, wenn Lehrkräfte wegen Dienstunfähigkeit in den Vorruhestand gehen.
In Berlin geht jeder Dritte Beamte wegen Dienstunfähigkeit in den Vorruhestand, wie aus dem Bericht der Innenverwaltung aus dem Jahr 2013 hervorgeht. Wenig Personal und eine hohe Arbeitsbelastung wirken sich schlecht auf die Gesundheit aus.
Die heutigen berufliche Herausforderung sich gegenüber einer diversen Gruppe an Schüler:innen gleichermaßen als Vermittler und Vorbild zu präsentieren, Schüler:innen zu begeistern, bei Bedarf zu fördern, Wissen schmackhaft zu vermitteln, aktuelle Ereignisse mit dem Lehrplan zu verbinden und den Unterricht zeitgemäß zu gestalten, ist für Lehrpersonen häufig herausfordernd. Doch die physische und psychische Gesundheit von Lehrer:innen wird mit einer hohen Arbeitsbelastung, einem ständigen Geräuschpegel im Klassenzimmer und zu wenigen Möglichkeiten, sich in den Pausen zu erholen, strapaziert. So gibt ein Großteil an Gymnasiallehrer:innen in der LaiW-Studie “Lehrerarbeit im Wandel” von 2020 an, ein zu hohes Arbeitspensum als auch fehlende Ruhezonen zu haben.
Der Druck, diesem Berufsbild täglich zu entsprechen, ist hoch. Die meisten Lehrer:innen identifizieren sich mit ihrem Beruf, arbeiten häufiger über ihre Grenzen hinaus und nehmen klassische Anzeichen eines Burnouts-Syndrom nicht als beginnende Krankheitssymptome wahr. Grundsätzlich geht es beim Burnout-Syndrom um die Stressbewältigungskompetenz einer Person. Laut der Weltgesundheitsorganisation und der damit verbunden internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-11) kann man das Syndrom in drei Dimensionen unterteilen: ein Gefühl von Erschöpfung, eine zunehmende geistige Distanz oder negative Haltung zum eigenen Job sowie ein verringertes Leistungsvermögen im Beruf. Die Bezeichnung Burnout-Syndrom soll dabei nur im beruflichen Rahmen genutzt werden.
Lehrkräfte bringen für ihren Beruf, bestenfalls viele Ressourcen an Resilienz und Kraft mit und qualifizieren sich optimal für ihr Berufsbild mit einem hohen Maß an Flexibilität, Selbstbewusstsein und dem Drang, die Welt zu verbessern. Schließlich gibt der Staat durch eine mögliche Verbeamtung die Sicherheit, nicht mehr gekündigt zu werden, gleichzeitig aber auch, dass Lehrer:innen vor der Verbeamtung keine psychischen oder chronischen Diagnosen gestellt bekommen haben.
Viele Lehrer:innen sind herausgefordert, dieser Position zu entsprechen. Sie setzen sich der Gefahr aus, sich selbst als vermeintlich schwach oder hilflos zu bewerten, statt aktuelle Problematiken nachhaltig zu hinterfragen. Schnell geraten die betreffenden Personen unter Druck, überlasten sich und fühlen sich mit der Verantwortung allein gelassen. Gerade wenn der eigene gesetzte Anspruch auf den täglichen Lehralltag trifft oder Schüler:innen Ablehnung gegenüber einer Lehrperson aus unterschiedlichen Gründen entgegenbringen. Dies kann dazu führen, dass Lehrkräfte einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, ein Burnout zu erleiden.
Das durchschnittliche Alter, in dem Lehrer:innen in Pension gingen, lag bei 63,5 Jahren, wie aus einer Studie von 2018 des statistischen Bundesamtes hervorgeht. Die aktuelle Regelaltersgrenze für Beamte liegt bei 67 Jahren, jedoch können die einzelnen Bundesländer diese selbst geringer festlegen.
Viele Betroffene, die an Symptomen des Burnout -Syndroms leiden, fühlen sich zunächst wie ohnmächtig, haben häufig Angst, auf Ablehnung von Angehörigen und Arbeitskollegen zu treffen. Es kann schon helfen, sich darüber bewusst zu werden, dass immense Anforderungen am Arbeitsplatz gestellt werden, und dass Burn-Out und psychosomatische Krankheiten ein Teil des Risikos sind, Selbstermächtigung ist der erste Schritt, mit der Kraftlosigkeit einen Umgang zu finden. Verständnis und ein offener Umgang können dabei einen ersten präventiven Beitrag leisten, Stressoren zu erkennen.
Wünschenswert, für einige wenige vielleicht. Aber für Lehrkräfte gilt das nicht. Würde es Lehrpersonen gestattet sein, vor der Verbeamtung psychotherapeutische Leistungen in Anspruch zu nehmen, könnte das einen große Entlastung bedeuten. Bei einem gebrochenen Bein darf man einen Gips haben und er heilt. Im Gegenteil dazu, scheint es gesellschaftlich nach wie vor weniger akzeptiert zu sein, psychotherapeutische Leistungen in Anspruch zu nehmen. Im Allgemeinen sind das Burnout-Syndrom und die Präsenz der daraus ergebende Probleme eine nicht abreißende Fehleinschätzung, Depressionen, hohe Ausfallzeiten und Krankenstände sind ein erster ausschlaggebender Indikator, der gesellschaftlich mehr Aufmerksamkeit bedarf. Gerade in sogenannten Schlüssel-Berufen wird immer noch zu wenig Entlastung an Vorsorge, Aufklärung und Gesundheitsmanagement geleistet. Arbeitgeber sollten hierbei ihre noch vorherrschende Einstellung überdenken, der Arbeitnehmer müsse diese Phase allein bewältigen.
Die Digitalisierung des Unterrichts und Homeschooling kann Entlastung schaffen, sofern man eine stabile Internetverbindung hat, in einer ruhigen Wohnung lebt und eine gehörige Portion Gelassenheit mitbringt. Man spart sich den Weg zum Arbeitsplatz, ist den ganzen Tag über nicht extremen Lärm ausgesetzt und kann sich sogar erlauben, in einer Jogginghose zu unterrichten. Gleichzeitig kann man nur darauf vertrauen, dass die Schüler eigenmotiviert und ein hohes Maß an Selbstverantwortung bereits mitbringen und pünktlich am Rechner sitzen – sofern sie einen besitzen. Die Realität sieht eben anders aus. Die Heterogenität einer Schülerklasse zeigt sich in den Privilegien, die diese mitbringen. Sprechen alle fließend deutsch? Haben alle ein stabiles Elternhaus und Umfeld? Haben alle gleich viel Geld und Mittel? Sind alle Einzelkinder? Sind alle gesund? Abgesehen davon: Zeit vorm Bildschirm ermüdet zunehmend. Man sieht lediglich Projektionen statt Gesichter. Unmittelbar Energie geben und Energie zu schöpfen aus positiven Erfahrungen im Unterricht, dass beispielsweise nach einem bannenden Referat der Raum schweigt, lauscht und erleuchtet ist, fällt weg.
Lehrer News will im Digitalisierungsprozess Entlastung schaffen. Dieser Artikel soll entlasten, auch wenn er sich möglicherweise trübsinnig liest. Er will darauf verweisen, dass es nicht ausreicht, sich alle Kompetenzen der Digitalisierung perfekt anzueignen, sondern, dass es dringend notwendig ist, sich jetzt in dieser Phase der Pandemie, dass die psychische Entlastung in der analogen Welt stattfinden sollte.
Da wäre zunächst der Austausch mit Kollegen über Probleme und Hürden, dann kann man durch strukturierte Zeiten, internetfreie Pausen und Schlafhygiene das Smartphone vor dem Schlafengehen ausschalten. Zusätzlich sollte man regelmäßig in Bewegung bleiben und entspannende Techniken, wie z.B. Meditation oder Yoga ausprobieren, auch sportliche Aktivitäten wie z.B. Joggen, Fahrradfahren, intensive Workouts, können eine mentale und körperliche Balance zwischen einem fordernden Arbeitsalltag leisten. So wird die innere Ausgeglichenheit gewährleistet und die Gedanken können sich neu ordnen. Ein positiver Nebeneffekt ist die Stärkung der inneren Zufriedenheit, die Verbesserung der körperlichen Grundfitness und des Immunsystems. Wichtig ist, seinen eigenen Bewegungsrhythmus zu finden und keine wesentlichen Zeiten im Alltag zu verletzen, damit das ganze nicht in Stress umschlägt.
Denn die Zeit, die man sich dafür nimmt, kann man auch “Ich-Zeit” nennen, sich zumindest morgens oder abends gezielt zehn Minuten für sich festlegen, um Rituale zu schaffen. Die Zeit ganz individuell für die eigenen Bedürfnisse einzufordern, ab und zu in sich hineinzuhören, innehalten kann man in vielen Formen: atmen, weinen, schreien oder auch tanzen. Wenn die einzige Zeit für sich selbst, diese unter der Dusche ist, dann kann man auch dort innehalten und schenkt der Privatsphäre nochmal eine neue Bedeutung.
Nähere Informationen zu Angeboten oder akuten Fragen und Problemen zur psychischen Gesundheit, bietet beispielsweise die Telefonseelsorge, online, telefonisch oder vor Ort an 25 Standorten deutschlandweit 24 Stunden täglich, anonym und kostenlos. Der Patientenservice hilft gerne unter der Telefonnummer 116 117 mit zusätzlichen Möglichkeiten, den passenden Arzt und Psychotherapeuten zu finden, auch der eigene Hausarzt kann Diagnosen stellen und beratend weitere Schritte empfehlen, wichtig ist nur die Einsicht die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und für sich selbst einen persönlichen Raum einzufordern, die Akzeptanz Hilfe entgegenzunehmen und Grenzen zu ziehen sind ein Zeichen von Stärke.
Wie sonst will man Stärke und Vorbildfunktion vermitteln und ausstrahlen, wenn man selbst nicht nach diesen Werten lebt?