„Orange The World“: UN-Kampagne gegen geschlechtsspezifische Gewalt

Von
Carolin Kunkel
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25
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November 2023
|
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Frauen, Mädchen und queere Personen werden häufig Opfer von häuslicher Gewalt. (Quelle: Canva)

Jeden dritten Tag tötet ein Mann in Deutschland seine (Ex-)Partnerin. Oftmals werden diese Verbrechen als „Beziehungstat“ oder „Familiendrama“ in den Medien bezeichnet, was die eigentlichen Ausmaße geschlechtsspezifischer häuslicher Gewalt verharmlost. Im Jahr 2022 wurden laut des Lagebilds des Bundeskriminalamts 157.818 Menschen Opfer vollendeter oder versuchter Delikte, darunter Mord, Totschlag, sexuelle Gewalt, Freiheitsberaubung oder Stalking. Während 19,9 Prozent der Opfer dem männlichen Geschlecht zugeordnet wurden, kam der prozentuale Anteil der weiblichen Opfer auf 80,1 Prozent.

Um auf diese strukturellen Missstände aufmerksam zu machen, haben die Vereinten Nationen den Internationalen Tag zur Beendigung der Gewalt gegen Frauen, Mädchen und queere Personen ins Leben gerufen. Der sogenannte „Orange Day“ findet am 25. November statt und leitet den Start der 16-tägigen Kampagne „Orange The World“ gegen geschlechtsspezifische Gewalt ein. Wir möchten euch in diesem Beitrag zeigen, was die Hintergründe der Kampagne sind, warum sie wichtig ist und wie ihr in eurem Unterricht ein Zeichen gegen Gewalt setzen könnt.

Historischer Kontext zum „Orange Day“

Der 25. November wurde im Jahr 1999 als Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen von der Generalversammlung der Vereinten Nationen ausgerufen. Dieses Datum erinnert an die Ermordung der drei Schwestern Patria, Minerva und María Teresa Mirabal im Auftrag des dominikanischen Diktators Rafael Leónidas Trujillo Molina im Jahr 1960. Die Schwestern, Mitglieder der oppositionellen Bewegung „14. Juni“, mit dem Tarnnamen „Die Schmetterlinge“, wurden durch einen als Autounfall getarnten Anschlag vorsätzlich getötet — eine damals in der Dominikanischen Republik übliche Methode, politische Gegner:innen zu beseitigen. 

Bereits im Jahr 1981 erklärten lateinamerikanische Feminist:innen den Todestag der Mirabal-Schwestern auf dem ersten Kongress in Bogotá zum Aktionstag als Beispiel für das Spektrum häuslicher, sexueller, politischer und kultureller Gewalt gegen Frauen. Europäische Frauenbewegungen übernahmen den Gedenktag später, bis er offiziell von den Vereinten Nationen anerkannt wurde. Damit verbunden wird von Regierungen und Institutionen gefordert, diesen Tag zu nutzen, um das öffentliche Bewusstsein für das Problem der gegen Frauen gerichteten Gewalt zu stärken.

Jedes Jahr macht die UN-Kampagne „Orange The World“ 16 Tage lang vom 25. November bis zum 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, deshalb auf geschlechtsspezifische Gewalt aufmerksam. Seit 2008 ist sie Teil der „UNiTE to End Violence against Women“-Kampagne des UN-Generalsekretärs und UN Women. Die Farbe Orange dient hierbei als symbolische Warnfarbe, die auf die alarmierenden Zustände hinweisen und in eine gewaltfreiere Zukunft deuten solle.

Warum der Aktionstag von Bedeutung ist: Ein Zeichen gegen Gewalt 

Weltweit wurden im vergangenen Jahr allein 89.000 Frauen und Mädchen ermordet, wie aus einem Bericht des UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) und UN Women hervorgeht. In mehr als der Hälfte der Fälle konnte die Tat, genauer als Femizid bezeichnet, auf den (Ex-)Partner oder ein Familienmitglied zurückgeführt werden. Damit liegen die Zahlen auf dem höchsten Stand der vergangenen 20 Jahre. 

Anders als bei Männern, die überwiegend gewaltsamen Auseinandersetzungen mit anderen Männern im öffentlichen Raum zum Opfer fallen, ist das eigene Zuhause für Frauen der gefährlichste Ort. Laut UN Women erlebt alle vier Minuten eine Frau Partnerschaftsgewalt in Deutschland. 

Femizide und physische Gewalt bilden dabei die gewaltvolle Spitze des Eisbergs. Geschlechtsspezifische Gewalt beginnt allerdings schon sehr viel früher. Hinterherpfeifen, aufdringliche Blicke oder unangemessene Sprüche können bereits dazu führen, dass sich Betroffene unsicher und objektifiziert fühlen. Gemäß einer Umfrage von UN Women UK aus dem Jahr 2021 haben 97 Prozent der Frauen zwischen 18 und 24 sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum erlebt.

Insgesamt dürften die Dunkelziffern zu geschlechtsbezogener Gewalt jedoch noch höher liegen, denn von der Statistik aufgegriffen werden Fälle nur nach polizeilicher Registrierung. Viele Betroffene entscheiden sich aber oft aus Scham oder Angst gegen eine Anzeige. 

Aufklärung und Sensibilisierung können dazu beitragen, Solidarität mit den Opfern zu fördern, Betroffene zu ermutigen, sich gegen Gewalt zu wehren und Hilfe zu erfragen, oder Täter ihre Handlungen und Einstellungen hinterfragen zu lassen. Die Schule kann betroffenen Jugendlichen als Aufklärungsort und Ansprechstelle in Not dienen, in der sie häusliche Gewalt verstehen und mit ihren Lehrkräften besprechen können.

Schulen gegen Gewalt: Aktionstage gestalten und Zeichen setzen

Auf der Website von UN Women werden verschiedene Möglichkeiten für die Gestaltung von Aktionen vorgestellt, die sich auch im Rahmen des Unterrichts eignen. Durch die Vorstellung der Formen geschlechtsspezifischer Gewalt und die Besprechung aktueller Zahlen werden ältere Schüler:innen aufgeklärt und ihnen die Dringlichkeit der Situation für Frauen, Mädchen und queere Personen vor Augen geführt.

Die Organisation Amnesty Deutschland führt auf ihrer Website Materialien und Unterrichtsvorschläge für Schüler:innen ab 14 Jahren zum Thema „Respekt für Frauen“. Diese können beispielsweise für einen Projekttag in den Fächern Sozial-/Gemeinschaftskunde, Politik, Ethik oder Religion eingesetzt werden.

Auf der Website der Kampagne „Keine Schule ohne Feminismus“ finden sich Plakate zu wichtigen Begriffen aus dem feministischen Diskurs wie Catcalling, Victim Blaming und Patriarchat. Die Plakate können im Unterricht als unterstützende Materialien eingesetzt und von den Schüler:innen ergänzt und vorgestellt werden.

Die AG Schulaktion gegen Gewalt hat Unterrichtseinheiten zum Thema Zwangsverheiratung, häusliche und sexualisierte Gewalt in Kooperation mit dem Berliner AK gegen Zwangsverheiratung und dem Aktionsbündnis gegen häusliche Gewalt des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg erarbeitet. Obwohl die Datei bereits zehn Jahre alt ist, kann die Materialsammlung noch immer als Ideengeber und Inspiration für die Unterrichtsgestaltung zum Thema herangezogen werden.

In der Stadt Singen verteilten Aktivist:innen dieses Jahr Orangen mit dem UN-Motto „Stoppt Gewalt“. Innerhalb eines Aktionstages könnten Schüler:innen ebenfalls Früchte verteilen und zur geschlechtsspezifischen Gewalt aufklären, zu der sich sich im Unterricht vorher informiert haben.

An verschiedenen Schulen in Deutschland wurden bereits Aktionen zum Orange Day durchgeführt. So haben Schüler:innen aus drei Schulen in Lindau Bilder zum Thema häusliche Gewalt angefertigt. Acht Bilder sind nun zwei Monate lang in Stadtbussen zu sehen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Ähnliche Aktionen lassen sich mit wenig Aufwand organisieren. Zudem können auch jüngere Kinder gestalterische Ideen einbringen.

In einer größer angelegten Aktion gestalteten Schüler:innen aus verschiedenen Schulen des Rheinisch-Bergischen Landkreises orangefarbene Bänke, um gegen die Gewalt ein Zeichen zu setzen. Diese Aktion wird auch von UN Women empfohlen.

Die Organisation Hilfetelefon ruft zu einer Mitmachaktion „Wir brechen das Schweigen“ auf. Klassen können gemeinsam ein Foto mit Botschaften und Bannern zum Thema von sich aufnehmen und auf sozialen Medien mit dem Hashtag #Schweigenbrechen verbreiten.

Für Schüler:innen jeglicher Altersstufen eignet sich die Aktions-Bastelidee für orangene Windlichter, die UN Women vorschlägt. Mithilfe eines alten Marmeladenglases, Kleister, orangenem Krepppapier/Servietten und einem Teelicht können Kinder und Jugendliche symbolische Zeichen setzen. Der Kleister lässt sich einfach selbst herstellen, indem man 150 g Mehl und 500 ml Wasser in einem Topf kurz aufkocht und mit einem Schneebesen so lange rührt, bis eine dickflüssige Masse entsteht. Die Teelichter können beispielsweise mit Hilfenummern bei Gewalt gegen Frauen wie die 116 016 oder Botschaften zum Thema versehen werden.

UN Women stellt des Weiteren kostenfrei eine Druckdatei für eine Fahne mit dem Logo zur Verfügung. Die Größe beträgt 150x400 cm und kann innerhalb der Kampagne auf dem Schulhof gehisst werden, um auch nach außen hin ein sichtbares Zeichen zu setzen.

Seid ihr Zeug:innen, Angehörige oder Opfer von geschlechtsspezifischer Gewalt geworden, könnt ihr die kostenlose Telefonnummer des Hilfetelefons anrufen. Die Nummer lautet 116 016 und ist 365 Tage im Jahr rund um die Uhr für Frauen*, Menschen aus deren Umfeld und Fachkräfte besetzt und in 17 Sprachen verfügbar. 

Wenn euch der Artikel gefallen hat, schaut gerne bei den Artikeln zur Sexualbildung und kostenlosen Menstruationsartikeln zur Aufklärung im Unterricht vorbei.

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